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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß
Autoren: Sandra Busch
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Messer? Ingo stand auf das Messer. Amundsen hat mein Werk gesehen, nicht wahr? Richtige Kunst. Es ist nur so enttäuschend, dass die Menschheit zurzeit für derartige Kunst nicht bereit ist.“
    Wie sah denn diese Kunst aus? Mehr, als ein blau angelaufenes Gesicht und einer heraushängenden Zunge unter einem furchtbaren Loch im Gesicht ist mir bei dem flüchtigen Blick auf Ingo nicht aufgefallen. Das allerdings hat mir voll und ganz gereicht. Aus Bos Richtung dringt ein Zischen, als würde aus einem Kessel heiße Luft entweichen. Dieses Geräusch trägt nicht gerade zu meiner Beruhigung bei.
    „Rainer, ich …“
    Der Hieb gegen meinen Hinterkopf pfeffert mich wieder mit der Stirn gegen die Wand. Ich schreie auf. Tränen schießen mir in die Augen. Das tat richtig weh.
    „Wie war das?“, fragt Nolte in seinem unheimlich ruhigen Ton.
    „Rambo“, flüstere ich und zucke zusammen, als er mich erneut berührt. Aber er tätschelt mich wie einen Hund, der brav Männchen gemacht hat.
    „Wenn du dich nicht entscheiden kannst, Robin, werde ich etwas aussuchen.“
    „Nein! Nein … Bo?“
    Während der Nolte in seiner Tüte herumkramt, versuche ich verzweifelt meine Hände zu befreien. Keine Chance. Das Panzertape sitzt bombenfest. Plötzlich wird mir bewusst, dass das Knistern der Tüte verstummt ist. Ich halte in meinem Befreiungsversuch inne und lausche. Ein Kichern dringt an meine Ohren.
    „Robin, Robin, Robin“, sagt Nolte und kommt dabei näher. „Es freut mich zu sehen, wie du voller Hingabe in das Spiel einsteigst. Das hätte ich anfangs von dir gar nicht gedacht. Du wirktest eher …“
    „Ich will hier raus. Binde mich los“, sage ich in meinem flehendsten Tonfall, während das nackte Grauen an meinem Rücken emporkriecht. Gegen Nolte ist Freddy Krüger ein Waisenknabe. „Bitte!“
    „Du“, haucht Nolte in mein Ohr, „bist Spielzeug und gehörst mir.“
    Eine Sekunde später spüre ich brennenden Schmerz, der von meiner Schulter ausgeht und über das Schulterblatt nach unten wandert. Warme Feuchtigkeit läuft über meine Haut. Ich schreie, bis mir der Atem wegbleibt. Er schneidet mich mit irgendetwas furchtbar Scharfem, wie ein Skalpell oder etwas Ähnlichem. Ein Wimmern dringt durch den Bunker. Ich bin mir nicht sicher, ob es von Bo oder von mir kommt. Von der Kette an einer Flucht gehindert, suche ich verkrampft Halt an der Wand. Es fühlt sich an, als würde mein kompletter Rücken auseinanderklaffen, sobald ich auch nur einen Muskel bewege.
    „So schön“, säuselt Nolte hinter mir. Seine Zunge leckt über den Schnitt und ich ringe röchelnd nach Luft. Zu dem Schmerz gesellt sich der Ekel seiner Berührungen. Ein weiterer Schnitt folgt dem Ersten und noch dritter. Inzwischen heule ich wie ein alter Kettenhund. Es ist nicht auszuhalten. Mein Rücken brennt wie Feuer. Dieser Irre schlachtet mich wie ein Stück Vieh.
    „Aufhören! Hör auf. Bitte … Rambo, ich bitte dich … nicht weiter … Hör auf“, bettel ich mittlerweile voller Verzweiflung. Eine Antwort erhalte ich nicht, dafür gleitet die gefährliche Klinge um mich herum. Dieses Mal verletzt sie mich nicht. Allein das Gefühl der flachen Klingenseite auf meinem Körper jagt mir höllische Angst ein. Mein Schweiß brennt in den zahlreichen Schnittwunden. Nolte steht dicht hinter mir und keucht mir seinen Atem in den Nacken, als stünde er kurz vor einem Orgasmus. Tatsächlich beginnt er seinen Schritt an meinen Hinterbacken zu reiben. Zu meinem größten Horror spüre ich die Erektion durch seine Hose. Der aufsteigende Würgereiz bremst meinen Verstand aus. Mit einem panischen Schrei drehe ich mich leicht seitwärts und ramme ihm so gut es aus dieser Position heraus möglich ist die Ellenbogen in den Leib. Die gefesselten Hände verhindern einen effektvollen Hieb, aber ich habe Glück. Mein rechter Ellenbogen trifft Nolte irgendwo in der Leibesmitte. Ich höre ihn stöhnen und er scheint einige Schritte zurückzutaumeln. Etwas klimpert auf den Boden – Metall auf Beton – und Nolte flucht. Inzwischen bin ich lediglich ein bibberndes Nervenbündel und zerre wie verrückt an meinen Fesseln.
    „Wo ist sie?“, schreit Nolte. „Wo ist die Rasierklinge?“
    Ein dumpfer Laut ertönt, woraufhin Bo gequält aufstöhnt.
    „Bo?“ Ich beginne kopflos zu schluchzen. „Bo?“
    „Du willst spielen?“, brüllt Nolte wütend. „Sag es mir, Robin, willst du spielen?“
    „Nein, verdammt!“, schreie ich unbeherrscht. „Ich will, dass du uns
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