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Herrscher der Erde

Herrscher der Erde

Titel: Herrscher der Erde
Autoren: Frank Herbert
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dann im selben Takt mit monotoner Stimme zu sprechen:
    »Schlafen Sie. Sie werden schlafen ... tief schlafen ... tief schlafen ... schlafen ... tief schlafen ... tief schlafen ...«
     
    Ihre Augen folgten dem Edelstein.
    »Ihre Lider werden schwer. Schlafen Sie. Schlafen Sie ein. Sie fallen in tiefen Schlaf ... tiefen Schlaf ... tiefen, tiefen Schlaf ... Schlaf ... Schlaf ... Schlaf ...«
    Ihr Kopf sank langsam tiefer, ruckte wieder hoch. Ihre Lider senkten sich, wurden auf gerissen. Die Bewegungen wurden immer langsamer. Vorsichtig führte Paul seine linke Hand zur rechten und sagte mit der gleichen monotonen Stimme: »Wenn der Diamant zu pendeln aufhört, werden Sie in einen tiefen, ruhigen Schlaf fallen, aus dem nur ich Sie wieder erwecken kann.« Er ließ den Stein immer langsamer schwingen, nahm dann die Kette zwischen die Handflächen und versetzte sie in Rotation. Das Schmuckstück am Ende der Kette begann sich so rasch zu drehen, daß die Lichtblitze wie ein Feuerwerk sprühten.
    Der Kopf von Miß Walker fiel nach vorn, und Paul packte sie an der Schulter, damit sie nicht vom Stuhl stürzte. Sie befand sich in tiefer Trance. Er begann dem Publikum die klassischen Begleiterscheinungen zu demonstrieren: Unempfindlichkeit gegen Schmerzen, die abnormale Körpersteife und den vollkommenen Gehorsam der Stimme des Hypnotiseurs gegenüber.
    Die Vorstellung verlief routinemäßig. Miß Walker bellte wie ein Hund. Sie setzte die würdevolle Miene der Königinmutter auf. Sie reagierte nicht auf ihren eigenen Namen. Sie dirigierte ein imaginäres Symphonieorchester. Sie sang eine Opernarie.
    Das Publikum applaudierte an den richtigen Stellen. Paul verbeugte sich. Er ließ auch die Versuchsperson eine hölzerne Verbeugung machen. Er kam zum Finale.
    »Wenn ich mit den Fingern schnippe, werden Sie erwachen. Sie werden sich wie nach einem langen Schlaf gut ausgerastet fühlen. Zehn Sekunden nach Ihrem Erwachen werden Sie sich in einer überfüllten Straßenbahn befinden, wo Ihnen niemand einen Platz anbietet. Sie werden dann furchtbar müde. Dann werden Sie den dicken Mann Ihnen gegenüber um seinen Platz bitten. Er wird ihn Ihnen überlassen, und Sie werden sich setzen. Verstehen Sie mich?«
    Miß Walker nickte.
    Er hob die Hand, um mit den Fingern zu schnippen.
    Und in diesem Augenblick kam Paul Marcus die bedeutungsvolle Idee. Er stand mit erhobener Hand da und dachte darüber nach, bis er hörte, wie das Publikum hinter ihm rastlos zu werden begann. Er schüttelte den Kopf und schnippte mit den Fingern.
    Miß Walker erwachte langsam, blickte sich um, stand auf, und genau zehn Sekunden später begann ihre Halluzination mit der Straßenbahn. Sie benahm sich genauso, wie er es ihr vorgeschrieben hatte, erwachte wieder und verließ verwirrt und unter dem Applaus des Publikums die Bühne.
    Er hätte zufrieden sein können. Aber vom Augenblick an, da ihm die Idee kam, widmete er dem Erfolg seiner Vorstellung keine Aufmerksamkeit mehr. Routine brachte ihn durch den Abschluß, die kurzen Kommentare über die Macht der Hypnose, die Verbeugung vor dem Vorhang. Dann ging er langsam und nachdenklich zu seinem Umkleideraum. Seine Schritte hallten in dem Betongang unter der Bühne.
    Im Umkleideraum zog er sich die Jacke des Fracks aus und setzte sich vor den Spiegel. Er verteilte Fettcreme in seinem Gesicht, um das leichte Make-up daraus zu entfernen. Er fand es nicht leicht, seinem Blick im Spiegel zu begegnen.
    »Das ist ja lächerlich«, sagte er zu sich selbst.
    Da klopfte es an der Tür. »Herein«, rief er, ohne sich umzuwenden.
    Die Tür wurde zögernd geöffnet, und Miß Walker trat ein. »Entschuldigen Sie, bitte. Der Mann am Tor sagte mir, wo ich Sie finden könnte, und ...«
    Paul wandte sich um und stand auf. »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er.
    Miß Walker blickte sich erst um, ehe sie antwortete, als wolle sie sich davon überzeugen, daß sie allein waren. »Ich weiß nicht recht.«
    Paul wies auf eine Bank neben dem Schminktisch. »Setzen Sie sich doch!« Er selbst nahm wieder vor dem Spiegel Platz, als Miß Walker seiner Aufforderung Folge leistete. »Verzeihen Sie bitte, wenn ich mit dieser Beschäftigung fortfahre«, sagte er und nahm einen neuen Wattebausch zur Hand.
    Miß Walker lächelte. »Sie erinnern mich an eine Frau vor dem Schlafengehen.«
    Paul dachte: »Wieder eines der bühnennärrischen Mädchen, und die Vorstellung dient ihr als Vorwand, meine Zeit in Anspruch zu nehmen.« Aus den Augenwinkeln
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