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Herz an Herz

Herz an Herz

Titel: Herz an Herz
Autoren: Sofie Cramer , Sven Ulrich
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Tee? (Ich liebe Tee und habe zig Sorten auf einem hübschen Buchen-Bord in meiner Küche.) Aber welcher Tee wäre für die Situation angemessen? Ich überlegte außerdem, dass ich nicht zu müde sein dürfte, aber auch nicht zu aufgedreht und nervös. Würde ich Musik dazu hören? Und wenn ja, welche? (Sie merken schon, ich wollte mal einen Tag frei machen von meinem normalen Alltag. Ein Sonntag, sozusagen, der nicht unbedingt auf einen Sonntag fallen müsste. Verstehen Sie?)
     
    Nach zwei Wochen Vorfreude schreckte ich gestern Nacht um drei Uhr morgens plötzlich schweißgebadet hoch, und mir wurde klar, dass dieses Hinauszögern einen ganz anderen Grund hat als das Auskosten meiner Vorfreude: Ich hatte eine Scheißangst, dass ich meine brillanten Gedanken nicht zu Papier (oder in die Tasten) bringen könnte. Ich hatte Angst, nur total profanes, nichtiges Zeug zu schreiben. Noch dazu verlangte Ihr letzter Brief nicht irgendeine Antwort, sondern ich würde ans Eingemachte gehen müssen. Sie hatten in Ihrem Beschwerdebrief Größe bewiesen, hatten Charakter gezeigt. Sie waren – zu Recht – sauer auf mich und hatten danach Ihre Meinung geändert, sich sogar entschuldigt. Und daher bekam ich plötzlich Angst vor meinem nächsten Brief. Denn ich wusste: Mit ihm steht oder fällt alles. Ich fürchtete mich, dass Sie denken würden: Mein Gott, was ist dieser Berti Huber für ein stinklangweiliger Typ.
    Um drei Uhr nachts lag ich also wach und verfluchte mich. Warum hatte ich nicht sofort zurückgeschrieben, als meine Gedanken noch frisch und unverbraucht waren und nicht abgestanden und leer wie jetzt?
    Gestern Nacht war an Schlaf daher nicht mehr zu denken. (Ich hörte fast ein gesamtes Fachbuch auf CD und lag danach immer noch wach.) Tagsüber war wiederum nicht an Arbeit zu denken. Und als ich nach Hause kam, putzte ich erst einmal die Wohnung, kümmerte mich um alte Rechnungen und telefonierte mit meiner Mutter, was ich seit Wochen nicht getan hatte. (Ich gehe sie natürlich regelmäßig besuchen, aber außer der Reihe anrufen? Das gab es bis dahin nicht.)
    Vor ein paar Stunden setzte ich mich dann endlich hin. (Draußen war es kalt, und es regnete. Ich probierte den neuen Tee (schmeckt fürchterlich) und gegen 23 Uhr fing ich an.)
    Und was kam dabei raus? Hatte ich da wirklich «Tut mir Beinkleid!» geschrieben? Bin ich wirklich einer dieser oberflächlichen Gute-Laune-Bären, die lachend von einem Bein aufs andere hüpfen und nur Banalitäten zum Besten geben? War ich so, wie ich es seit Jahren befürchte? Jemand, über dessen Witze man auf einer Party lacht, den man aber irgendwann links liegen lässt, weil er einem leidtut? Ein absonderlicher Freak? (Oder
Freck
, wie meine Mutter sagen würde.)
    Jetzt ist es bald 2 Uhr, und mein Wecker klingelt in vier Stunden. Ich bin sehr müde, aber ich will diesen Brief zu Ende schreiben und auf dem Weg zur Arbeit einwerfen. Also schreibe ich noch schnell, was ich eigentlich die ganze Zeit sagen wollte und was mir beim Joggen so elegant gelungen ist: Ich finde Sie sehr sympathisch, und ich bekomme gerne Post von Ihnen. Und: nein! Ich bin kein Psychopath, der von seiner Mutter ferngesteuert wird. Sie taucht in diesem Brief nur dreimal auf, weil … (Keine Ahnung, warum sie so oft auftaucht. Und warum ich sie im letzten oder vorletzten Brief für eine meiner Fangfragen missbraucht habe.)
    Jedenfalls würde ich mich über einen neuen Brief von Ihnen sehr freuen und werde dann auch sofort antworten.
     
    Müde Grüße
    Ihr Berti Huber
     
    P.S. Ich höre jetzt (vorerst) auch mit den Anhängen auf.
    ***
    8. 10.
     
    «Kennen Sie das, wenn man ein Buch so gut findet, dass man jeden Tag nur ein paar Seiten liest, weil man nicht will, dass es zu Ende geht? So ging es mir mit der Antwort auf Ihren Brief.»
     
    Lieber Berti!
     
    Solch schöne Zeilen hat mir noch nie jemand geschrieben. Sie verdienen eine schnelle Antwort und ein mutiges Angebot: Was halten Sie davon, wenn wir von der zugegeben stilvollen Form des altmodischen Briefeschreibens auf die des ungeduldigen E-Mailens umsteigen?
    Ich gestehe: Auch ich kann trotz Ihres küchenpsychologischen Fehltritts nicht leugnen, dass ich mich auf Ihre Antworten immer freue. Es ist einfach spannend, einen Berti-Huber-Brief zu bekommen. Sie würden mir also einen großen Gefallen tun, wenn Sie sich nicht länger beim Gehirnjoggen verrennen, sondern BITTE ausnahmsweise mal direkt und so schnell wie möglich auf meine an die 1000
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