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Heimliche Helden

Heimliche Helden

Titel: Heimliche Helden
Autoren: Ulrike Draesner
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andere aus. Großwildjagd, Safari, Charme. 1915 steckte er Karen mit Syphilis an, sie wurde mit Quecksilber behandelt, später in Dänemark mit Arsen, und litt für den Rest ihres Lebens an den schmerzlichen Folgen dieser »Heilungen«.
    Im Ersten Weltkrieg kämpfte Bror auf britischer Seite an der Grenze zu Tanganjika gegen die Deutschen; Karen brachte mehrfach Lebensmittel und Medikamente an die Front. Sie betrieb die Farm, wechselte die Vor- und Zunamen, malte und schrieb. Mit Hilfe der Familie Dinesen konnte sie das Kaffeeabenteuer selbst nach einem Brand der Farm weitertreiben, immer wieder hielt sie sich auch für längere Zeit im Familienhaus in Rungstedlund bei Kopenhagen auf.
    1931 kehrte sie endgültig dorthin zurück. Den Zweiten Weltkrieg erlebte sie unter deutscher Besatzung in Dänemark. Als Hitler sich 1940 ihre Bücher signieren lassen wollte – sie war nach Berlin gereist –, schützte sie, immerhin, eine Erkältung vor.
    Im Übrigen kochte sie gern und legte auch in Afrika Wert auf ausgesuchtes Tafelservice. Clara Selborn, langjährige Freundin Blixens, betont im Gegenzug, dass das angeblich handbemalte Porzellan (stets habe man sich in Dänemark über Blixens Reichtum ereifert) beim Kaufmann nebenan erstanden worden sei. Billige deutsche Ware!
    Wenn man trank, erschien am Boden der Tasse – ein Schaf.
    Weiterführende Lektüre:
    Tania Blixen, Babettes Fest und andere Erzählungen
    Tania Blixen, Briefe aus Afrika
    Clara Selborn, Die Herrin von Rungstedlund. Erinnerungen an meine Zeit mit Tania Blixen
    Marie NDiaye, Drei starke Frauen

Gottfried Benn
    (1886–1956)

    © DLA-Marbach
    1905 durfte der Pfarrerssohn aus dem ländlichen Ost-Elbien, der das Gymnasium in Frankfurt an der Oder besucht hatte, endlich tun, was der Vater bislang verhindert hatte: Gottfried Benn begann in Berlin Medizin zu studieren. Aufgenommen hatte ihn die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen; das Studium kostete fast nichts, im Gegenzug musste man sich verpflichten, für jedes Studienjahr ein Jahr als Militärarzt zu dienen. Benn war als diensttauglich eingestuft und wies knapp das nötige Körpermaß auf (170 cm). Ab Sommer 1912 diente er als Arzt bei einem Infanterie-Regiment in Berlin-Spandau, allerdings wurde er schon im März 1913 aus dem Dienst entlassen. Er war bei einem Ritt kollabiert. Der angebliche Grund: Wanderniere. Ein diffuser medizinischer Befund. Benn betont die Freiwilligkeit seines Ausscheidens; als Dichter ist er dank der 1912 veröffentlichten Morgue -Gedichte inzwischen (berüchtigt-)berühmt.
    1914 zieht er in den Ersten Weltkrieg. Er hat Glück, wird schon im Oktober als Arzt in Brüssel stationiert und kehrt 1917 nach Berlin zurück, um seine erste Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten zu eröffnen. Das Muster wiederholt sich: Fast 20 Jahre später, 1935, flüchtet Benn sich in die Wehrmacht. Er selbst bezeichnet den Schritt als »eine aristokratische Form des Exils«. In dem Kapitel »Block II, Zimmer 66« seines biographischen Werkes Doppelleben berichtet er über seine Arbeit in der Rekrutenkaserne von Landsberg an der Warthe. Frisch Eingezogene, ganz Junge und ganz Alte, werden hier drei Wochen lang ausgebildet. »Dann, eines Nachts, wird angetreten mit Tornister, zusammengerolltem Mantel, Zelttuch, Gasmaske, Maschinenpistole, Gewehr – fast ein Zentner Gewicht – und fort geht es zur Verladung, ins Dunkle. Eine Kapelle, die man nicht sieht, führt vorneweg, spielt Märsche, flotte Rhythmen, hinter ihr der lautlose Zug, der für immer ins Vergessen zieht.«
    Insbesondere auf späten Fotos blickt Benn melancholisch nachdenklich in die Welt. Zu diesem »dichterischen« Ausdruck trägt nicht unwesentlich das immer etwas hängende linke untere Augenlid bei. Bruder Theodor berichtet, dass Benn zu Weihnachten 1908 mit einer frischen Mensur im Elternhaus erschien. Ein Kommilitone hatte einen »vortrefflichen Durchzieher gelandet«, der den Knochen links vom Auge traf, die Nase halb durchschlug, das Lid verletzte. Der fromme Vater war bestürzt (wie sieht das in der Gemeinde aus); Gottfried erfand eine Lüge; der Gesichtsausdruck blieb.
    Weiterführende Lektüre:
    Holger Hof, Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis. Eine Biographie , Stuttgart 2011
    Jahrbuch der Lyrik , hg. von Christoph Buchwald u.a., alle Jahrgänge seit 1979

Hans Joachim Schädlich
    (1935)

    © Isolde Ohlbaum
    Am 21. Januar 1992 nahm er als einer der ersten in der Gauck-Behörde Einsicht in
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