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Heldenplatz (German Edition)

Heldenplatz (German Edition)

Titel: Heldenplatz (German Edition)
Autoren: Thomas Bernhard
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Wahl
    was der Österreicher auch wählt
    es ist niederträchtig
    PROFESSOR LIEBIG  
    Es ist nur eine Frage der Zeit
    daß die Nazis wieder an der Macht sind
    alle Anzeichen sprechen dafür
    die Roten und die Schwarzen spielen alles den Nazis in die Hände
    PROFESSOR ROBERT  
    Da geschieht ja gerade das
    das ein Großteil der Österreicher will
    daß der Nationalsozialismus herrscht
    unter der Oberfläche ist ja der Nationalsozialismus
    schon längst wieder an der Macht
    HERR LANDAUER  
    Das Gespenst tritt aufeinmal als starker Mann
    über Nacht auf
    PROFESSOR ROBERT schaut auf den Heldenplat z
    Die Zukunft schon die nächste Zukunft Herr Landauer
    wird Ihnen recht geben
    Für mich persönlich ist das alles kein Problem
    auf dem Döblinger Friedhof nicht
    mein Bruder Josef kann von Glück reden
    daß ihm ein so spontaner Abgang gelungen ist
    Ich habe Selbstmörder immer bewundert
    ich habe nie gedacht daß mein Bruder dazu imstande sein könnte
    Ach wissen Sie das Leben ist tatsächlich eine Komödie
    deutet auf die herumstehenden Kisten und Koffer
    auf allen diesen Kisten und Koffern steht Oxford
    und alles kommt nach Neuhaus
    mein Bruder hat ja die Wohnung schon verkauft
    an einen persischen Geschäftsmann
    der in Istanbul lebt
    ich kenne die Summe nicht
    es ist mir auch gleichgültig wieviel der Perser bezahlt hat
    Der Bösendorfer ist schon nach Oxford vorausgeschickt
    per Schiff wie in alten Zeiten
    zu Anna
    Jetzt kannst du zusehen wie der Bösendorfer
    wieder nach Wien zurückkommt
    Deine Mutter hat nie gut gespielt
    dilettantische Klimperei
    die Ännchenarie aus dem Freischütz
    zu mehr hat es nicht gereicht
    aber vergessen wir nicht was sie zeitlebens
    für uns getan hat
    zu Professor Liebig und Herrn Landauer
    Zuerst glaubten wir alle
    es ist ein einmaliger Vorfall
    schließlich hat es sich zu einer chronischen Krankheit entwickelt
    beugt sich vor
    Sie hört seit Monaten wieder auf geradezu beängstigende Weise
    die Massen auf dem Heldenplatz schreien
    Sie wissen ja fünfzehnter März
    Hitler zieht auf dem Heldenplatz ein
    ANNA  
    In Neuhaus hat sie die Anfälle nicht
    PROFESSOR ROBERT  
    Medizinisch ganz leicht erklärbar
    aber nicht heilbar
    ANNA  
    Ich bin froh daß die Wohnung verkauft ist
    Die Wohnung hat uns kein Glück gebracht
    PROFESSOR ROBERT  
    Ich habe ja immer gesagt
    nicht in der Inneren Stadt wohnen
    die Fenster auf den Heldenplatz
    das ist ja Wahnsinn
    OLGA  
    Die Mutter wollte ja nicht in die Wohnung
    PROFESSOR ROBERT  
    Tiefsitzender Schock sozusagen
    sie hat sich mit Händen und Füßen
    gegen diese Wohnung gewehrt
    aber Josef war wie besessen davon
    Da habe ich nicht weit in die Universität
    Schon gleich wie sie eingezogen waren
    hatte sie schon am ersten Tag den ersten Anfall
    Eine Marotte ist gedacht worden
    denn eure Mutter war ja immer eine Theatralikerin
    aber es saß doch tief
    es war kein Theater
    Gerade sie die immer Theater gemacht hat
    schließlich ein chronischer Krankheitsprozeß
    Wie spät ist es denn
    OLGA  
    Drei Uhr
    FRAU ZITTEL tritt ein, stellt einen Glaskrug mit Wasser auf den Tisch und geht wieder hinaus
    PROFESSOR ROBERT  
    Frau Professor Liebig
    Sie kennen doch Karlsbad sehr gut
    Was halten Sie von einer Kur in Karlsbad
    FRAU LIEBIG  
    Ich bin fünfzig Jahre nicht mehr in Karlsbad gewesen
    PROFESSOR ROBERT  
    Aber Sie wissen doch wie es dort aussieht
    FRAU LIEBIG  
    Ich weiß wie es vor fünfzig Jahren in Karlsbad ausgesehen hat
    PROFESSOR ROBERT  
    Vor fünfzig Jahren natürlich
    wahrscheinlich schaut es jetzt in Karlsbad
    ganz anders aus
    ich war niemehr in der Tschechei
    Es soll sehr schöne Hotels geben in Karlsbad
    PROFESSOR LIEBIG  
    Nach Karlsbad kann man nicht gehen
    Mag sein die Hotels sind dieselben
    das Mauerwerk ist dasselbe
    aber die Atmosphäre ist heute unerträglich
    überall wo der Kommunismus herrscht
    PROFESSOR ROBERT  
    Wahrscheinlich wäre es auch ein Unsinn
    in meinem Alter nach Karlsbad zu fahren
    unter allen heutigen Umständen
    meine Eltern sind noch in fünf Stunden im Expreßzug
    von Wien nach Karlsbad gefahren
    Schlafwagen erster Klasse
    PROFESSOR LIEBIG  
    Ab sechzig eine Kur zu machen
    wenn man nie eine Kur gemacht hat
    ist völlig unsinnig
    Die Monarchie war auch kein Idealzustand
    Glauben Sie es wird jemals wieder so etwas
    wie eine österreichische Monarchie geben
    PROFESSOR ROBERT  
    Nein nie
    Es wird nichts mehr geben nichts
    PROFESSOR LIEBIG  
    Nichts
    PROFESSOR ROBERT  
    Nichts
    PROFESSOR LIEBIG  
    Wie hatten
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