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Herz an Herz

Herz an Herz

Titel: Herz an Herz
Autoren: Sofie Cramer , Sven Ulrich
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die Tagesschau, sondern auch die Bindung zu Ihrer Mutter gefährdet, die sicher damit droht, Sie zu enterben. Schließlich ist sie es gewohnt, dass Sie Rechenschaft darüber ablegen, ob Sie Ihre liebevoll gepflanzten Geranien schon gedüngt und ordentlich zu Abend gegessen haben.
     
    Bereuen Sie schon, dass Sie sich auf mich eingelassen haben? Immer noch nicht? Dann kann ich ja noch ein Stück weitergehen und Ihnen rückmelden, dass ich immer größeren Gefallen an dem Gedanken finde, in das Leben eines Fremden einzutauchen. Eines Mannes, der offenbar über Charakterzüge und Eigenheiten verfügt, die mir vollkommen fremd sind. Brote fürs Büro schmieren? Schuhe putzen? Die Kleidung am Vorabend rauslegen? Diese Dinge gehören jedenfalls nicht in einen Sara-Becker-Brief!
    Umso größer ist die Spannung auf den angekündigten Brief, den ich zügig erwarte – vor allem jetzt, da ich Ihnen den Gefallen tue und umgehend eine Antwort schicke.
     
    Einen schönen, durcheinandergewirbelten Abend noch und liebe Grüße an Ihre Mutter
    Ihre Sara B.
     
    PS . Wieso ist der Blick von Ihrem Balkon magisch?
     
    PPS . Wenn Sie in die Schublade «Technik-Freak» gehören: Wieso schreiben Sie dann überhaupt noch handschriftliche Briefe und keine E-Mails?
     
    PPPS . Oder gehören Sie doch in die Schublade «Ästhet»? (Für diesen Fall nehme ich das mit der Hosenklammer und den Geranien wieder zurück.)
    ***
    21. September 2010
     
    betr.: Der Sara-Brief
     
    Liebe Sara,
     
    wenn man einen Sara-Brief ankündigt, sollte man das Versprechen auch einlösen. Das tue ich hiermit, und ich tue es gerne. Allerdings befällt mich gleichzeitig das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Ich würde nämlich AUCH gerne auf alle Ihre Anspielungen Ihres Briefes antworten.
    Wie mache ich das? Kündige ich am Ende dieses Briefes einen Antwort-auf-Ihre-humorigen-Anspielungen-auf-all-meine-Macken-Brief an? Und würde das nicht bedeuten, dass ich Ihnen damit stets einen Brief hinterherhinke?
    Mal sehen, wie ich das Rätsel löse!
     
    Nur so viel: dass Sie mich mit Fahrradklammern in Verbindung bringen, hat mich enttäuscht.
     
    Aber: Ganz so unrecht haben Sie dann doch nicht. (Ich stecke die Hose in die Strümpfe – was ich jetzt noch mal überdenken werde, weil ich es fast schlimmer finde als eine Klammer.)
     
    Auch zu dem Hightech-Kühlschrank muss ich noch etwas sagen: weit gefehlt! In meiner Küche steht ein altes, knallrotes Schmuckstück, das ich einem Kunden abgenommen habe, der es entsorgen wollte. Ich bin stolz, dass er jetzt bei mir steht. (Oh Gott, habe ich zu jedem meiner Haushaltsgeräte ein persönliches Verhältnis? Keine Ahnung, ich frage nachher mal meinen Toaster. Achtung: Witz!)
     
    Aber ich schweife ab. Jetzt zu Ihnen. (Hört sich an wie eine Drohung, setzt mich aber viel mehr unter Druck, als es Sie bedrohen wird. Ich könnte den Satz eigentlich löschen, aber dann müsste ich auch diese Sätze in Klammern löschen, und das fände ich schade, also lasse ich ihn einfach stehen.) Nun steht allerdings in den Klammern so viel, dass Sie wahrscheinlich vergessen haben, welchen Satz ich meine. Hier kommt er noch mal: Jetzt zu Ihnen:
    Sie haben Stil und Witz!
    Sie sind eine intelligente, humorvolle und vermutlich attraktive Frau. (Sonst hätte der Männerfrust sicher noch eine ganz andere Note, keine Ahnung, welche, aber eine andere.) Das Internet war mir bei der Informationsbeschaffung bezüglich Ihres Aussehens leider auch nicht wirklich behilflich. Aber jetzt genug, ich will mich ja auch voll und ganz auf die Analyse der Sara-Briefe konzentrieren.
    Also, Sie scheinen viel nachzudenken, und wahrscheinlich möchten Sie sich manchmal gerne bei einem Menschen fallen lassen, denken aber erst einmal darüber nach, ob es auch wirklich sicher ist, sich fallen zu lassen, oder ob Sie lieber noch warten sollten, bis es wirklich sicher ist. Nach einer Weile kommen Sie zu dem Schluss, Sie hätten sich gleich fallen lassen sollen. Denn damit hätten Sie dem anderen Menschen Ihr Vertrauen gezeigt, und der andere hätte Sie bestimmt aufgefangen, aber jetzt ist es sicher zu spät … Oder vielleicht doch nicht? Verdammt, Sie wissen es nicht genau! Und dann ist die Gelegenheit vorüber, und Sie haben sich wieder nicht fallen lassen.
     
    Mögen Sie noch weiterlesen? (Ich hoffe es!)
     
    Sie wohnen in einem hübschen Haus, und nicht
ich
bin derjenige, der seine Schuhe vor der Wohnung auszieht, sondern Sie!
    Sie hören gute Musik, lesen gute
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