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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf
Autoren: Tom Sharpe
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aufstieg und sich die zwei Posten auf Eva stürzten, rannte der Lieutenant nach Luft schnappend in das Wachgebäude und nahm das hämische Mädchengekicher hinter sich nur dumpf wahr. In seinen Ohren klang es teuflisch. Halb erstickt stolperte er ins Büro und drückte den Alarmknopf. »Hört sich fast so an, als hätten wir noch ein anderes Problem«, sagte Colonel Urwin, als die Sirenen zu heulen begannen.
    »Lassen Sie mich aus dem Spiel«, sagte Wilt. »Ich habe meine eigenen Probleme, etwa, wie ich meiner Frau erklären soll, wo zum Teufel ich die letzten was weiß ich wieviel Tage gesteckt habe.«
    Aber der Colonel telefonierte bereits mit der Wache. Er hörte kurz zu und wandte sich dann an Wilt. »Ist Ihre Frau ein fettes Weib mit vier Töchtern?«
    »So könnte man es wohl ausdrücken«, entgegnete Wilt, »obwohl ich an Ihrer Stelle das ›fett‹ lieber weglassen würde, falls Sie ihr begegnen. Aber warum fragen Sie?«
    »Weil das der Grund für den plötzlichen Alarm ist«, sagte der Colonel und hob den Hörer wieder ans Ohr. »Halten Sie alle ... Was soll das heißen, Sie können nicht? Sie ist nicht ... O Gott ... Ja, schon gut. Und stellen Sie diese Scheißsirenen ab.« Dann trat eine Pause ein, in der der Colonel den Hörer vom Ohr weghielt und Wilt anstarrte. Jetzt, wo die Sirenen schwiegen, waren Evas schrille Forderungen deutlich hörbar.
    »Geben Sie mir meinen Mann zurück«, brüllte sie, »und nehmen Sie Ihre dreckigen Pfoten weg ... Und wenn Sie sich diesen Kindern auch nur einen Schritt nähern ...« Der Colonel legte den Hörer auf die Gabel.
    »Eva ist eine sehr resolute Frau«, erklärte Wilt. »Den Eindruck habe ich auch«, sagte der Colonel, »aber ich möchte bloß wissen, was sie hier zu suchen hat.«
    »Wie es sich anhört, sucht sie mich.«
    »Allerdings haben Sie uns doch erklärt, sie wüßte nicht, daß Sie hier sind. Wie kommt es dann, daß sie da draußen wie eine Verrückte herumtobt und ...« Captain Fortune war hereingekommen.
    »Ich glaube, Sie sollten wissen, daß der General an der Strippe ist«, verkündete er. »Will wissen, was hier los ist.«
    »Und er glaubt wohl, daß ich es wüßte«, erwiderte der Colonel bitter.
    »Irgend jemand muß doch Bescheid wissen.«
    »Der da zum Beispiel«, sagte der Colonel und deutete auf Wilt, »aber der redet nicht.«
    »Aber nur, weil ich keine Ahnung habe«, sagte Wilt mit wachsendem Selbstvertrauen. »Und ohne übermäßig belehrend wirken zu wollen, würde ich meinen, daß niemand auf der ganzen weiten Welt weiß, was zum Teufel irgendwo los ist. Die halbe Weltbevölkerung verhungert, und die überfütterte Hälfte hegt beschissene Todessehnsüchte und ...«
    »Gütiger Gott«, seufzte der Colonel und faßte einen plötzlichen Entschluß. »Wir schaffen diesen Bastard raus. Sofort.«
    Wilt war aufgesprungen. Er hatte zu viele amerikanische Filme gesehen, um nicht zwiespältige Gefühle gegenüber dem »Rausgeschafftwerden« zu haben. »O nein, das werden Sie nicht«, sagte er und wich an die Wand zurück. »Und den Bastard können Sie sich auch sparen. Ich habe absolut nichts mit diesem verfluchten Irrenhaus hier zu tun, und außerdem muß ich an meine Familie denken.«
    Resigniert betrachtete Colonel Urwin sein Poster. Nicht zu Unrecht hatte er bei den Briten verborgene Abgründe vermutet, die er nie begreifen würde. Kein Wunder, daß die Franzosen vom »perfiden Albion« sprachen. Die Hunde benahmen sich immer so, wie man es am wenigsten erwartete. Aber zunächst mußte er sich eine Erklärung einfallen lassen, die den General zufriedenstellen würde. »Sagen Sie einfach, wir hätten da ein rein internes Problem«, wies er den Captain an, »und jagen Sie Glaushof raus. Die Sicherheit des Stützpunkts ist sein Bier.« Doch bevor der Captain den Raum verlassen konnte, griff Wilt erneut ein. »Wenn Sie diesen Verrückten auch nur in die Nähe meiner Kinder lassen, dann gibt’s Tote«, schrie er. »Ich werde nicht zulassen, daß man sie auch noch mit Gas vergiftet.«
    »Wenn dem so ist, dann kommen Sie besser schnell Ihrer elterlichen Aufsichtspflicht nach«, sagte der Colonel grimmig und wandte sich zur Tür.

Kapitel 23
    Als sie den Parkplatz am Tor erreichten, war klar, daß die Situation bereits völlig aus den Fugen geraten war. Im Zuge der völlig unnötigen Bemühungen, ihre Mutter vor den Wachen zu retten – den einen hatte Eva bereits mit einem Kniehaken in den Unterleib zu Boden gestreckt, den sie in einem Abendkursus
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