Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
für Vergewaltigungsvorbeugung gelernt hatte –, hatten die Vierlinge den Wiltschen Wagen verlassen und den zweiten Wachposten außer Gefecht gesetzt, indem sie ihm Pfeffer in die Augen streuten. Danach hatten sie das Wachgebäude besetzt und hielten den Lieutenant als Geisel drinnen fest. Da er sich die Uniform vom Leib gerissen hatte, um den Ammoniakdämpfen zu entgehen, und die Vierlinge seinen Revolver und die der Wachen, die sich draußen auf der Erde wälzten, an sich genommen hatten, war es ihnen gelungen, sich noch wirkungsvoller im Wachgebäude zu verschanzen, indem sie den Fahrer eines Tanklasters, der den Fehler begangen hatte, bis an den Schlagbaum heranzufahren, mit vorgehaltener Waffe dazu zwangen, mehrere hundert Gallonen Heizöl auf die Straße auslaufen zu lassen, bevor er vorsichtig in den Stützpunkt einfahren durfte.
    Selbst Eva war über das Ergebnis entsetzt. Nachdem sich das Zeug bereits auf dem Asphalt befand, war Lieutenant Harah etwas zu schnell in seinem Jeep herangebraust und hatte zu bremsen versucht. Jetzt hing der Jeep im Maschendraht des Umgrenzungszauns, und Lieutenant Harah schrie, nachdem er mühsam herausgekrochen war, nach Verstärkung. »Wir haben hier eine echte Infiltrationssituation«, bellte er in sein Walkie- Talkie. »Eine Horde linksgerichteter Terroristen hält das Wachgebäude besetzt.«
    »Das sind keine Terroristen, sondern nur kleine Mädchen«schrie Eva von drinnen, doch ihre Worte wurden von der Alarmsirene erstickt, die Samantha in Betrieb gesetzt hatte. Draußen auf der Straße hatte sich Mavis Mottrams Busladung von ›Müttern gegen die Bombe‹ in einer Reihe aufgestellt, sich mit Handschellen aneinander und rechts und links vom Einfahrtstor festgekettet. In dieser Aufstellung tanzten sie vor drei Fernsehkameras und einem Dutzend Fotografen eine Art Can-Can und sangen dazu »Schluß mit dem Wettrüsten, rettet die Menschen«.
    Über ihren Köpfen schwebte ein riesiger, höchst bemerkenswerter Ballon. Er hatte die Form eines erigierten Penis, war von Venen durchzogen und trug auf gegenüberliegenden Seiten die etwas widersprüchlichen Slogans ›Babys statt Bomber‹ und ›Fickt euch selbst!‹ Während Wilt und Colonel Urwin das sanft in der Brise schaukelnde Ungetüm betrachteten, streifte es in technisch verblüffender Weise seine bescheidenen menschlichen Merkmale in Gestalt einer riesigen Plastikvorhaut ab und verwandelte sich in eine gigantische Rakete.
    »Das wird den alten B52 den Kopf kosten«, murmelte der Colonel, der sich gerade noch an dem Schauspiel ergötzt hatte, das der ölgetränkte Lieutenant Harah bei seinem Versuch, auf die Beine zu kommen, bot. »Ich könnte mir vorstellen, daß der Präsident auch nicht sonderlich begeistert ist. Die vielen Kameras werden schon dafür sorgen, daß dieser Scheißphallus in sämtlichen Nachrichtensendungen zu sehen sein wird.« Ein Feuerwehrfahrzeug schoß um die Ecke und an ihnen vorbei, gefolgt von einem Jeep mit einem gelblichgraugesichtigen Major Glaushof, der den rechten Arm in der Schlinge trug.
    »Um Himmels willen«, sagte Captain Fortune, »wenn der Feuerwehrwagen auf die Öllache gerät, dann haben wir da draußen dreißig Mütterleichen.«
    Aber das Fahrzeug stand bereits, und Männer rollten die Schläuche ab. Hinter ihnen und der Menschenkette waren Inspektor Hodge und Sergeant Runk vorgefahren und starrten fassungslos auf das Spektakel. Die Frauen schleuderten noch immer die Beine in die Luft und sangen aus vollem Hals, die Feuerwehrleute hatten angefangen, Schaum auf das Öl und Lieutenant Harah zu sprühen, während Glaushof mit einer Hand wilde Gesten vollführte, die den Männern vom Anti-Peripherie- Penetrations-Trupp galten, welche sich in unmittelbarer Nähe der Bomben-Mütter formiert hatten und Anstalten machten, mit Kanistern voller Agenten-Ex auf sie loszugehen. »Aufhören, verdammte Scheiße!« brüllte Glaushof, doch die Alarmsirene übertönte seine Worte. Als die Kanister zu Füßen der Menschenkette auf die Straße krachten, schloß Colonel Urwin die Augen. Er wußte zwar definitiv, daß Glaushof damit erledigt war, aber auch seine eigene Karriere war in Gefahr. »Wir müssen diese verfluchten Kinder da rausholen, bevor die Kameras auf sie schwenken«, bellte er Captain Fortune an. »Gehen Sie rein und holen Sie sie.«
    Der Captain schaute auf den Schaum, das Öl und die Gaswolke. Mehrere Bomben-Mütter waren bereits zu Boden gesunken, und Samantha hatte das Risiko, sich dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher