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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
Autoren: Andreas Eschbach
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wie auf einem Flughafen.
    Der Wachmann trat vor Hiroshi hin und streckte die Hand aus. »Also, zeig her.«
    Hiroshi reichte ihm die Tüte mit der Puppe. Der Mann öffnete sie, griff hinein, hob die Puppe an, um zu sehen, ob etwas darunter war, aber er nahm sie nicht heraus. Man konnte sehen, wie wenig ihm das alles gefiel; er hantierte mit der Tüte, als enthalte sie etwas Ekliges.
    »Ich muss das durchleuchten«, erklärte der Mann. Er sah Hiroshi streng an. »Du hast das wirklich gefunden? Es hat dir nicht jemand gegeben und gesagt, du sollst es hierher bringen?«
    »Nein«, sagte Hiroshi. »Ich hab’s gefunden.« Stimmte in gewisser Weise ja.
    »Wie ist dein Name?«
    Mist. Daran hatte er nicht gedacht, dass man ihn das fragen würde. Aber es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als diese Frage zu beantworten.
    »Kato Hiroshi«, gestand er also. »Meine Mutter arbeitet hier in der Botschaft. In der Wäscherei.« Das hätten sie wahrscheinlich sowieso herausgekriegt.
    »Und wie heißt deine Mutter?«
    »Kato Miyu.«
    Der Mann sah in seinem Computer nach. »Naruhodo« , meinte er schließlich und nickte. »Frau Kato aus der Wäscherei. Ich kenne sie.« Trotzdem schrieb er sich den Namen auf, ehe er die Tüte mit der Puppe darin in das Durchleuchtungsgerät laufen ließ.
    Hiroshi sah gespannt zu und fragte sich wieder einmal, wie so ein Gerät wohl funktionierte. In den Büchern, die er gelesen hatte, war nichts Verständliches dazu zu finden gewesen. Mit Röntgenstrahlen, so viel war klar – aber wie konnte man mit Röntgenstrahlen feststellen, ob ein Gegenstand Sprengstoff enthielt? Es wurde wirklich Zeit, dass sie in der Schule endlich Physikunterricht bekamen!
    Der Wachmann fand keinen Sprengstoff in der Puppe und auch sonst nichts Verdächtiges. Er ging durch den Metalldetektor, nahm die Tüte vom Band und legte sie auf einen Tisch. »Ich werde das weiterleiten«, versprach er.
    Es klang eher so, als würde er die Tüte in den Müll werfen, sobald Hiroshi wieder draußen war, aber das war jetzt auch egal.
    »Charlotte!«
    Die Stimme ihrer Mutter. Mit einem Unterton, der nichts Gutes verhieß.
    Charlotte schaltete den Fernseher aus, blieb einen Moment sitzen. Konnte sie es sich leisten, so zu tun, als hätte sie das nicht gehört? Vermutlich nicht. Sie stand leise auf, folgte dem Ruf, wenn auch langsam und auf Zehenspitzen.
    »Charlotte Malroux«, rief Mutter erneut. »Komm bitte sofort her.«
    »Ich komm ja schon«, rief Charlotte und durchquerte die Tür zum benachbarten Raum, der Gelber Salon genannt wurde. Aber da war ihre Mutter gar nicht, sondern noch eine Tür weiter, in der Eingangshalle.
    Sie erschrak. Mutter hielt ihre Puppe in der Hand, die blonde Puppe ohne Namen!
    Bloß dass sie nicht mehr kaputt zu sein schien.
    »Ich hab dir nicht erlaubt, auf die Straße hinauszugehen«, sagte Mutter scharf.
    Charlotte blinzelte verdutzt. »Was? Ich war nicht auf der Straße!«
    Mutter hob die Puppe hoch. »Ein Junge hat gesehen, wie du sie verloren hast. Er hat sie am Tor abgegeben.«
    »Was?« Was hatte das alles zu bedeuten? Charlotte schüttelte den Kopf. »Aber ich war nicht draußen!«
    »Lüg nicht. Das kann ich nicht leiden.«
    »Ich lüg nicht.«
    Mutter trat vor sie hin, sah streng auf sie herab und hielt ihr die Puppe vor das Gesicht. »Das ist doch deine Puppe, oder? Icherinnere mich. Dein Vater hat sie dir mitgebracht, aus Paris.« Paris – das sagte sie so, als müsse die blöde Puppe deswegen was ganz Besonderes sein.
    Charlotte streckte die Hand aus, um danach zu greifen, aber ihre Mutter zog die Puppe rasch wieder aus ihrer Reichweite. »Woher hat er sie, wenn du nicht draußen warst?«
    »Das weiß ich doch nicht.« Zögernd räumte sie ein: »Die Puppe war kaputt.«
    »Kaputt? Was heißt kaputt?«
    »Sie ist mir runtergefallen.« Jetzt log sie. Nein. Sie sagte nicht ganz die Wahrheit; das war etwas anderes. »Ein Stück vom Kopf ist abgegangen. Und sie hat nicht mehr gesprochen. Ich hab sie draußen im Garten liegen lassen.« Das war zumindest nicht ganz falsch; schließlich standen die Mülleimer gewissermaßen im Garten.
    Mutter studierte die Puppe. Wahrscheinlich dachte sie nun, der Gärtner hätte die Puppe gefunden und mit dem Müll hinausgebracht. Dass die Puppe auf diese Weise nach draußen auf die Straße gekommen war, wo der Junge sie hatte finden können.
    »Hmm«, meinte Mutter und fuhr mit dem Zeigefinger am Hals der Puppe entlang. »Jemand muss sie repariert haben. Man sieht
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