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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Jürgen wieder hoch, wobei seine Gelenke laut knackten. »Ich will es nämlich nach dem Konzert öffentlich machen! Das wäre doch eine tolle Gelegenheit!« Wieder klammerte er sich an meinen Arm. »Ich komme mit den Luftballons auf die Bühne und … Lotta, jetzt sag doch was! Die Sparkasse und die Musikschule sind Partner! In Liebe vereint! Die Leute WARTEN darauf! Es macht wirklich einen besseren Eindruck, wenn wir verheiratet sind! Das ist solide, und dann vertrauen die Leute uns auch ihre Bausparverträge an! Und jetzt um Weihnachten können wir noch eine Menge davon abschließen! Der Saal ist voller Großeltern, und die schenken so was!«
    Ein vertrautes Gefühl von Resignation machte sich in mir breit. Wieso prickelte es einfach nicht, wenn ich von Jürgen einen Heiratsantrag bekam? Wir hatten drei entzückende Kinder, Paul und die Zwillinge Stella und Luna, die das Schicksal uns als Zugabe beschert hatte. Wir kamen miteinander aus und konnten uns aufeinander verlassen. Zu Hause im Borkenkäferweg unterstützte mich meine Mutter, die früher eine Haushaltsschule geleitet hatte und sich auf diese Weise selbstverwirklichen konnte. Außerdem hatten wir neuerdings einen Au-pair-Jungen aus Südafrika. Er hieß Caspar. Warum sollten wir das ändern? Ich meine, besser konnte es nicht werden. Nur schlechter! Wie oft hört man von Leuten, die zusammen einigermaßen glücklich waren, bis sie auf die dämliche Idee kamen, zu heiraten? Kurz darauf trennen sie sich meist, und dann geht das Elend los. Jäh zog ich die Notbremse.
    »Jürgen, wir sind doch schon zusammen! Und ich bin doch auch irgendwie deine Frau seit acht Jahren. So wie es ist, läuft es doch prima!«
    Und doch wollte ich mir ein letztes Zipfelchen Freiheit bewahren. Nicht, dass ich auf jemand anderen wartete, nein, Blödsinn! Wer sollte denn da schon kommen. Aber es MUSSTE doch einfach nicht sein. Man soll an seinem Glück nicht rütteln. Schließlich waren wir ein modernes Paar, jeder mit einem eigenständigen Beruf und Einkommen. Man muss sich doch nicht gegenseitig als Versorgungsinstitut betrachten! Außerdem platzte meine Blase gerade vor Aufregung. Ich schielte zur erbarmungslos tickenden Uhr an der Wand hinüber. Ein kurzer Einkehrschwung zum Panik-WC musste noch drin sein, bevor ich auf die Bühne eilte! Hach, dass Jürgen das auch nie kapierte! Er kannte mich doch nun schon so lange! Ich suchte ihn doch auch nicht in seinem Sparkassensitzungssaal auf und nötigte ihn vor seinen Kunden, mich zu heiraten!
    Ich bemühte mich, gefasst zu bleiben. »Jürgen, das ist wirklich rührend von dir, aber ich finde nicht, dass wir anderen zuliebe heiraten sollten! Auch das Wort ›solide‹ haut mich jetzt nicht gerade vom Hocker.« Ich wollte nicht solide sein. Schnürschuhe sind solide. Ich fing seinen betroffenen Blick auf. Er war wirklich furchtbar enttäuscht. »Tut mir schrecklich leid«, sagte ich so zerknirscht wie möglich. »Aber ich habe jetzt dafür einfach keinen Kopf!« Meine Hände zitterten, als ich ihm tröstend über die kratzige Wange strich. »Vielleicht ein andermal.«
    »Du hältst dir ein Hintertürchen offen!« Jürgens Augen füllten sich mit Tränen. »Hast du mich denn gar nicht ein bisschen gern?!«
    Oh Gott, nicht schon wieder. Nicht JETZT! Ich merkte, wie ich gereizt wurde, ohne es zu wollen. Ich HATTE ihn gern. Er war mein Lebensgefährte. NATÜRLICH hatte ich ihn gern! Ohne ein bisschen Gernhaben kriegt man ja auch keine drei Kinder. Aber ich wollte ihn nicht heiraten, jedenfalls nicht jetzt. Und schon gar nicht den Einwohnern von Heilewelt zuliebe.
    »Bitte, Jürgen!«, stieß ich schließlich hervor. »Wir besprechen das alles später«, beschwor ich ihn, als ich schon wieder kräftige Männerschritte vor der Tür hörte. Wenn das jetzt der Bäckermeister war, der wollte, dass ich seine Vicki vermarktete, dann …
    Es klopfte kurz und kräftig an die Tür. Wenn Jürgen mich doch wenigstens vor diesem Kerl beschützen würde! Aber er klammerte sich bloß verletzt an seine Luftballons.
    Es klopfte eindringlicher.
    »Herein!«, stieß ich drohend hervor.
    Es war jedoch Christian Meran in Frack und Fliege, der seinen Kopf zur Tür hereinstreckte. Als er sah, dass ich wieder mal nicht allein war, sagte er schnell: »Oh, Entschuldigung, ich wollte nicht stören.«
    »Sie stören doch nicht«, rief ich fast erleichtert aus. »Darf ich vorstellen? Herr Meran, mein … äh, also DER Soloflötist von den Wiener Philharmonikern … Und
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