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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß
Autoren: Sandra Busch
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Schaufenster in der Vorweihnachtszeit. „Ist das Ihre Privatnummer?“
    Beinahe klappt mir die Kinnlade runter.
    „Nein“, knurre ich, ehe Bo antworten kann. Sabine steckt die Karte in die Hosentasche.
    „Vielen Dank für die Unterhaltung.“ Bo kann es nicht lassen und zwinkert ihr noch einmal zu, bevor wir gehen.
     
     
    11:32 Uhr
    Im Auto stupst mich Bo in die Seite und fragt im neckischen Ton: „Eifersüchtig auf ein sechzehnjähriges Mädchen?“
    „Ich sollte dir in der Öffentlichkeit eine Papiertüte über den Kopf ziehen. Diese Anhimmelei finde ich manchmal etwas anstrengend.“
    „Was kann ich dafür? Warum suchst du dir so einen attraktiven Freund aus?“ Bo lacht selbstgefällig und ich vergrabe die Hände in den Jackentaschen. Es ist kalt im Wolf. Die Heizung funktioniert nur mäßig und ich bekomme den Eindruck, dass die Bundeswehr warme Füße verachtet. Vielleicht sind unsere Soldaten aus diesem Grund so freudig nach Stalingrad ausgerückt.
    Beweg dich, dann wird dir wärmer, hat schon meine Mutter immer gesagt. In Gedanken versunken merke ich erst spät, dass Bo gar nicht den Weg nach Hause in die Speicherstadt eingeschlagen hat. Stattdessen fahren wir gerade an dem denkmalgeschützten Kontorhaus Leder-Schüler vorbei, dessen dunkle Klinkerfassade mit den grünen Sprossenfenstern mich unvermittelt aus den Gedanken reißt. Somit befinden wir uns in Hammerbrook und nicht zwischen meinen geliebten Wilhelminischen Backsteinen. Krampfhaft überlege ich, aus welchem Grund wir durch Hammerbrook kurven.
    „Äh, Bo? Wo fahren wir eigentlich hin?“
    „Wir müssen unbedingt etwas Wichtiges erledigen“, sagt Bo geheimnisvoll. Sein Gesicht hat sich, während ich geträumt habe, ziemlich verdüstert. Ein Stimmungsumschwung? Und so plötzlich?
    „Verrätst du mir auch, was?“
    „Nein. Du würdest mich ansonsten von meinem Vorhaben abhalten wollen.“
    Uff! Was hat Bo denn jetzt vor? „Tweety, was …“
    „Sei einfach still, Robin.“
    Der unangemessen barsche Tonfall bewirkt, dass ich den Mund augenblicklich zuklappe. Okay, ich werde ja sehen, was Bo vorhat. Tatsächlich bin ich ein bisschen eingeschnappt. Er hätte mich nicht gleich derartig anraunzen müssen. Schweigend fahren wir weiter den Heidenkampsweg entlang, eine der Hauptverkehrsadern von Hammerbrook, bis wir ein paar Straßen weiter vor einem Wohnblock mit fleckiger Fassade halten. Zielstrebig geht Bo auf einen Hauseingang zu und drückt auf eine Klingel.
    „T. Werthen? Wer um alles in der Welt ist T. Werthen?“
    „Torben“, erklärt Bo knapp.
    „Woher weißt du, wie Torben mit Nachnamen heißt und wo er wohnt?“ Ich bin ehrlich überrascht.
    „Ich bin Detektiv, Dot.“ Bo sieht mich von oben herab an. Mir dagegen bleibt die Spucke weg.
    „Du hast Louisa hinterher spioniert? Sag mal, spinnst du?“
    Der Summer ertönt und Bo drückt ohne zu antworten die Tür auf. Ich habe keine andere Wahl, als ihm nachzulaufen.
    Im dritten Stock öffnet ein Typ die Tür, den ich niemals mit meiner niedlichen Louisa in Verbindung gebracht hätte. Das harte, kantige Gesicht wird von einer Fast-Glatze gekrönt und die dicht beieinanderstehenden Augen wirken wenig vertrauenerweckend. Seine massige Gestalt füllt ein Szene-Shirt aus. So wie Torben aussieht, tritt der nachts in der U-Bahn wehrlose Rentner zusammen. Du liebe Güte! Dieser Stier und mein Rehlein?
    „Torben Werthen?“, fragt Bo freundlich, dabei bemerke ich, wie er seine Muskeln anspannt.
    „Ja?“
    Zu Torbens Überraschung stößt ihn Bo mit beiden Händen vor die Brust, sodass er rückwärts in seine Wohnung stolpert. Ich folge mit einem üblen Gefühl und schließe rasch die Tür. Torben schnaubt völlig überrumpelt, ehe er sich drohend aufrichtet und dabei eine Schrankwand imitiert. So jedenfalls kommt es mir vor.
    „Was soll das?“
    „Wir sind Louisas Arbeitgeber“, stellt uns Bo vor. Noch immer klingt er sehr freundlich. Da ich Bo allzu gut kenne, spüre ich das Eis hinter seiner scheinbaren Freundlichkeit und es bringt mich zum Frösteln.
    „Die Schwuchteln?“
    „Genau die.“
    Ich sehe es kommen und stöhne bereits, bevor Bos Faust wuchtig in Torbens Magen brettert. Pfeifend klappt der in der Mitte zusammen.
    „Bo!“
    „Still, Robin!“
    Bo dreht sich nicht einmal zu mir um. Er wartet, bis sich Torben etwas von dem Tiefschlag erholt und zu ihm aufsieht. In diesen Moment donnert er seine Faust in dessen Gesicht. Ich höre es knacken, als er einen Treffer exakt auf
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