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Herzen aus Asche

Herzen aus Asche

Titel: Herzen aus Asche
Autoren: Narcia Kensing
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hinzusetzen. Der Überlebensinstinkt eines Körpers war stärker als der Wille.
    »Jarik«, hauchte sie, kaum hörbar. »Was ...« Sie sprach nicht weiter, denn in diesem Moment fiel ihr Freund nach hinten, als hätte ihm jemand einen heftigen Schlag in die Rippen verpasst. Ein weiterer Schlag, diesmal prallte Jariks Kopf zurück, das Messer fiel klirrend zu Boden. Er blieb liegen, jammerte. Amelie hatte niemanden gesehen, spürte jedoch den Luftzug.
    »Loan?«
    »Nein. Leif.« Jäh tauchte er neben ihr auf, aber seine Erscheinung flackerte, er war durchscheinend, nun wahrhaft wie ein Geist. »Jarik weiß nicht, was er tut. Er ist besessen. Loan will, dass er dich eigenhändig tötet, will, dass Jarik leidet. Er ist nicht mehr er selbst, kann sich gegen Loans Willen nicht zur Wehr setzen.«
    Amelie stieß einen Laut der Verzweiflung aus, ein schrilles Quietschen. Leif beugte sich zu ihr hinab, legte seine Arme um sie. Es fühlte sich an wie warmer Wind.
    » Ich bin zur rechten Zeit gekommen. Loan hat mich aus dem Diesseits ausgeschlossen. Er hat mehr Macht, als ich ihm zugetraut habe. Die Nähe zu seinem Nährer verleiht ihm Kraft.«
    »Ich wünschte, er hätte mich getötet. Wie meine Mu tter, Sara und Mikael. Ich kann so nicht weitermachen.« Die Worte auszusprechen, fühlte sich endgültig an. Schockierend.
    »Nein, Amelie. Glaub ihm nichts. Er ist ein Meister der Täuschung. Vielleicht sind sie gar nicht tot. Er will dich doch nur brechen, ehe er sich auch an dir rächt.«
    Jarik gab ein Winseln von sich, das Amelies rasende Gedanken ablenkte. Sie sah zu ihm hin. Aus seiner Nase quoll Blut. Er lag auf der Seite und weinte wie ein kleines Kind. Amelie verspürte den Wunsch, zu ihm hinzug ehen, doch Leif hielt sie zurück.
    »Er ist durchtränkt vom Wesen meines Bruders. Du kannst überhaupt nichts mehr für ihn tun. Wir müssen ihn töten. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    Leif sprang auf, fe st entschlossen, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Amelie wollte ihn zurückhalten, hatte aber keine Kraft dazu. Sein Arm glitt aus ihrem Griff.
    »Nein! Er ist mein Freund!« Ihre Stimme kippte. Leif reagierte nicht darauf. Als er sich nach dem Küchenme sser bücken wollte, riss es Jariks Körper jäh in die Höhe. Er beschrieb einen weiten Boden, landete im Erdgeschoss. Leif blickte ihm verwirrt hinterher. Als er einen Schritt nach vorne tat, um die Treppe hinunterzugehen, verwandelte sich diese binnen eines Lidschlags in einen rauschenden Wasserfall. Das Wasser schien geradewegs aus dem Mauerwerk zu kommen. Amelie schrie und schlug die Hände vor ihr Gesicht. Leif machte einen Satz nach hinten, die Augen weit aufgerissen. Er starrte auf die Kante, an der sich das Wasser nach unten ins Erdgeschoss stürzte.
    »Wasser!« Leifs Stimme war von Panik verzerrt, er stieß einen Schrei aus, den Amelie ihm nie zugetraut hatte. Er sank auf die Knie, schrie immer wi eder, bis sie zu ihm hin kroch und ihm eine Hand auf die Schulter legte. Erst jetzt schien er sich ihrer Anwesenheit wieder bewusst zu werden.
    »Leif, du hast gerade selbst gesagt, dass Loan ein Meister der Täuschung sei. Das ist kein echtes Wasser.« Amelie spürte jäh wieder den Lebenswillen in sich aufsteigen. Sie musste stark sein. Für Leif. Für Jarik.
    »Ich k... k... kann nicht.« Er zitterte am ganzen Kö rper, starrte wie gebannt auf die reißende Strömung, die sich von der Kante des Fußbodens weiter zu ihnen herüber zu fressen schien. Die Wasserfläche dehnte sich aus.
    Ein Tropfen fiel Amelie auf den Kopf, sie sah nach oben. Aus der Luke zum Dachboden floss nun ebenfalls Wa sser, erst ein paar Tropfen, dann ein dünner Strahl, der sich verbreiterte und ebenfalls zu einem Wasserfall anschwoll. Amelie bemerkte, dass sie überhaupt nicht nass wurde, weder ihre Haare noch ihre Kleidung. Es war nichts als das Werk eines Geistes, der seine Spielchen mit ihnen trieb.
    »Jarik!«, schrie Amelie über das laute Rauschen hi nweg, doch niemand antwortete. Nach den Gesetzen der Physik hätte inzwischen das gesamte untere Stockwerk geflutet ein müssen, doch sie bezweifelte, dass Jarik ertrinken würde. Der Wasserfall war nicht echt. Umso mehr schockierte sie, wie heftig Leif auf die Täuschung reagierte. Sein Blick zuckte wild umher, er reagierte kaum auf Ansprache. War seine Angst vor Wasser tatsächlich so groß?
    »Leif, es ist nicht real!« Amelie musste ihn anschreien, damit er ihr endlich den Kopf zuwandte. Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und
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