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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition)
Autoren: Hunter S. Thompson
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wie dieses Spektakel auf die Dutzenden Spätsommertouristen aus anderen Bundesstaaten gewirkt haben mag, die rechts ranfuhren, um die Kolonne vorbeizulassen. Wegen der Nähe zu dem Heeresstützpunkt glaubten sie bestimmt, sie würden einer Panzerkolonne Platz machen oder wenigstens etwas Beeindruckendem, Militärischem – um dann zu sehen, wie da ein Heer von Bikern die Straße hinabgescheucht wurde wie eine Herde kranker Schafe – oh, was für ein Albtraum für die kalifornische Industrie-und Handelskammer.
    An der Countygrenze am Highway 101 sprach ein Reporter des San Francisco Chronicle mit Tommy und einem weiteren Angel namens Tiny, »Winzling«, einem 1,98 großen, 110 Kilo schweren Outlaw mit schulterlangem Pferdeschwanz, der später landesweit Berühmtheit erlangte, als er in Berkeley auf Vietnamkriegsdemonstranten losging.
    »Wir sind ganz normale Leute«, sagte Tommy. »Die meisten von uns haben einen Job. Etwa die Hälfte sind verheiratet, glaube ich, und ein paar von uns haben sogar ein Eigenheim. Bloß weil wir gern Motorrad fahren, machen die Bullen überall, wohin wir kommen, Stunk. Diese Vergewaltigungsvorwürfe sind an den Haaren herbeigezogen, damit kommen die nicht durch. Das geschah alles freiwillig.«
    »Unser Kautionsbürge hat die Jungs in zwei Stunden wieder raus«, sagte Tiny. »Wieso können uns die Leute nicht in Ruhe lassen? Wir wollen uns doch bloß ab und zu treffen und unseren Spaß haben – genau wie die Freimaurer und alle anderen Gruppen auch.«
    Doch die Druckerpressen liefen bereits, und die acht Spalten breite Schlagzeile lautete: GRUPPENVERGEWALTIGUNG DURCH HELL’S ANGELS. Derartige Publicity hatten die Freimaurer seit dem 18. Jahrhundert nicht mehr gehabt, als Casanova mit seinen Eskapaden den Ruf der Bruderschaft befleckte. Vielleicht werden die Angels den Freimaurern eines Tages in die bourgeoise Senilität folgen, aber dann wird bereits irgendeine andere Gruppe für krasse Schlagzeilen sorgen: eine Hovercraft-Gang oder vielleicht ein ehemals langweilige Bruderschaft, die sich jetzt bereits für all das rüstet, was die Zukunft ihr auferlegen mag.
    Wohin entwickelt sich eigentlich Kiwanis? In Oakland munkelt man von einer neuen Militanz in dieser Organisation, von einem radikalen Gärprozess, der das Image des Vereins drastisch verändern könnte. In diesen in stetem Wandel begriffenen Zeiten fällt es leicht, sich einen Sonntagmorgen in zehn oder zwanzig Jahren vorzustellen, an dem eine Gruppe von Männern mittleren Alters, die dunkle Blazer mit Hell’s-Angels-Emblem auf der Brusttasche tragen, in ihren mit Hypotheken belasteten Wohnzimmern auf und ab gehen und traurig angesichts einer Schlagzeile vor sich hin murmeln, die da lautet: GRUPPENVERGEWALTIGUNG DURCH KIWANIER. VIER FESTNAHMEN, WEITERE TÄTER FLÜCHTIG, FAHNDUNG NACH BANDENCHEFS.
    Und in einer schockierten Stadt irgendwo in den USA wiederholt ein Polizeichef die Worte, die der Polizeichef von Monterey 1964 über die Hell’s Angels sagte: »Die sind hier ab jetzt unerwünscht, wegen der Atmosphäre, die sie geschaffen haben.«

DIE ERSCHAFFUNG DER BEDROHUNG, 1965

2
    Die Tagespresse ist das Grundübel der modernen Welt; das wird sich im Laufe der Zeit mit immer größerer Deutlichkeit erweisen. Die Degenerationsfähigkeit der Presse kennt buchstäblich keine Grenzen, denn sie kann in der Wahl ihrer Leser immer noch tiefer sinken. Zuletzt wird sie jenen Abschaum der Menschheit aufpeitschen, den kein Staat und keine Regierung beherrschen kann. – Sören Kierkegaard, Tagebücher 1853–55
     
    Das Beste an den Angels ist, dass wir uns nie anlügen. Das gilt natürlich nicht für Außenstehende, denn Feuer müssen wir mit Feuer bekämpfen. Mann, die meisten Leute, die man trifft, erzählen einem über gar nichts die Wahrheit. – Zorro, der einzige brasilianische Hell’s Angel
     
    Das war alles Bestandteil der Tarnung. – Arthur Schlesinger auf die Frage, warum er die Presse mit einer erlogenen Erklärung für die Invasion in der Schweinebucht aufs Kreuz gelegt hatte.
    Politiker sind, wie Presseleute und Polizisten, ausgesprochen scharf auf Skandalgeschichten, und Senator Fred
Farr aus Monterey County ist da keine Ausnahme. Er ist in der Gegend um Carmel und Pebble Beach eine große Nummer und generell kein Freund von Rowdys und schon gar nicht von Gruppenvergewaltigern, die seinen Wahlkreis heimsuchen. Er reagierte schnell und lautstark auf die Schlagzeilen aus Monterey. Farr forderte, es sollten sofort
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