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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas
Autoren: Deborah Powell
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rückwärts aus der Parklücke. Der
    Mann an der Hauswand winkte und lächelte. Ich winkte
    zurück. Dieses Gefühl war etwas, das eine Flasche dir
    nicht geben konnte. Es beruhigte mich, und ich lenkte
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    zur Caroline Street und rollte durch den Nebel bis zu
    Susie Nobles Haus.
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    11
    Ich mußte ein paar Blocks entfernt von Susies Haus der
    Freuden parken, denn es war Samstagnacht und
    Hochbetrieb, der Laden platzte aus allen Nähten. In der
    ohnehin sehr beliebten Bar spielte am Wochenende
    immer eine kleine Jazzband. Viele Leute kamen wegen
    der Huren, aber noch viel mehr kamen wegen der
    Musik und der Gesellschaft. Die River Oaks-Snobs
    fanden das Lokal schick, und ihre Frauen nannten es
    prickelnd aufregend. Viele genossen es, Freunde zu
    schockieren, indem sie beiläufig-lässig erwähnten, daß
    sie den Samstagabend in Begleitung bei Susie verbracht
    hätten.
    Ein hünenhafter Rausschmeißer namens Tiny öffnete
    mir die Tür, ein breites Lächeln im Gesicht, und nahm
    Anice an seine Brust. »Ah, du hast deinen Wachhund
    mitgebracht, Hollis.«
    »Klar doch. Hast du einen Tisch für uns, Tiny?«
    »Ich wette, daß sofort einer frei wird.«
    »Ich wette, daß du das schaffst, Tiny.«
    Er führte mich in die Bar, gab mir Anice zurück und
    ging zu einem Tisch, an dem zwei junge Männer
    Anfang dreißig saßen. Sie sahen aus, als hätten sie sich
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    nie
    von
    ihrer
    Zeit
    in
    der
    texanischen
    Studentenverbindung erholt. Sie erinnerten mich an
    Moskitos, trugen Abendkleidung mit weißen
    Krawatten,
    und
    ihre
    spitzen,
    weißen
    Blutsaugergesichter glänzten vor Sauberkeit und
    unwiderruflicher Seichtheit.
    Tiny lehnte sich vor und flüsterte etwas in ihre
    glänzenden rosa Öhrchen. Ihre Gesichter wurden trüb,
    und sie stritten mit ihm. Schwerer Fehler. Er packte sie
    am Kragen, schleifte sie zur Theke und setzte sie dort
    auf zwei Barhockern ab. Dann wandte er sich um, schob
    die Jackettärmel wieder über seine massiven Unterarme
    und rückte die Krawatte zurecht. Er lächelte und winkte
    mich an den Tisch. Als ich an den Moskitos vorbeikam,
    hörte ich einen sagen, sein Vater würde etwas
    unternehmen, sobald er erführe, »daß diese –«. Er
    senkte die Stimme, aber ich brauchte keine Hellseherin,
    um mir den Rest seines Satzes denken zu können. Der
    Barkeeper lehnte sich rüber und raunte ihnen etwas zu,
    woraufhin sie sehr still wurden.
    Ich setzte mich, und ein Kellner brachte einen
    Bourbon mit Wasser für mich und eine Schale Wasser
    für Anice, die auf meinem Schoß saß.
    Ein paar Minuten vergingen, bevor Susie im Eingang
    erschien, an meinen Tisch kam und sich niederließ. Sie
    sah besorgt aus.
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    »Was ist eigentlich los, Hollis? Lieutenant Brumfield
    war vorhin hier und sagte, Colette sei heute nachmittag
    ermordet worden. Er war reif für die Zwangsjacke,
    machte einen Mordsaufstand und drohte den Leuten
    alles mögliche an, wenn sie nicht redeten. Lieber
    Himmel, niemand hier weiß etwas. Er hat gedroht, den
    Laden dichtzumachen.«
    »Ja, er hat Sorgen. Hat er Darryl Wade erwähnt?«
    »Nicht ausdrücklich. Aber er hat gefragt, ob außer
    Joe noch andere Polizisten zu Colette kamen.«
    »Was hast du ihm erzählt?«
    »Die Wahrheit. Darryl Wade kam manchmal mit Joe
    zusammen, und gelegentlich rief er sie an. Warum?«
    Ich erzählte ihr, was passiert war und was ich daraus
    für Schlüsse zog. Ich wurde ruhiger. Der Whiskey tat
    seinen Teil dazu. Ich blieb, bis ich den Besuch bei Lily
    nicht länger aufschieben konnte. Ich sah dem Rest des
    Abends ohne Begeisterung entgegen. Ich schleppte
    mich nicht direkt zum Wagen, aber ich tanzte auch nicht
    gerade vor Freude.
    Vorsichtig fuhr ich durch die kalte, neblige Nacht,
    das Gefühl, Unrat zu riechen, nahm mit jedem Klicken
    des Kilometerzählers zu. Als ich die Einfahrt erreichte,
    schaltete ich die Scheinwerfer aus. Ich weiß nicht,
    warum ich das tat, aber ich tat es. Vielleicht war es
    einfach die uralte Schreckensvorstellung, daß alle
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    Hausbewohner hinter den Vorhängen lauern und gaffen
    und kichern und mit dem Finger auf dich zeigen.
    Auf jeden Fall rammte ich prompt das Heck eines
    anderen Wagens, der in der Auffahrt geparkt war, und
    vor meinen Augen tauchte das entsetzliche Bild auf, wie
    ich für den Rest meines Lebens jeden Gehaltsscheck
    gepfändet bekam, weil der verfluchte Packard davon
    wiederhergestellt werden mußte. Ich nahm die
    Taschenlampe aus dem Handschuhfach, um den
    Schaden zu inspizieren. Es gab keinen
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