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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe
Autoren: Anselm Gruen
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aber zugleich ein einladender Weg, weil er uns verheißt, in die Sabbatruhe Gottes schon hier und jetzt, mitten im Trubel unserer Welt, einzugehen und sie zu genießen. So möchte ich in diesem Buch immer wieder die Erfahrungen der Mönche zu Wort kommen lassen, nicht nur, weil ich selbst aus dieser Mönchstradition schöpfe, sondern weil ich glaube, daß sie auch für unsere Zeit nicht nur Lehr-, sondern auch Lebemeister sind.
    Ich beziehe mich dabei vor allem auf Evagrius Ponticus, den
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    wichtigsten Schriftsteller aus dem östlichen Mönchtum (345-399), und auf Johannes Cassian (um 360-430/435), der in die ägyptische Wüste zog, um die Erfahrungen der dortigen Mönche für den Westen fruchtbar werden zu lassen. Und ich schöpfe aus der Regel Benedikts (um 480-547), nach der ich selber als Mönch lebe und die seit dem Mittelalter auch für viele Weltleute Wegweiser zum Leben geworden ist. Die Grundlage, auf die sich die Mönche seit jeher bezogen haben, ist die Heilige Schrift. So möchte ich die Worte der Heiligen Schrift meditieren, die uns die Herzensruhe verheißen. Jesus selbst hat offensichtlich die Not der Menschen in ihrer Angst und Ruhelosigkeit gesehen und lädt sie deshalb ein, bei ihm wahrhaft Ruhe zu finden.
    Das Thema der Ruhelosigkeit habe ich in letzter Zeit in vielen Seelsorgsgesprächen beobachtet. Da höre ich immer wieder die Klage, daß man einfach nicht zur Ruhe komme. Da sind die vielen Sorgen, die einem die Ruhe rauben, sogar die Nachtruhe.
    Man kann nicht schlafen, weil man sich Sorgen macht um die Kinder, die psychische Probleme haben, die ganz andere Wege gehen, als man sich das in der Erziehung gedacht hat. Da ist die Sorge um die finanzielle Lage der Familie. Die Arbeitslosigkeit läßt einen nicht mehr ruhig schlafen. Denn wenn die so weitergeht, dann kann der Vater die Familie nicht mehr ernähren, dann kann er das Haus nicht mehr abzahlen. Da sind die vielen Sorgen, die man sich täglich macht, die Sorge, was die andern wohl von einem denken, ob man auch alles richtig macht, ob man mit seinem Verhalten auch ja nicht aneckt. Man zergrübelt sich den Kopf damit, was die andern sich über einen für Gedanken machen. Manchmal ist dieses Sorgen schon krankhaft geworden. Da geht eine Frau in ein Geschäft zum Einkaufen. Die Verkäuferin ist heute nicht so freundlich.
    Vermutlich hat sie nicht gut geschlafen. Aber sofort bezieht die Frau es auf sich selbst. Den ganzen Tag überlegt sie, was der Verkäuferin an ihr wohl aufgefallen sei, was sie wohl von ihr
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    halte, ob sie sich da irgendwie blamiert habe, ob sie etwas Falsches gesagt habe. Sie ruft ihre Freundin an und erzählt ihr, was sie erlebt hat. Und schon wird die kleine Begebenheit, die gar keinen realen Grund hat außer der eigenen Sorge um einen guten Ruf, zum beherrschenden Thema, von dem die Frau einfach nicht mehr loskommt.
    Vor allem Menschen, die eine verantwortliche Stelle innehaben, klagen darüber, daß sie nicht zur Ruhe kommen.
    Ständig wollen die Menschen etwas von ihnen. Und sie überlegen, ob sie immer richtig reagiert haben, ob die Entscheidungen, die sie getroffen haben, wohl dem Unternehmen dienen oder ob sie in die falsche Richtung weisen.
    Wenn sie abends heimkommen und sich nach Ruhe sehnen, kommen sie doch nicht zur Ruhe, weil sie einfach nicht abschalten können. Sie fahren in Urlaub und finden keine Ruhe.
    Ständig nagt ihr Gewissen, ob alles, was sie getan haben, wirklich in Ordnung war und welche Folgen es für sie haben könnte. Weil sie innerlich nicht zur Ruhe kommen, nützt ihnen der beste Urlaub nichts. Gestreßt und verspannt kehren sie aus dem Urlaub zurück, und die gleiche Tretmühle geht weiter.
    Irgendwann einmal brechen sie dann überfordert zusammen.
    Andere kommen nie zur Ruhe, weil sie letztlich Angst davor haben, einmal nichts zu tun. Sie haben Angst, in der Stille und in der Ruhe mit der eigenen Wahrheit konfrontiert zu werden.
    Wenn ich nichts habe, an dem ich mich festhalten kann, dann könnte ja die ganze Enttäuschung über mein Leben hochkommen, dann könnte ich ja entdecken, daß mein Leben gar nicht mehr stimmt, daß mein ganzer Einsatz für die andern in der Luft hängt. Ich mache nur so weiter, um meiner Verzweiflung aus dem Weg zu gehen. Aber eigentlich glaube ich nicht mehr daran, daß das, was ich tue und was ich lebe, noch einen Sinn habe. Alles ist leer. Vor dieser Leere laufe ich davon. Oder mein Gewissen könnte sich zu Wort melden.
    Schuldgefühle könnten
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