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Herrin des Blutes - Thriller

Herrin des Blutes - Thriller

Titel: Herrin des Blutes - Thriller
Autoren: Bryan Smith
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Lippen widerwärtig an. »Hallo, Dream.«
    Ein Geist. Ein beschissener Geist. Oder eine Halluzination? Letzteres war, wie sie wusste, deutlich wahrscheinlicher, aber die Grenzen schienen fließend zu sein.
    Vor ihr saß Alicia Jackson, früher einmal ihre beste Freundin auf der ganzen Welt. Alicia war seit über dreieinhalb Jahren tot. Mit den Geistern aus einem dieser alten Filme hatte sie allerdings nicht viel zu tun. Sie flackerte nicht und schwebte auch nicht durch die Luft. Sie wirkte ebenso solide und dreidimensional wie der Barhocker unter Dreams Hintern. Eine wandelnde Leiche mit aufgedunsenem und verrottendem Fleisch. Ihr Hinterkopf war eine einzige breiig-klebrige Masse – die Austrittswunde des Kopfschusses, mit dem sie selbst ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte. Sie trug ein aufreizend kurzes schwarzes Kleid, das den Blick auf eine Menge Verwesung freigab. Die Spuren der Folterungen, die sie vor ihrem Selbstmord hatte ertragen müssen, waren deutlich sichtbar, darunter auch die unzähligen Rasiermesserschnitte, die ihr die teuflische Miss Wickman zugefügt hatte. Aus jeder einzelnen Wunde quoll Blut.
    Alicias widerwärtiges Grinsen wurde breiter und ließ alarmierend schiefe Zähne erkennen, die sich durch ihr geschwärztes, eingefallenes Zahnfleisch bohrten. Aus einem ihrer Mundwinkel tropften Maden. »Ist schon ’ne Weile her, Süße.« Als sie lachte, krabbelten weitere Maden zwischen ihren Lippen heraus. »Oh, ich weiß, was du denkst – ich wäre nicht echt. Aber da liegst du falsch. Ich bin kein Geist. Nicht direkt. Und ich bin auch verdammt noch mal definitiv keine Halluzination.«
    Dream öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie brachte nur eine einzige, unsinnige Silbe zustande, bevor sie erneut in Schweigen verfiel. Ihr Mund blieb vor Staunen offen stehen. Sie konnte nichts sagen. Was hätte sie auch zu dieser … Erscheinung sagen können? Die Vorstellung, eine Unterhaltung mit ihr zu führen, kam ihr schlichtweg absurd vor.
    Alicia kicherte. »Du glaubst es immer noch nicht.«
    Dream nickte fast unmerklich und beugte ihren Kopf ganz leicht nach vorne. Sie wollte nicht, dass jemand in der Kneipe mitbekam, dass sie mit diesem Wesen interagierte, das aussah wie ihre alte Freundin. Dream wusste, dass alle nur eine Tussi um die 30 in einem nuttigen Outfit sehen würden, die sich mit einem leeren Barhocker unterhielt. Vermutlich würden sie sie als alternde Säuferin mit schweren psychischen Problemen abstempeln.
    Sie griff nach ihrem Bierkrug, nahm einen weiteren ausführlichen Schluck und warf einen Blick auf den Fernseher, der hinter der Bar an der Wand montiert war. Die Simpson s liefen, und Dream tat, als konzentriere sie sich voll und ganz auf den Unfug, den Homer wieder einmal trieb.
    Alicia rutschte näher an Dream heran und klatschte ihr eine klamme Hand auf den linken Oberschenkel. Dream schnappte nach Luft. Die Hand auf ihrem Bein fühlte sich rau und ledrig an. Sie blickte nach unten, und als sie den Kontrast zwischen Alicias verrotteter brauner Haut und ihrem eigenen blassen, makellosen Teint erkannte, wurde ihr schwindelig.
    Alicia kam noch näher, und Dream spürte, wie sich das knochige Knie der toten Frau förmlich in sie hineinbohrte. »Na, Mädchen, fühlt sich das vielleicht wie ’ne beschissene Halluzination an?«
    Dream zitterte und klammerte sich am Griff des Bierkrugs fest. Ihr Blick wanderte nervös zur Eingangstür der Kneipe. Sie könnte verschwinden. Einfach von ihrem Hocker rutschen und abhauen. Durch die Tür stürzen und über die Straße zu dem Parkplatz rennen, auf dem ihr alter Honda Accord parkte. Losfahren. Aus dieser stinkenden, grauen, elenden Stadt in Neuengland verschwinden und irgendein anderes Revier finden, in dem sie für eine Weile auf die Jagd gehen konnte.
    Alicias tote Hand presste ihren Oberschenkel. »Spielt keine Rolle, wohin du dich davonstiehlst, Baby. Ich werde da sein. Es ist, wie ich’s dir gesagt habe: Ich bin nicht direkt mit einem Geist vergleichbar.«
    Dream senkte ihren Blick, starrte auf den Tresen und versuchte, so leise wie möglich zu sprechen. »Was bist du dann?«
    »Ich bin etwas, das du erschaffen hast.«
    Dream runzelte die Stirn. »Blödsinn.«
    »Oh, doch, das ist die reine Wahrheit.« Alicia lachte erneut, und Dream sah, wie eine einzelne Made auf den Bartresen aus Mahagoni purzelte und über das glänzende Holz krabbelte. »Wir beide wissen, dass du dieses beschissene Haus des Schreckens als vollkommen neue Frau
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