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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung
Autoren: David Moody
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leiden. Wir besaßen nichts anderes, doch ich war darin wie eingeschlossen. Jetzt ist es alles, was ich haben möchte und verbringe den Großteil der Zeit darin. Dies ist unser kleiner privater Ort, in dem wir uns von den anderen Leuten, mit denen wir hier unten gefangen sind, absondern können. Zum Glück haben wir diese Privatsphäre, und ich weiß sie zu schätzen. Die Übrigen haben keine andere Wahl, als Tag für Tag miteinander zu verbringen. Ich frage mich, ob sie uns das übel nehmen. Obwohl mir klar ist, dass es ihnen vermutlich egal ist, denke ich doch manchmal, dass es sie stört. Es ist die Art und Weise, wie sie uns mustern, wenn wir zusammen sind.
    Mir ist kalt. Ich weiß nicht, wie viel Grad es tiefer unter der Erde sind, auf der anderen Seite der Dekontaminationskammern, aber hier draußen im Hangar ist es immer eiskalt. Gewöhnlich kann man den Atem vor dem Gesicht sehen. Die Luft ist unbeweglich und still, obgleich man manchmal die außerhalb herrschende Fäulnis und Krankheit riechen kann. Man sollte meinen, dass wir uns bereits an den Geruch des Todes gewöhnt haben sollten, doch das ist bei keinem von uns der Fall. Gestern hörte ich zufällig einige Soldaten über die Luft in den tiefer gelegenen Ebenen des Bunkers sprechen. Sie meinten, sie würde dünner werden und sprachen auch davon, dass durch die vielen Leichen, die sich über der Erde befinden, allmählich die Abzugsöffnungen und Abluftschächte rings um die Basis durch das Gewicht der wimmelnden Körper verstopft werden würden. Cooper erzählte mir, dass er damit gerechnet habe, dass es früher oder später passieren würde. Er meinte, dass die meisten der Abzüge über einige Quadratmeilen verstreut liegen. Es macht mir Angst, darüber nachzudenken, wie viele Leichen sich über uns befinden müssen, um derartige Auswirkungen zu verursachen. Himmel, es müssen Hunderttausende dieser verdammten Dinger da oben sein.
    Vorräte werden geliefert.
    Zwei uniformierte Soldaten sind gerade aus der Dekontaminationskammer aufgetaucht, um unsere Rationen zu verteilen. Das Militär gesteht uns wenig zu, gerade genug, um zu überleben. Wahrscheinlich reicht es für sie selbst nur knapp und ich wundere mich, dass wir überhaupt etwas erhalten. Es wird der Augenblick kommen, in dem die Vorräte, die sie in ihren Lagerräumen gehortet haben, zu Ende gehen werden. Möglicherweise kommt es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr darauf an. Donna Yorke spricht unentwegt darüber, wie anders es in einigen Monaten aussieht. Sie glaubt, dass die Leichen bis dahin buchstäblich rückstandslos verrottet sein werden und dann für uns ein Leben auf der Oberfläche wieder möglich sein wird, da sie keine Gefahr mehr darstellen. Ich hoffe, dass sie recht hat und glaube ihr. Es gibt keinen Grund, es nicht zu tun. Schließlich können wir nicht für immer hier unten bleiben.
    Die Zukunft der Soldaten hingegen ist, was auch immer uns zustoßen wird, weit weniger gewiss. Jedes Mal, wenn ich einen von ihnen sehe, kann ich nicht anders, als mir auszumalen, wie es ihnen ergehen wird. Die Luft könnte durchaus, von heute an gerechnet, noch sechs Jahre mit den Infektionserregern verseucht sein – ganz zu schweigen von sechs Monaten. Und woher sollen sie wissen, ob sie überhaupt jemals wieder rein wird? Wird irgendwer von ihnen tapfer oder dumm genug dazu sein, den Schutzanzug abzulegen, seinen Kopf über die Erde zu strecken, um einen Atemzug zu riskieren? Man kann durch die Schutzmasken nicht viel erkennen, doch gelegentlich sieht man in ihren Augen unterdrückte Empfindungen, denn sie sind ebenso verängstigt wie wir. Und sie trauen uns nicht. Manchmal denke ich, dass sie uns fast genauso hassen und verachten wie die Leichen. Möglicherweise versorgen sie uns hier, um uns einsetzen zu können? Vielleicht planen sie, uns zu zwingen, die Oberfläche abzusuchen, damit sie ihre Lager wieder mit Nahrung und Wasser auffüllen können.
    Ich ziehe Michaels dicken Wintermantel an und gehe zum nächsten Fenster, um eine bessere Übersicht zu erhalten, was draußen passiert. Das Fenster ist beschlagen, Auch nachdem ich es abgewischt habe, ist es immer noch schwierig zu erkennen, was vor sich geht. Das Licht im Hangar ist nahezu ständig auf die niedrigste Stufe gestellt, wahrscheinlich um Strom zu sparen. Es wird nur ein wenig heller, wenn die Soldaten in Begriff sind, nach draußen zu gehen. Das ist seit gut einer Woche nicht mehr vorgekommen. Die Türen wurden lediglich ein Mal
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