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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt
Autoren: David Moody
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und war in die Pumpen gerast, wodurch sich die Kraftstoffvorräte entzündet hatten. Vielleicht ein außer Kontrolle geratener LKW oder Tankwagen?
    Aber das war erst der Anfang gewesen; das Grauen und die Verwüstung, die anschließend folgten, waren erbarmungslos und von unvorstellbarem Ausmaß gewesen. Überall im dicht mit Industrie besiedelten Ostteil der Stadt sah sie, wie Menschen zu Boden fielen, sich krümmten und wanden und starben. Auch weitere Fahrzeuge hielten an – manche prallten ineinander, andere rollten einfach aus. Wie eine Schockwelle breitete sich die Zerstörung aus und rollte gnadenlos auf ihr Gebäude zu. Mit vor Entsetzen schweren Beinen taumelte sie rückwärts und sah sich nach einer Erklärung oder nach Hilfe um. Eine ihrer Kolleginnen, Joan Alderney, traf zur Arbeit ein, aber als Donna sie erblickte, war die Frau bereits auf die Knie gesunken und rang nach Luft. In Sekunden war Donna an ihrer Seite, doch sie konnte nichts tun. Joan schaute mit riesigen, verzweifelten Augen zu ihr auf, während ihr Körper von heftigen, unkontrollierbaren Zuckungen und Krämpfen geschüttelt wurde und sie versuchte, einen letzten, kostbarem Atemzug einzusaugen. Rasch verfärbten sich ihre Züge zu einem blassen, sauerstoffarmen Blaugrau, wohingegen ihre Lippen vor Blut schillerten, das aus den zahlreichen in ihrer Kehle aufgebrochenen Schwellungen drang.
    Als Joan auf dem Boden neben ihr starb, wurde Donna von den Geräuschen Neil Peters‘, einer Nachwuchsführungskraft, abgelenkt. Er brach auf seinen Schreibtisch zusammen und bespritzte seine Unterlagen mit Speichel und Blut, als er würgend nach Atem rang. Hilflos musste Donna mit ansehen, wie Jo an ihrem Hals kratzte und einen heiseren, fast stummen Schrei grässlicher Schmerzen und Angst hervorwürgte, ehe sie zu Boden fiel. Bevor sie aufschlug, war sie tot. Schließlich geriet Trudy Phillips, die letzte Mitarbeiterin der Frühschicht, in Panik und rannte auf Donna zu, als die sengenden, stechenden Schmerzen in ihrer Kehle einsetzten. Sie schaffte nur ein paar Meter, bevor sie das Bewusstsein verlor und stürzte. Dabei riss sie einen Computer von einem Schreibtisch in der Nähe mit. Nur Zentimeter von ihr landete der Rechner krachend auf dem Boden. Nachdem Trudy tot war, wurde die Welt erschreckend still.
    Donnas erste, instinktive Reaktion bestand darin, das Büro zu verlassen, doch kaum befand sie sich draußen, bereute sie die Entscheidung. Die Aufzüge funktionierten noch – was sie bei ihrer späteren Rückkehr ins Gebäude nicht mehr taten – und brachten sie ins Erdgeschoss, aber als die Schiebetüren sich öffneten, offenbarten sie einen Anblick des Todes und der Verheerung unbegreiflichen Ausmaßes. Leichen übersäten den gesamten Empfangsbereich. Der Sicherheitsangestellte, der noch vor kaum einer halben Stunde mit ihr geflirtet hatte, kauerte tot an seinem Schreibtisch. Einer der leitenden Büroangestellten, ein Mann Ende vierzig namens Woodward, lag in der Drehtür am Eingang des Gebäudes eingeklemmt, das leblose Gesicht gegen das Glas gedrückt. Jackie Prentice, eine weitere ihrer Arbeitskolleginnen, befand sich ein paar Meter entfernt unter dem Gewicht zweier anderer Toter begraben. Ein zähflüssiger, rasch gerinnender Blutstrom hatte sich aus Jackies offenem Mund ergossen und zu einer klebrigen Pfütze um ihr erbleichtes Gesicht gesammelt.
    Ohne nachzudenken, bahnte Donna sich einen Weg zu einer Seitentür und trat hinaus auf die Straße. Außerhalb der Mauern des Gebäudes hatte sich die Zerstörung in alle Richtungen fortgesetzt, so weit ihr Blick reichte. Wohin sie auch schaute, sie sah Hunderte, vermutlich Tausende Tote. Wie betäubt und außerstande, klar zu denken, entfernte sie sich vom Gebäude und hielt auf die Stadtmitte zu. Als sie sich der Haupteinkaufsgegend näherte, steigerte sich die Zahl der Leichen dermaßen, dass an manchen Stellen der Boden völlig verdeckt war, verhüllt von einem Teppich noch warmer, ineinander verschlungener und verrenkter menschlicher Überreste.
    Natürlich hatte Donna angenommen, dass sie andere finden würde, die das Massensterben irgendwie überlebt hatten. Es schien unwahrscheinlich, ja unmöglich, dass sie als Einzige verschont geblieben war, doch auch nach zweieinhalb Stunden, in denen sie durch das Meer der Toten gewatet war und um Hilfe gebrüllt hatte, hörte und sah sie niemanden. Gelegentlich blieb sie stehen und starrte auf den endlos scheinenden Zerfall der Welt, die sich noch
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