Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl
Autoren: Bärbel Böcker
Vom Netzwerk:
ruhig. Auf Zehenspitzen schlichen sie ins Büro. Der Lichtkegel der Taschenlampe fiel auf einen wuchtigen Schreibtisch, der mitten im Raum stand. Während Eddie die Lampe hielt, blätterte Florian durch verschiedene Papiere, überwiegend Rechnungen. In einer weiteren Schublade fand er Briefmarken, einen Firmenstempel sowie Stifte und Büroklammern und eine kleine grüne Geldkasse, die jedoch verschlossen war.
    »Da sind bestimmt die dicken Scheine drin«, sagte Eddie leise.
    »Glaube ich nicht. Der ist eher arm wie eine Kirchenmaus.« Er hatte mit Janas Hilfe Schäfers Konten gecheckt und Florian wusste, wovon er sprach. Nach wenigen Minuten bückte er sich und öffnete die unterste Schublade. »Das ist er.« Er zog rasch einen flachen Ordner heraus. »Leuchte mal hierher. Ich glaube, da ist der Vertrag, den ich gesucht habe.« Seine Stimme klang aufgeregt.
    Der runde Lichtkreis der Taschenlampe erhellte das Schriftstück.
    »Volltreffer.« Florian vertiefte sich in den Text. »›Agrotecc‹ zahlt Schäfer und Dr. Barbara Weidner eine Aufwandsentschädigung, wenn sie sich dazu verpflichten, gentechnologisch veränderte Reben mindestens drei Jahre lang zu Versuchszwecken anzubauen und für den Pflanzenschutz Pestizide von ›Agrotecc‹ abzunehmen.« Er sah Eddie an. »Allerdings ist der Vertrieb des Weins so lange untersagt, bis entsprechende Gesetze es erlauben.«
    »Saubande!«, stieß Eddie hervor.
    »Fotografier das mal.« Florian deutete auf die entsprechende Seite und Eddie drückte ihm die Taschenlampe in die Hand, um seinen Fotoapparat besser auspacken zu können.
    »Barbara Weidner und Schäfer sind also tatsächlich Geschäftspartner«, sagte Florian und spürte plötzlich an seiner Schläfe einen eiskalten Druck. Es fühlte sich an wie der Lauf einer Pistole.
    »Danke fürs Suchen«, flüsterte eine aalglatte Stimme.
    Florian versuchte, zur Seite zu sehen, seine Knie fingen an zu zittern.
    »Mit dem Gesicht an die Wand, alle beide.«
    Sie taten, wie ihnen befohlen wurde. Florians Blick fiel auf ein Paar halbhohe Militärstiefel mit grünen Schnürsenkeln. Er glaubte, sein Herz bliebe jeden Moment stehen. Neben ihm stand der Mann, der ihn überfallen hatte.
    »Hände hoch.« Diese Aufforderung galt Eddie. Der Fremde hieb ihm in die Rippen, aber über Eddies Lippen kam kein Laut. Florian registrierte, dass der Mann mit slawischem Akzent sprach. Vorsichtig drehte er den Kopf, aber eine Sekunde später schon spürte er, wie sich die Pistole erneut mit schmerzhaftem Druck in seine Schläfe bohrte. Daraufhin vernahm er ein Klicken, das sich anhörte, als sei die Pistole gerade entsichert worden. Sein Herz schlug bis zum Hals. Seine Augen brannten, und sein Mund war staubtrocken. Plötzlich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf: Wenn ich schon sterben muss, dann wenigstens nicht, ohne zu kämpfen. Unwillkürlich spannte er die Muskeln, eine tiefe Wut überkam ihn, und er war drauf und dran, dem Fremden an die Kehle zu gehen. Doch genau in diesem Moment hörte er draußen lautes Bellen und eilige Schritte. Der Druck der Pistole an seiner Schläfe ließ nach.
    »Ist da jemand? Emma, such!«
    Das war Schäfer. Florian atmete auf. Der Mann ließ von ihm ab und schlich mit erhobener Pistole zum Fenster. Schäfer stand, ein Jagdgewehr in der Hand, kurz davor. Sein Hund schnüffelte hektisch über das Pflaster.
    Florian fühlte sich unbeobachtet. Er tastete nach seiner Pistole, entsicherte sie vorsichtig, und dann drehte er sich um und schoss. Einmal, zweimal. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn. Plötzlich schoss jemand durchs Fenster, ein anderer schoss durch die Tür. Herein stürmte Marco Rössner, gefolgt von weiteren Polizisten. Den Überraschungsmoment nutzend, preschten sie nach vorn, aber dem Fremden gelang es, ihnen zu entwischen.
    Rössner heftete sich an seine Fersen. Weitere Schüsse fielen. Florian spähte hinaus, er sah, wie der Hund zähnefletschend hinter dem Fremden her rannte, der drehte sich um und zielte, dabei verfehlte er Rössner nur knapp.
    Florian sah, wie der Hund den Mann zu Fall brachte und sich wütend in ihn verbiss. Laute Schreie gellten über den Hof. Rössner rief nach Schäfer, der seine Hündin mit Mühe von dem Mann wegzerrte. Rössner legte dem Mann Handschellen an.
    Florian lehnte sich an die Wand und atmete tief durch. Es war vorbei. Nach einem Moment packte er Eddie, der am Arm blutete, und wankte mit ihm nach draußen.
    »Wenn wir Sie nicht observiert hätten, wären Sie jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher