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Heiße Beute

Heiße Beute

Titel: Heiße Beute
Autoren: Janet Evanovich
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Sie schnitt ein Stück Kuchen ab und stopfte es sich in den Mund, voller Wut. Mabel war nicht der Mensch, der sich leicht seinen Gefühlen hingab. Sie spülte den Kuchen mit Kaffee hinunter, der so stark war, dass er jeden Löffel wegätzte, wenn man ihn zu lange in der Tasse ließ. Niemals eine Einladung auf eine Tasse Kaffee von Mrs. Markowitz annehmen …
    »Sie wissen ja, dass Evelyns Ehe nicht funktionierte. Sie und Steven haben sich vor einiger Zeit scheiden lassen, das war ziemlich bitter«, sagte Mabel nach einer Weile.
    Evelyn ist Mabels Enkelin. Ich kenne sie mein Leben lang, aber enge Freundinnen sind wir nie geworden. Sie wohnte ein paar Straßen weiter, und sie ging auf eine katholische Schule. Nur an Sonntagen, wenn sie zum Essen zu Mabel nach Hause kam, kreuzten sich unsere Wege. Valerie und ich hatten ihr den Spitznamen »die Kichererbse« gegeben, weil sie über alles Mögliche lachte. Sie kam in ihrem Sonntagskleidchen rüber zu uns, und wir spielten Brettspiele; sie kicherte, wenn sie würfelte, sie kicherte, wenn sie ihre Spielfigur bewegte, und sie kicherte, wenn sie verlor. Sie bekam Grübchen von dem vielen Kichern. Und als sie älter wurde, gehörte sie zu den Mädchen, die von Jungen begehrt werden. Evelyn war weich und rund, sie hatte Grübchen und Temperament.
    Später sah ich Evelyn kaum noch, und als ich sie mal wieder traf, war von ihrem Temperament wenig übrig geblieben.
    Mabel presste die schmalen Lippen aufeinander. »Bei der Scheidung gab es viel Streit und böses Blut, so dass der Richter Evelyn eine von diesen neuartigen Vormundschaftsvereinbarungen gegen Kaution aufgenötigt hat. Ich glaube, er befürchtete, Evelyn würde Steven nicht zu Annie lassen. Jedenfalls hatte Evelyn nicht genug Geld als Sicherheit für die Vereinbarung. Das Geld, das Evelyn geerbt hat, als meine Tochter starb, hatte Steven an sich genommen, und er hat Evelyn nie was davon abgegeben. Evelyn war wie eine Gefangene in dem Haus in der Key Street. Ich bin fast die einzige Verwandte, die Evelyn und Annie noch haben, deswegen habe ich mein Haus als Sicherheitsleistung angeboten. Hätte ich das nicht gemacht, wäre Evelyn die Vormundschaft nicht zugesprochen worden.«
    Das alles war neu für mich. Von solchen Vormundschaftskautionen hatte ich noch nie gehört. Die Leute, die ich aufspürte, hatten ihre Haftkautionen verletzt.
    Mabel wischte das Tablett mit einem Lappen sauber und warf die Krümel in den Ausguss. Mabel konnte nie lange sitzen bleiben. »Alles lief bestens, bis letzte Woche, da kam eine Nachricht von Evelyn, sie und Annie würden für eine Weile weggehen. Erst habe ich mir nicht viel dabei gedacht, aber plötzlich sucht alle Welt Evelyn. Vor ein paar Tagen kam Steven hier vorbei, wurde laut und sagte schreckliche Dinge über Evelyn. Sie könne nicht einfach so abhauen, Annie von ihm fern halten und sie aus der Schule nehmen. Und er sagte, er würde sich auf die Vereinbarung berufen. Heute Morgen dann kam ein Anruf von dem Kautionsmakler, sie würden mein Haus pfänden, wenn ich ihnen nicht helfen würde, Annie wiederzufinden.«
    Mabel ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. »Ich wüsste nicht, was ich ohne das Haus machen sollte. Können die mir einfach so das Haus wegnehmen?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich. »Mit so etwas habe ich bislang noch nie zu tun gehabt.«
    »Jetzt haben mich alle in Angst und Panik versetzt. Ich weiß nicht, ob es Evelyn und Annie gut geht. Ich habe keine Möglichkeit, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Es war nur ein Zettel, auf dem die Nachricht stand. Ich habe ja nicht einmal mit Evelyn persönlich gesprochen.«
    Erneut füllten sich Mabels Augen mit Tränen, und ich konnte nur hoffen, dass sie nicht anfing, richtig loszuflennen, denn mit Gefühlsausbrüchen kann ich nicht gut umgehen. Meine Mutter und ich drücken unsere gegenseitige Zuneigung immer in versteckten Komplimenten über Soßen aus.
    »Es ist ein grässliches Gefühl«, sagte Mabel, »nicht zu wissen, was man tun soll. Ich habe mir gedacht, vielleicht könnten Sie nach Evelyn suchen und mit ihr reden. Herausfinden, ob es ihr und Annie gut geht. Das Haus zu verlieren, das könnte ich verschmerzen, aber ich will nicht auch noch Evelyn und Annie verlieren. Ich habe etwas Geld beiseite gelegt. Ich weiß nicht, wie viel Sie für so einen Auftrag verlangen.«
    »Gar nichts. Ich bin keine Privatdetektivin. Ich nehme Aufträge dieser Art nicht an.« Ich bin ja nicht mal eine gute Kopfgeldjägerin!
    Mabel
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