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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung
Autoren: David Moody
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gepumpte – Luft rein und keimfrei.
    Bei den Überlebenden sah das allerdings anders aus. Es war zwar halbherzig versucht worden, eine Dekontamination durchzuführen, doch den beklagenswert schlecht vorbereiteten Militärkommandeuren, Wissenschaftlern und Beratern, die den Stützpunkt leiteten, war von Beginn an klar gewesen, dass es sich dabei um ein fruchtloses Unterfangen handelte. Die Erreger konnten von der Ausrüstung und den Schutzanzügen der Soldaten abgespült werden, doch die Überlebenden waren davon durchsetzt. Sie hatten die verseuchte Luft konstant über anderthalb Monate eingeatmet. Buchstäblich jede einzelne Zelle ihres Körpers trug mit Sicherheit die tödliche Seuche. Während diese keine Auswirkungen zeigte, mochte selbst der geringste Kontakt mit ihnen ausreichen, um die tödliche Kettenreaktion in Gang zu setzen, in deren Verlauf die Soldaten unweigerlich zugrunde gehen mussten und der Stützpunkt verseucht werden würde.
    Trotz des ansehnlichen Waffenarsenals und der gewaltigen psychologischen und intellektuellen Überlegenheit gegenüber den Toten, wussten die Soldaten – ebenso gut wie die Überlebenden –, dass sie in der Falle saßen. Die Männer, Frauen und Kinder, die sich unter der Erde verbargen, lebten ständig mit einem unbehaglichen Gefühl der Enge und der Verzweiflung. Nahezu die gesamte Anlage wurde vom Militär belegt – alles außerhalb des Eingangs zu den Dekontaminationskammern –, wodurch die siebenunddreißig Überlebenden im Haupthangar und in einigen der umliegenden Lager-, Versorgungs- und Wartungsräume leben mussten. Raum, Licht, Wärme und Annehmlichkeiten waren strikt eingeschränkt. Nachdem sie sich jedoch durch die überirdische Hölle gekämpft hatten, akzeptierten sie die Beschränkungen der militärischen Einrichtung bereitwillig und schätzten diese außerordentlich. Die Alternativen, die sie auf der Oberfläche erwarteten, waren nicht auszudenken.
    Emma Mitchell
    Es ist beinahe zwei Uhr.
    Ich schätze, es ist zwei Uhr morgens, aber ich bin mir nicht sicher. Hier unten gibt es keine Möglichkeit, zu erkennen, ob es Tag oder Nacht ist, und ehrlich gesagt, spielt es auch keine Rolle. Egal, welche Tages- oder Nachtzeit herrscht, es ist immer dunkel, immer schlafen einige Leute und andere sind wach. Ständig bilden sich Gruppen, und man führt mit gepresster Stimme und geheimnisvollem Flüstern Unterhaltungen über nichts. Andere weinen, jammern, streiten und debattieren. Andauernd gehen Soldaten durch die Dekontaminationskammern oder kommen in den Hangar, um die dort gehortete Ausrüstung und die Maschinen wiederholt zu überprüfen.
    Ich kann nicht schlafen.
    Den größten Teil der letzten zwei Stunden liege ich hier bei Michael. Anscheinend fühle ich mich immer schuldig, wenn wir – so wie jetzt – zusammen sind, und ich meinen Kopf nicht genügend freibekommen kann, um so wie er abzuschalten und zu schlafen. Wenn ich das doch nur könnte. Wir haben nichts Falsches getan. In den drei Wochen, die wir nun schon hier unten verbringen, haben wir viermal miteinander geschlafen, und jedes Mal ist er anschließend stundenlang eingenickt. Frage ich ihn nach dem Grund dafür, gibt er mir zur Antwort, dass er sich, wenn wir auf diese Weise zusammen waren, menschlicher und vollkommener fühlt als die restliche Zeit über – wie damals, bevor das Ganze geschehen ist.
    Sex ist jetzt anders. In mancher Hinsicht ist er traurig und erinnert mich an alles, was ich verloren habe. Sonst hilft er mir, zu erkennen, was ich trotz allem gewonnen habe. Ich fürchte mich immer, wenn ich daran denke, wie leicht ich Michael verlieren könnte, und dass ich von Glück reden kann, dass wir es geschafft haben, einander zu finden und zusammen zu sein. Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob ich mit ihm schlafe, weil ich ihn liebe oder ob es nur geschieht, weil wir gerade füreinander da sind. Es gibt keinen Platz mehr für Romantik oder andere, längst vergessene Gefühle und ich glaube nicht, dass ich jemals wieder einen Orgasmus haben werde. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann wieder entspannt oder erregt genug zu sein, um diese Art von Empfindung zu verspüren. Wenn wir zusammen sind, gibt es weder Verführung noch Vorspiel. Alles, was ich möchte, ist, Michael in mir zu fühlen. Ich brauche die Vertrautheit. Er ist der einzige lebensbejahende Teil meiner Welt. Außer seinen Berührungen ist alles kalt.
    Als wir noch an der Oberfläche waren, konnte ich dieses Wohnmobil nicht
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