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Herzen aus Stein (German Edition)

Herzen aus Stein (German Edition)

Titel: Herzen aus Stein (German Edition)
Autoren: Inka Loreen Minden
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machten ihr zu schaffen. Sie sehnte sich nach Geborgenheit und emotionaler Nähe. Sie vermisste Ash.
    „ Kara, könntest du vielleicht mal … “ , sagte Molto, der wie immer völlig bewegungslos neben ihr hockte.
    Automatisch streckte sie ihren Arm aus, um den hundeähnlichen Gargoyle hinter dem Ohr zu kraulen.
    „ Mm, das tut gut. “
    Molto gab Laute von sich, die eher von Noras Kater Henry sta m men könnten, wobei sein Atem in der kalten Luft kondensierte und Wölkchen bildete. Nora war längst wieder genesen und verbrachte die Feiertage in einem Heim für Obdachlose. Dort hatte sie es warm, ein Bett und genug zu essen. Spätestens im Frühling würde Nora wieder ihr Quartier im Hotel aufschlagen. Sie war eben eine Einze l gängerin.
    „ Vielleicht noch ein wenig weiter links … “ , murmelte Molto, was Kara kaum registrierte.
    Sie wartete auf Raphael. Hoffentlich kam er bald und sagte ihr endlich, was aus Ash geworden war. Nachdem Raphael Ash und seine Seele mitgenommen hatte, wollte er ihr keine Auskunft mehr geben. Raffi hatte sie seitdem ein paarmal besucht, aber nichts über Ash erzählt. War er tot? Wieder ein Engel? Oder hatten sie ihn z u rück in die Unterwelt geschickt?
    „ Ach “ , seufzte sie. „ Wo bist du nur, Raffi? “ Er hielt sie schon ewig hin. Vielleicht, weil er nicht wollte, dass sie sich Hoffnungen machte. Wenn sie doch wenigstens wüsste, ob Ash noch lebte.
    „ Bitte etwas mehr nach links “ , brummte Molto.
    Sie zuckte zusammen. „ Tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken woanders. “
    „ Das bist du schon seit Wochen. “
    „ Hm “ , machte sie und versank bereits wieder in Erinnerungen. Raffi hatte sie ihr alle zurückgegeben. Sie wusste jetzt genau, was geschehen war und wie sie als Kind bei ihm in seiner irdischen Res i denz in Brüssel aufgewachsen war. Ihre Kindheit und Jugend hatte nur wenige Jahre gedauert, weil Engel schneller heranwuchsen als Menschen. Raphael hatte sie mit Nektar und Ambrosia gefüttert, ihr das Fliegen beigebracht ; wann immer er konnte , mit ihr gespielt und sich stets vorbildlich um sie gekümmert. Er war ein guter Vater g e wesen, auch wenn Kara ihn wegen seiner Verpflichtungen oft nicht gesehen hatte. Dann war immer jemand von Raphaels Angestellten – eine Gefolgschaft von Engeln, die für ihn arbeiteten – für sie da gewesen. Ansonsten hatte keiner von ihrer Existenz gewusst, damit sich später niemand verplappern konnte. Als Karas Körper ausg e wachsen war, hatte sie keine Nahrung mehr bekommen, was den Alterungsprozess stoppte, und Raphael hatte ihr sämtliche Erinn e rungen genommen. Ebenso seinen Angestellten.
    Jetzt wusste Kara, dass sie nie getötet wurde. Raphael hatte sie g e rettet, als Dämonen sie aus dem Bauch ihrer menschlichen Mutter schnitten. Kinder von Engeln und besonders von Erzengeln waren bei den Höllenwesen beliebt. Sie wurden gern zum Bösen verleitet – weil es den Unterweltlern Spaß machte, etwas Reines zu verderben –, als Machtinstrument eingesetzt oder als Druckmittel missbraucht. Die Dämonen forderten von den Engeln immer eine Menge, um den Waffenstillstand einzuhalten. Außerdem waren Engelkinder genau wie Erzengel mit einer schier unerschöpflichen Seele ausgestattet – einem niemals schwindenden Leckerbissen für Dämonen.
    Kara wollte gern mehr über ihre Mutter erfahren, aber sie hatte den Schmerz in Raphaels Augen gesehen. Er hatte sie anscheinend sehr geliebt. Ihr Name war Minna gewesen. Als sie vor Raffis Augen verblutete, hatte er Kara aus reiner Verzweiflung die Seele ihrer Mu t ter gegeben, weil Babys noch keine Seele besaßen. Erst, wenn die Zeit für ihre Geburt gekommen war, wurde ihnen eine zugeteilt. Kara wäre deshalb auch ein perfekter Wirt für einen Dämon gew e sen.
    Kara schüttelte sich, sodass der Schnee von ihren Federn rieselte. Sie besaß also die Seele ihrer Mutter, leider nicht ihre Erinnerungen. Aber eines Tages würde sie Raphael fragen, wer Minna war. Wenn Raffi nicht gewesen wäre … Sie wollte nicht darüber nachdenken. Er hatte ihr ebenfalls erzählt, was alles auf den Palmblättern gestanden hatte. Raphael hatte nicht nur Ashs Ende gesehen, sondern auch, dass sein Kind Ash einmal retten würde, jedoch nur, wenn es frei von allen Erinnerungen wäre. Bloß eine Entscheidung, die reinen Herzens war, lediglich eine unbewusste Reaktion hatte zum Ziel führen können.
    Aber das war nicht der einzige Grund, warum er ihr Gedächtnis gelöscht hatte und ihr nicht sagen
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