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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf
Autoren: Tom Sharpe
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jenen glücklichen Tagen träumen konnte, als seine B 52 den unbesiedelten Dschungel Vietnams unter Beschuß genommen hatte. Colonel Urwin war nach Washington in einen von Katzen überschwemmten Garten zurückgekehrt, wo er mit Hingabe duftende Narzissen züchtete und seine erhebliche Intelligenz der Frage nach der Verbesserung der angloamerikanischen Beziehungen widmete.
    Am meisten gelitten hatte Glaushof. Man hatte ihn in das abgeschiedenste und radioaktivste Testgelände in Nevada geflogen und ihm Aufgaben übertragen, bei denen seine eigene Sicherheit ständig in Gefahr war und seine alleinige Verantwortung darstellte. »Allein« war dabei das entscheidende Wort. Mona Glaushof war mit Lieutenant Harah im Schlepptau nach Reno abgedampft, um sich scheiden zu lassen, und lebte jetzt in Texas bequem von seinen Unterhaltszahlungen. Das war doch was anderes als das naßkalte Fenland; hier schien den ganzen Tag die Sonne.
    Sie schien auch auf die Oakhurst Avenue 45 und Eva, die im Haus herumwerkelte und überlegte, was sie zum Abendessen kochen sollte. Es war schön, Henry wieder zu Hause zu haben, und irgendwie trat er jetzt auch bestimmter auf als zuvor. Vielleicht, dachte sie, als sie die Treppe saugte, sollten wir in diesem Sommer ein oder zwei Wochen ganz allein wegfahren. Und ihre Gedanken wanderten an die Costa Brava. Doch dieses Problem hatte Wilt bereits gelöst. Er saß mit Peter Braintree in der Katze im Sack. »Nach allem, was ich dieses Semester durchgemacht habe, denke ich nicht daran, mir den Sommer auf irgendeinem stinkenden Campingplatz von den Vierlingen verpatzen zu lassen«, sagte er fröhlich. »Ich habe schon andere Vorkehrungen getroffen. In Wales gibt es so eine Abenteuerschule, in der sie klettern, reiten und tauchen können. Da sollen sie sich in der freien Natur und am Begleitpersonal richtig austoben. Ich habe ein Cottage in Dorset gemietet und werde da runterfahren, um wieder mal Jude The Obscure zu lesen.« »Scheint mir ein ziemlich trübsinniges Buch für einen Urlaub.«
    »Ein heilsames«, sagte Wilt. »Ein hübsches Memento, daß die Welt von jeher ein verrückter Ort gewesen ist und daß es uns, die wir an der Berufsschule unterrichten, so schlecht nicht geht. Außerdem räumt es gründlich mit der Vorstellung auf, man könne mit intellektuellem Streben alles erreichen.«
    »Da wir gerade vom Streben reden«, sagte Braintree, »was um Himmels willen wirst du mit dem Geld anfangen, das dieser verrückte Philanthrop deiner Abteilung für Bücher in den Rachen geworfen hat?«
    Wilt lächelte in sein Glas. »Verrückte Philanthropen« paßte hervorragend auf die Amerikaner mit ihren Luftwaffenstützpunkten, Nuklearwaffen und ihren gebildeten Idioten im Auswärtigen Amt, die davon ausgingen, daß selbst der untüchtigste liberale Menschenfreund ein blutrünstiger Stalinist und Mitglied des KGB sein mußte – und die dann ordentlich blechten, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.
    »Also, erst mal werde ich Inspektor Flint zweihundert Exemplare von Herr der Fliegen schenken«, sagte er schließlich.
    »Flint? Warum ausgerechnet ihm? Was soll der denn mit den verdammten Dingern anfangen?«
    »Schließlich war er derjenige, der Eva gesagt hat, ich sei draußen in ...« Wilt hielt inne. Es wäre unsinnig gewesen, die Schweigepflicht zu verletzen. »Das ist der Preis«, fuhr er fort, »für den Bullen, der den Phantomblitzer verhaftet. Scheint mir ein angemessener Titel.«
    »Das kann man wohl sagen«, meinte Braintree. »Trotzdem sind zweihundert Exemplare doch etwas unangemessen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein auch noch so gebildeter Polizist zweihundert Exemplare desselben Buches lesen mag.«
    »Er kann sie jederzeit an die armen Kerle draußen am Stützpunkt verteilen. Muß schon die Hölle sein, mit dieser Mavis Mottram fertigzuwerden. Nicht, daß ich ihre Ansichten nicht teilen würde, aber das verdammte Weib hat eindeutig eine Macke.«
    »Trotzdem mußt du doch noch eine Unmenge anderer Bücher kaufen«, sagte Braintree. »Ich meine, für mich wäre das gut und schön, weil die Englischabteilung Bücher braucht, aber ich hätte nicht geglaubt, daß Kommunikative Techniken und ...«
    »Nimm diesen Unfug nie wieder in den Mund. Ich werde zu › Allgemeinbildung‹ zurückkehren, und zum Teufel mit diesem ganzen verdammten Jargon. Und wenn es Mayfield und dem Rest der sozio-ökonomischen Strukturapostel nicht gefällt, dann können sie mich mal. Von jetzt an mache ich,
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