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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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Aus einem Bericht über den Tod John Dillingers
    Als es auf Weihnachten zuging, legte sich der ganze Trubel, und die Angels verschwanden aus den Schlagzeilen. Tiny verlor seinen Job, Sonny wurde unter der Anklage des versuchten Mordes vor Gericht gestellt, 59 und das El Adobe fiel der Abrissbirne zum Opfer. Die Angels ließen
sich von einer Kneipe zur nächsten treiben und stellten fest, dass es schwieriger war, einen geeigneten neuen Treff zu finden, als einen alten zu erhalten. Auch in San Francisco war nicht viel los. Frenchy verbrachte drei Monate im General Hospital, nachdem ihm ein Benzinkanister explodiert war, und Puff wanderte nach einer Auseinandersetzung mit zwei Polizisten, die auf der Geburtstagsparty eines Angels eine Razzia durchgeführt hatten, in den Knast. Im Winter läuft bei den Outlaws meistens nicht viel. Eine ganze Reihe von ihnen müssen arbeiten, um im nächsten Sommer wieder Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben; es ist zu kalt für große Partys im Freien, und der ewige Regen macht das Motorradfahren unbehaglich und riskant.
    Dies schien mir der rechte Augenblick, mal etwas Arbeit zu erledigen, und ich setzte mich aus dem Kreis der Outlaws ab. Terry kam gelegentlich vorbei, um mich auf dem Laufenden zu halten. Eines Tages tauchte er mit gebrochenem Arm auf und erzählte, er habe sein Motorrad zu Schrott gefahren, seine Frau habe ihn verlassen, und die Nigger hätten sein Haus in die Luft gejagt. Von der Sache mit dem Haus hatte ich bereits von Bargers Frau Elsie erfahren, die in ihrem Haus in Oakland die Kommunikationszentrale leitete. Während einer der immer wieder aufflackernden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Angels und den Schwarzen von Oakland hatte jemand eine selbst gebaute Bombe durch ein Fenster des Hauses geworfen, das Terry in East Oakland zur Miete bewohnte. Das Haus brannte nieder, und sämtliche Gemälde Marilyns wurden ein Raub der Flammen. Sie war ein hübsches junges Ding von etwa neunzehn Jahren, hatte langes blondes Haar und stammte aus einer angesehenen Familie aus dem Valley. Sie hatte fast ein
halbes Jahr lang mit Terry zusammengelebt und die Wände des Hauses mit ihren Kunstwerken geschmückt, aber auf Bomben stand sie nicht so. Also trennte sie sich von ihm, kurz nachdem sie in eine andere Wohnung gezogen waren. »Als ich eines Nachts nach Hause kam, war sie weg«, erzählte Terry. »Sie hat mir nur einen Zettel hinterlassen: ›Lieber Terry, fick dich ins Knie.‹ Und das war’s dann.«
    Bis zum Januar geschah weiter nichts, und dann biss Mother Miles ins Gras. Er fuhr auf seinem Bike durch Berkeley, als aus einer Seitenstraße ein Pickup kam und frontal mit ihm zusammenstieß. Mother Miles brach sich beide Beine, und sein Schädel wurde zertrümmert. Er lag sechs Tage lang im Koma und starb schließlich an einem Sonntagmorgen, keine vierundzwanzig Stunden vor seinem dreißigsten Geburtstag. Er hinterließ eine Frau, zwei Kinder und seine Bikerfreundin Ann.
    Miles war Präsident des Sacramento-Chapters gewesen. Sein Einfluss war so groß, dass er 1965 mit dem kompletten Club nach Oakland zog, weil die Polizei ihnen in Sacramento mit ihren ewigen Schikanen das Leben zur Hölle gemacht hatte. Die Outlaws packten einfach zusammen und zogen um, ohne Miles Entscheidung anzuzweifeln. In Wirklichkeit hieß er James, aber die Angels nannten ihn Mother.
    »Ich schätze mal, das kam daher, weil er sowas Mütterliches hatte«, sagte Gut. »Miles war großartig. Er hat sich um alle gekümmert. Er hat sich immer Sorgen gemacht. Und du konntest dich immer auf ihn verlassen.«
    Ich kannte Miles gut, auch wenn er sich mir gegenüber zunächst distanziert verhielt. Er traute Schreibern nicht über den Weg, hatte aber nichts Bösartiges an sich, und nachdem er sich zu der Überzeugung durchgerungen hatte,
dass ich nicht darauf aus war, ihn irgendwo einbuchten zu lassen, taute er auf und behandelte mich freundlich. Er war gebaut wie ein schmerbäuchiger Möbelpacker, hatte ein rundes Gesicht und einen buschigen Vollbart. Als gefährlichen Schläger habe ich ihn nie empfunden. Er hatte die übliche Polizeiakte eines Hell’s Angels: Alkohol am Steuer, Erregung öffentlichen Ärgernisses, Körperverletzung, Landstreicherei, Herumtreiben mit gesetzeswidriger Absicht, einfacher Diebstahl und eine Hand voll ominöser Anschuldigungen, die nie vor Gericht verhandelt wurden. Aber ihn plagten nicht die Dämonen, die einigen anderen Outlaws keine Ruhe lassen. Er war zwar nicht
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