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Heiße Beute

Heiße Beute

Titel: Heiße Beute
Autoren: Janet Evanovich
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noch etwas anderes vorstellen, als stundenlang auf Paulson einzureden, er solle endlich seinen Arsch in Bewegung setzen.
    Am liebsten hätte ich irgendwo am Strand gelegen und in der Sonne gebrutzelt, bis meine Haut wie eine Brathähnchenkruste ausgesehen hätte. Zugegeben, zu dieser Jahreszeit wäre das nur in Cancun möglich gewesen, und eine Reise nach Cancun ließ mein Geldbeutel nicht zu. Ich will damit nur sagen, dass ich keine Lust hatte, mich länger mit Paulson auf diesem blöden Parkplatz herumzutreiben.
    »Wahrscheinlich haben Sie nicht mal eine Pistole dabei«, sagte Paulson.
    »Halten Sie das Maul. Ich will hier nicht den ganzen Tag mit Ihnen verplempern. Ich habe Besseres zu tun.«
    »Und das wäre?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Ha! Sie haben gar nichts Besseres zu tun!«
    Ich trug Jeans und T-Shirt und schwarze Caterpillar-Boots, und ich verspürte den unwiderstehlichen Drang, meine Cats Größe neununddreißig in seine Kniekehlen zu rammen.
    »Was haben Sie denn vor?«
    »Ich habe meinen Eltern versprochen, um sechs Uhr zum Abendessen zu Hause zu sein.«
    Paulson prustete los vor Lachen. »Ach Gottchen, mir kommen die Tränen. Mir kommen echt die Tränen.« Das Lachen ging über in einen Hustenanfall. Paulson beugte sich vor, schwankte bedenklich nach rechts und links und fiel erneut hin. Ich versuchte ihn aufzufangen, aber es war zu spät. Wieder war er auf dem Bauch gelandet und führte uns seine Nummer als gestrandeter Wal vor.
    Meine Eltern wohnen in einer Doppelhaushälfte, in einem Viertel von Trenton, das Burg heißt. Wäre Burg ein Speisegericht, müsste man sich Pasta vorstellen – Penne rigate, Ziti, Fettucini, Spaghetti und Makkaroni, die in Tomaten- oder Käsesoße schwimmen oder mit Mayonnaise angemacht sind. Deftiges, solides Essen, das zu allen Gelegenheiten passt, das ein Lächeln auf dein Gesicht zaubert und Fettpolster auf deinen Hintern. Burg ist ein Viertel, in dem alles bleibt, wie es ist. Die Menschen dort kaufen ihre Häuser und bleiben darin wohnen, bis ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Der Hof wird zum Wäschetrocknen, zum Abstellen der Mülleimer und als Hundeklo benutzt. Für aufwändig gestaltete Terrassen oder Gartenlauben haben Burgeraner nichts übrig. Burgeraner hocken vorne auf ihren kleinen Veranden oder auf den Betonstufen vor der Haustür. So kann man die Welt besser an sich vorbeiziehen lassen.
    Ich kam gerade rechtzeitig, als meine Mutter das Brathähnchen aus der Backröhre zog. Mein Vater thronte bereits an seinem Platz am Kopfende des Tisches. Er stierte dumpf geradeaus, in der Hand Messer und Gabel. Meine Schwester Valerie, die erst kürzlich nach der Trennung von ihrem Mann wieder ins Elternhaus gezogen war, stampfte in der Küche Kartoffeln zu Brei. Valerie war immer die perfekte Tochter gewesen, als wir beide noch Kinder waren. Ich war diejenige, die in Hundescheiße trat, sich auf Kaugummis setzte und bei dem Versuch zu fliegen ständig vom Garagendach fiel. Valeries letzter verzweifelter Versuch, ihre Ehe zu retten, endete damit, dass sie ihre italienisch-ungarischen Gene ignorierte und sich in eine Doppelgängerin von Meg Ryan verwandelte. Die Ehe war in die Brüche gegangen, die blonden Meg-Ryan-Zotteln hatten überdauert.
    Am Tisch mit meinem Vater waren auch die beiden Töchter von Valerie. Die neunjährige Angie saß ergeben mit gefalteten Händen da, bereit, die Mahlzeit über sich ergehen zu lassen, ein vollkommenes Ebenbild von Valerie im Kindesalter. Die siebenjährige Mary Alice, das kleine Monster aus der Hölle, hatte sich zwei Holzstäbe ins braune Haar gesteckt.
    »Was sollen die Stäbe in deinem Haar?«, fragte ich sie.
    »Das sind keine Stäbe. Das ist ein Geweih. Ich bin ein Rentier.«
    Das war mal was Neues, normalerweise hielt sie sich nämlich für ein Pferd.
    »Na, was Schönes erlebt heute?«, wollte Grandma von mir wissen und stellte eine Schüssel mit grünen Bohnen auf den Tisch. »Hast du jemanden erschossen? Irgendwelche Gauner geschnappt?«
    Grandma Mazur war kurz nach dem Tod ihres Mannes zu meinen Eltern gezogen. Sie ist Mitte siebzig und sieht jünger aus als Neunzig. Ihr Körper altert, aber ihr Verstand entwickelt sich in die entgegengesetzte Richtung. Grandma hatte weiße Sportschuhe und einen fliederfarbenen Trainingsanzug aus Ballonseide an. Ihr stahlgraues Haar trug sie extrem kurz und das auch noch in einer Dauerwelle. Die Fingernägel waren in einem hellen lila Ton lackiert, passend zum
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