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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung
Autoren: David Moody
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wecken.
    Als die Tage nach der Infektion verstrichen waren, hatte sich das Verhalten der Leichen langsam verändert; Apathie und Leere wandelten sich. Die Horden der Toten wurden, eingeschränkt durch die kontinuierliche Verschlechterung ihrer körperlichen Verfassung – gewalttätig und zunehmend aggressiv. Sie besaßen keine Kontrolle über ihre Fähigkeiten, sondern gaben nur dem Drang nach, ihr persönliches Leid zu lindern und sich selbst zu schützen. So scharten sie sich in der Hoffnung auf Erlösung um jede Störung und jede Bewegung, egal, wie geringfügig diese auch sein mochte, in dem leeren, konturlosen Nichts an der Oberfläche. Einzig Zeit und Verwesung würden der Qual ein Ende setzen. Doch die Leichen waren nicht in der Lage zu wissen, ob eine derartige Erlösung jemals eintreten würde.
    Aus ein paar zufällig über dem unterirdischen Militärstützpunkt umherstolpernden Leichen hatte sich eine dichte Ansammlung entwickelt, die gewaltige, nahezu unermessliche Ausmaße angenommen hatte. Durch die Bewegungen der Kreaturen waren immer mehr von ihnen aus der Umgebung herbeigelockt worden. Etliche Tage, nachdem die ersten Soldaten auf der Erdoberfläche eintrafen, kämpften sich an die hunderttausend Leichen immer näher an den verschlossenen Eingang des Bunkers heran.
    Der Weg des toten Anlagebankiers wurde durch weitere Leichen blockiert. Er hob seine ausgemergelten Arme und schlug mit überraschender Wucht auf die Gestalt unmittelbar vor sich ein. Weiches, fauliges Fleisch wurde von den Knochen des schutzlosen Leibes abgerissen, als dieser zur Seite gestoßen wurde. Die brachiale Gewalt sprang rasch auf die nächststehenden Kadaver über und breitete sich wellenförmig weiter in der Masse aus, ehe sie so schnell verebbte, wie sie begonnen hatte. Überall in der dichten, verwesenden Versammlung trugen sich in vereinzelten Bereichen ähnliche Dinge zu, ausgelöst durch das instinktive Bedürfnis jedes einzelnen Leichnams, seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.
    Abgesehen vom beständigen Schlurfen und den Auseinandersetzungen der Leichen sowie dem Wind, der durch die Zweige der nahegelegenen Bäume blies, schien die Welt rund um die eingegrabene Basis bewegungslos und erstarrt zu sein. Selbst die Vögel hatten – aufgrund der Reaktionen, die ihre Bewegungen und das flüchtige Auftreten stets nach sich zogen – gelernt, nicht zu nahe an die Kreaturen heranzufliegen. Obwohl die Toten einzeln schwach und ungeschickt waren, wurden sie von allem, was in der Welt noch lebte, gefürchtet und verachtet.
    Tief unter der Erde kauerten nahezu dreihundert Überlebende hilflos in der Militärbasis und warteten darauf, dass etwas – irgendetwas – geschehen würde. Obwohl sie körperlich stärker waren als die Toten, obwohl sie die Herrschaft über sich nicht verloren hatten, sowie Vernunft und Kraft für sich verbuchen konnten, wagten sie kaum, sich zu rühren. Es war für diese einsamen und verängstigen Seelen, die im Betonlabyrinth unter den Feldern und Hügeln gefangen waren, offensichtlich, dass die bloße Anzahl der Leichen an der Oberfläche sie in absehbarer Zeit überwältigen würde. Ihre Möglichkeiten waren hoffnungslos eingeschränkt. Sie konnten ausharren und abwarten, doch niemand wusste, worauf sie warten sollten. Zwar konnten sie sich an die Oberfläche begeben und kämpfen, doch was sollte das bringen?
    Welchen Zweck hatten offener Raum und frische Luft für das Militär? Die Seuche hing immer noch schwer in der kontaminierten Luft. Jeder Soldat und Offizier wusste, dass nur ein Atemzug mit großer Wahrscheinlichkeit ausreichen würde, um sie zu töten. Auch den Überlebenden, die gegen die Seuche immun waren und sich bei ihnen verbargen, war bewusst, dass sie bei einer derartigen Konfrontation nicht besser abschneiden würden. Jeder Versuch, die Leichen zu beseitigen, die sich über der Basis befanden, mochte vielleicht kurzzeitig erfolgreich sein, doch die Geräusche und Bewegungen, die diese Arbeit mit sich bringen musste, würde zweifelsohne Abertausende weitere Kadaver näher zu ihrer Unterkunft locken.
    Unter der Oberfläche waren die Überlebenden und das Militär dazu gezwungen, abgesondert voneinander zu verharren. Der Stützpunkt war einigermaßen gut ausgerüstet und technologisch fortschrittlich. Da er konstruiert worden war, um die zu erwartenden Folgeerscheinungen chemischer, atomarer oder biologischer Angriffe bewältigen zu können, war die – durch die unterirdischen Ebenen
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