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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche
Autoren: Narcia Kensing
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Bruder .«
    Amelie kreischte, als Leif auf die Knie sank, ein Au sdruck von Schmerz im Gesicht, einen stummen Schrei auf den Lippen. Sie hatte nicht gewusst, dass Geister überhaupt in der Lage waren, Schmerz zu empfinden. Andererseits ... Sie empfanden ja auch Liebe. Oder Hass.
    »Ich kann dich absorbieren, aussaugen, auslöschen.« Loan klang überhaupt nicht mehr wie ein Mensch, seine Stimme war hoch und seltsam verzerrt. »Das spektakul äre Finale meines Meisterwerks, das letzte Kapitel meiner Geschichte. Ich habe dich damals unter Wasser gezogen, Bruder, dein Surfbrett zerstört und dich in den Wellen ersaufen lassen. Du hast gezappelt und dich gewehrt, kannst du dich etwa nicht mehr daran erinnern?«
    Leif blieb stumm, er schien all seine Kraft zu bra uchen, um Loan auf Abstand zu halten. Er schien ihn tatsächlich auszusaugen, vielleicht sogar vernichten zu können.
    »Du hast es immer besser gehabt als ich! Hattest ein liebevolles Zuhause, und wer hat an mich gedacht? Ich habe unter einem tyrannischen Vater gelitten, der mich ins Heim abgeschoben hat. Sie haben alle sterben mü ssen, alle! Unsere Mutter hat tatsächlich geglaubt, du hättest sie getötet, weil sie dich mit mir verwechselt hat. Was ein Spaß, den Schrecken auf ihrem Gesicht zu sehen, als ich ihren Kopf in den Teich gedrückt habe! Sie ist mit dem Gedanken gestorben, der liebe Leif sei durchgedreht. Tse tse tse.«
    Amelies und Leifs Blicke trafen sich. Tränen glitzerten in seinen Augen. Töte den Nährer. Jetzt . Sie las die Worte von seinen Lippen, denn er hauchte nur tonlos. Sie bewunderte, dass er angesichts seiner offensichtlichen Notlage und der psychischen Grausamkeiten seines Bruders noch zu besonnenen Gedankengängen fähig war.
    Ihr Blick zuckte zu dem Messer, das nur eine Armlä nge von ihr entfernt lag. Sie konnte ihn nicht töten, das brachte sie einfach nicht fertig. Jarik konnte nichts dafür, er war unschuldig. Er hatte unwissentlich einen bösen Geist herbeigerufen, dessen er sich nun nicht mehr entledigen konnte.
    Wieder sah sie zu Leif. Mittlerweile waren seine A ugen geschlossen, er krümmte sich und schien nur noch durch Loans Arme gehalten zu werden, der unter seine Achseln um seinen Brustkorb griff.
    Es knallte erneut, Glassplitter regneten auf Amelie herab. Sie schützte ihren Kopf mit den Armen. Der Kronleuchter war explodiert. Es roch nach verschmortem Plastik und Metall. Wieder knallte es. Aus den Lichtschaltern der Villa schlugen Flammen, nur Sekunden später brannte die Tapete. Erneut eine von Loans Täuschungen? Der Qualm reizte Amelies Augen, roch beißend. Sie glaubte nicht, dass das Feuer das Werk eines Poltergeistes war. Es war real.
    »Amelie! Das Messer!« Diesmal gelang es Leif, ta tsächlich zu schreien, und die Verzweiflung in seiner brechenden Stimme jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Sollte sie sich zwischen einem Freund und einem Mann entscheiden, den sie liebte? Einem Mann, der bereits tot war?
    Sie streckte sich und griff nach dem Messer, aber L oan schleuderte Jariks Körper mitsamt der Waffe nur mittels einer Geste zwei Meter weiter nach hinten. Der junge Mann stöhnte, als sein gebrochenes Bein sich bewegte.
    »Lass ihn in Frieden, du blöde Schlampe!«, keifte L oan. »Könntest du einen guten Freund töten? Das willst du doch gar nicht wirklich. Schätzchen.«
    Amelie starrte ihn mit geweiteten Augen an, dann wieder Leif, dessen Erscheinung nun so durchsichtig war wie Nebel. Loan war in Begriff, ihn zu vernichten. Diesmal vollständig. Amelies Herz drohte zu zerspringen, sie konnte das »Leben« eines Geistes doch nicht dem ihres Freundes vorziehen! Loan steckte ebenso in einer Zwickmühle, er brauchte die unmittelbare Nähe von Jarik, um sein zerstörerisches Werk zu vollenden, musste aber damit rechnen, dass Amelie ihn tötete, ehe er es zu einem Abschluss gebracht hatte.
    Inzwischen hatte sich das Feuer weiter die Tapete en tlang gefressen, es brannte nun so heiß, dass Amelie Schweißperlen auf die Stirn traten. Sie haderte mit sich, die Sekunden fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Das Messer lag noch nur zwei Meter von ihr entfernt, sie würde nur aufspringen und es greifen müssen ...
    Plötzlich stieß Loan einen Laut aus, der halb wie L achen, halb wie Bellen klang. Amelie fuhr herum. Sein Gesicht hatte sich zu einer hässlichen Fratze verzogen, er sah seinem Zwillingsbruder in keiner Weise mehr ähnlich.
    »Ich zerstöre die Villa, stecke sie in Brand, verwandle alles hier in
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