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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt
Autoren: David Moody
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meinem Dad verbracht. Wir hatten am Montag keine Schule, also bin ich noch einen zusätzlichen Tag bei ihm geblieben und ...«
    Sie hörte auf zu sprechen, als die Erinnerungen an ihre Eltern und an ihren jähen, unerklärlichen Verlust sie überschwemmten. Stattdessen begann sie, lautlos zu weinen. Jack beobachtete hilflos, wie ein endloser Tränenstrom ihre bleichen Wangen hinunterfloss.
    »Schau mal«, versuchte er sie zu besänftigen, um ihr das Ganze zu erleichtern, »du musst mir nicht das Geringste erzählen, wenn du nicht willst. Wenn du möchtest, könnten wir auch einfach ...«
    »Was ist passiert?«, fragte sie plötzlich, schnitt ihm das Wort ab und drehte sich zur Seite, um ihm zum ersten Mal direkt ins Gesicht sehen zu können. »Wer hat das getan?«
    Jack seufzte, erhob sich und trat über einen Leichnam, der vor seinen Füßen lag.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er, während er durch eine Milchglasscheibe in einen kleinen Bürobereich blickte. »Ich war auf meinem Heimweg, als es geschah. Ich konnte nicht das Geringste wahrnehmen, bis es zu spät war.«
    Clare lehnte sich in ihrem Sitz nach vorne und stützte ihren Kopf auf den Händen auf.
    »Dad fuhr mich gerade zur Schule«, sagte sie ruhig, während sie auf den Boden zwischen ihren Füßen starrte. »Er lebt genau auf der anderen Seite der Stadt, daher mussten wir durch das Stadtzentrum fahren ...« Sie brach kurz ab, um sich über die Augen zu wischen und zu räuspern. »Wir bremsten gerade vor einer Ampel, und Dad begann, zu würgen. Ich wollte ihm helfen, aber es gab nichts, das ich tun konnte. Wir fuhren in das vordere Auto hinein, und der nachfolgende Wagen prallte in unseres. Dad würgte und schüttelte sich immer weiter, bis er starb, und ich konnte nichts tun ...«
    Clares Selbstbeherrschung brach zusammen, und sie geriet wieder außer Fassung. Jack trat ein paar Schritte näher zu ihr und kniete sich vor ihren Stuhl hin. Sie packte ihn fest, drückte sich an ihn und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Obwohl er sich immer noch ein wenig linkisch und unsicher fühlte, legte er seine Arme um sie und schaukelte sie behutsam hin und her.
    »Na komm«, sagte er besänftigend.
    Clare trocknete ihre Augen und fuhr zwischen schweren Schluchzern fort, zu sprechen.
    »Ich stieg aus dem Wagen aus, um zu versuchen, Hilfe für Dad zu finden. Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken, was mit ihm geschehen war. Und als ich ausgestiegen war, konnte ich nicht glauben, was ich sah. Alles war zum Stillstand gekommen. Wir saßen in der Mitte des größten Unfalls fest, den Sie sich vorstellen können, fest. Es sah so aus, als ob sich Hunderte und Aberhunderte Wagen alle ineinander verkeilt hätten. Ich musste über sie hinwegklettern, um zum Straßenrand zu kommen ...«
    »Es passierte so schnell, dass niemand Zeit hatte, zu reagieren«, murmelte Jack. Nach ein paar langen Sekunden, in denen er schweigend überlegte, räusperte er sich und sprach wieder. »Ich war auf dem Weg in die Innenstadt«, erklärte er. »Ich wohne in einem der Vororte. Ich dachte, ich könnte hier vielleicht ein paar weitere Leute finden, die in der Gegend überlebt haben.«
    »Und Sie haben niemanden gefunden?«, fragte Clare. Jack schüttelte den Kopf.
    »Du bist die Erste.«
    »Also, warum haben wir überlebt?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß genauso wenig wie du. Ich meine, ich saß gerade im Bus und wollte nach Hause ...«
    Abrupt hörte er auf zu sprechen.
    »Und was ...?«, drängte Clare.
    »Pst ...«, zischte er und hob einen Finger an die Lippen. Er konnte etwas hören. Während er sich erhob und aus dem Wartezimmer schlich, bedeutete er Clare, dicht hinter ihm nachzufolgen. Eine gewundene hölzerne Treppe führte vom Erdgeschoss nach oben zu den restlichen Räumen der Zahnarztpraxis. Ganz oben am Ende der Treppe führten drei Türen zu drei getrennten Behandlungszimmern. Jack drückte vorsichtig die nächstgelegene Tür auf. Sie schwang nach innen in eine schmale, quadratische Kammer auf, die von einem großen Behandlungsstuhl, ergänzt von einem darin sitzenden toten Patienten, beherrscht wurde. Die Leiche einer Zahnarzthelferin lag zu seinen Füßen. An der gegenüberliegenden Seite des Raumes saß die teilnahmslose Leiche eines Zahnarztes, dessen einst hygienisch weißer Arbeitsanzug mit Blutstropfen übersät war, fest. Der Stuhl sowie ein umgekippter Schrank mit medizinischem Zubehör blockierten seinen Weg. Der Leichnam taumelte hilflos von der einen zur anderen
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