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Heimliche Helden

Heimliche Helden

Titel: Heimliche Helden
Autoren: Ulrike Draesner
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höfischen Strukturen sowie die Hervorhebung Passaus legen ein Datum knapp vor 1204 nahe. Vom Hof des Passauer Bischofs Wolfger von Erla stammt das einzige Dokument, das die Existenz eines anderen Autors der Zeit belegt: Am 12.11.1203 notiert der Bischof in seinen Reiserechnungen, dem cantor (Spielmann) Walter (von der Vogelweide) Geld für einen Pelzmantel ausgehändigt zu haben. Da ist es verlockend, sich den Kirchenmann auch als Mäzen anderer Autoren vorzustellen. Doch »nix genaues weiß man nicht«. Auch aus den detaillierten Kampfbeschreibungen des Nibelungen -Autors lässt sich keineswegs schließen, dass er selbst Erfahrungen in kriegerischen Auseinandersetzungen gesammelt hatte – die gesamte Literatur der Zeit ist voller Ausstattungs- und Schlachtbeschreibungen, die höchst kunstvoll aus antiken Texten oder von französischen Autoren übernommen und ausgeschmückt wurden. Man wollte sich gegenseitig überbieten und das Publikum unterhalten. Das gelang.
    Weiterführende Lektüre:
    Wolfram von Eschenbach, Parzival
    Hartmann von Aue, Iwein, Erec
    Peter Czerwinski, Der Glanz der Abstraktion. Frühe Formen von Reflexivität im Mittelalter

Johann Peter Hebel
    (1760–1826)

    © Historisches Museum Basel
    Sein sehnlichster Lebenswunsch erfüllte sich nicht: Landpfarrer wollte er werden, den Menschen nahe sein. Aber er erwies sich als zu intelligent. Hebel stammte aus einfachsten Verhältnissen, der Vater war Weber in einem alemannischen Dorf. Dort verbrachte die Familie den Winter, im Sommer arbeiteten beide Eltern in einem Patrizierhaus in Basel. Hebels Leben spaltete sich früh in Stadt und Land, arm und reich, Freude und Trauer. Als 13-Jähriger musste er, bereits Halbwaise, zusehen, wie die schwer erkrankte Mutter neben ihm auf dem Heimweg von Basel nach Hausen starb. Was solch ein Erlebnis bedeutet? Vielleicht sind das die »Kriege« dieser Kinder: früh die Eltern verlieren, dem Tod begegnen. Förderer ermöglichten Hebel den Besuch des Gymnasiums in Karlsruhe. Er studierte Theologie, führte vier Leben zugleich: Lehrer, Akademiker, Prediger, Dichter. Hebel lehrte, glaubte, unterhielt und zweifelte. Man machte ihn zum Direktor des Karlsruher Gymnasiums sowie zum Prälaten der lutherischen Landeskirche und über diese Funktion zum Mitglied der Badischen Ständeversammlung. Sozial-, Kirchen- und Bildungspolitik beschäftigten ihn. Er lebte in einer Zeit wissenschaftlichen Aufbruchs: Experiment und Analyse bestimmten die »Lektüre« des Buches der Natur, man reiste und forschte, die Welt wuchs. Hebel verfasste seine Gedichte auf alemannisch und interessierte sich ein Leben lang für Flora und Fauna; der Botaniker Karl Christian Gmelin nahm ihm zu Ehren in seine Flora badensis alsatica die Gewöhnliche Simsenlilie unter dem Namen Hebelia allemannica auf.

    © Imagebroker/f1 online
    Weiterführende Lektüre:
    Johann Peter Hebel, Alemannische Gedichte
    Patrick Roth, Johann Peter Hebels Hollywood oder Freeway ins Tal von Balzac (Essay)
    Oskar Pastior, Anagrammgedichte (erzeugt aus Überschriften des Rheinländischen Hausfreundes )

Heinrich von Kleist
    (1777–1811)

    © picture-alliance / akg-images
    Da steht er, ist knapp über 20 und weiß nicht, was aus ihm werden soll. Die erste Karriere als Soldat der königlich-preußischen Armee – Sturmangriffe, lange Märsche, Drill, Gehorsam, Lebensgefahr – hat er abgebrochen, hat gebrochen mit der Offizierstradition der Familie. 1788 starb der Vater, 1793 die Mutter, als Waise kehrte Kleist sechs Jahre später in das Elternhaus in Frankfurt an der Oder zurück. Er sucht, phantasiert, verlobt sich mit dem Nachbarsmädchen Wilhelmine von Zenge, beschäftigt sich mit Mathematik und Philosophie, bricht in Begleitung des Freundes Ludwig von Brockes nach Würzburg auf. In einem offenen Wagen fahren die beiden jungen Männer unter den Sternen dahin, bei Regen kriechen sie unter die Plane, die Zukunftsphantasien steigern sich. Als Kleist 1802 beschließt, Bauer zu werden, zerbricht die Verlobung. Kleist siedelt sich an in Thun in der Schweiz, mietet von April bis Juni ein Häuschen auf einer Insel inmitten der Aare – und beginnt, »recht eingeschlossen von Alpen«, sein erstes Drama zu schreiben.
    Weiterführende Lektüre:
    Günter Blamberger, Heinrich von Kleist. Biographie
    Christa Wolf, Kein Ort, nirgends

Jean-Henri Fabre
    (1823–1915)

    © Falk Nordmann
    Insekten waren seine große Liebe, mit 55 Jahren endlich konnte er es sich leisten, sich vom Schul- und
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