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Heimkehr in den Palast der Liebe

Heimkehr in den Palast der Liebe

Titel: Heimkehr in den Palast der Liebe
Autoren: Alexandra Sellers
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ruhig. "Es kann sein, dass dieses Mädchen auch bei den Bahramis gelebt hat. Erinnerst du dich an dieses Gesicht?"
    Er legte das Foto vor Hani auf den Tisch und beobachtete das Gesicht des Jungen. Welch ein Kontrast zwischen ansonsten so ähnlichen Gesichtern, und schuld daran waren Hunger, Angst und Armut.
    Der Kleine sagte lange Zeit kein Wort. Irgendwann fiel eine einzelne Träne auf das Foto. Sie glänzte, als ein Sonnenstrahl darauf fiel. Hani blickte auf, schluckte und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
    "Wie war ihr Name?" flüsterte der Junge. "Wie hat sie geheißen?"
    Da endlich gingen Sharif die Augen auf. Ähnlichkeit auf Grund von Verwandtschaft – nein. Es war viel mehr als das. Jetzt endlich sah er es. Dass er so lange dazu gebraucht hatte!
    Er sprach ganz, ganz leise und vorsichtig, als ob er fürchtete, etwas zu zerbrechen mit seinen Worten. "Shakira", sagte er. "Dein Name ist Shakira. Sag einfach Sharif zu mir."

4. Kapitel
     
    "Shakira."
    Der Name schien Gestalt anzunehmen und durch den Raum zu fegen, wie ein Wirbelsturm, der sie fast umwarf. Sie öffnete den Mund, doch sie brachte kein Wort hervor.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, stand sie auf, blickte erst auf Sharif, dann auf das Foto, dann wieder auf Sharif.
    "Shakira", sagte sie noch einmal, und dann hörte sie, wonach sie sich all diese Jahre so sehr gesehnt hatte: Sie hörte die Stimme ihrer Mutter, als diese ihren Namen aussprach. Und sie sah wieder den Springbrunnen, und sie atmete den Duft des Wassers und der Rosen, und ein helles, strahlendes Licht erfüllte ihr ganzes Dasein.
    Shakira. Es war die Stimme ihrer Mutter. Meine Rose.
    Sie wusste, es stimmte. Das Mädchen auf dem Foto, das war sie selbst, und ihr Name war Shakira. Und sie war sehr wohl geliebt worden, damals, vor langer Zeit. Es war nicht nur ein Traum. Sie hatte eine Familie gehabt, und man hatte sie geliebt.
    Tränen stiegen auf und liefen ihr übers Gesicht. Solche Ströme von Tränen. Ihre Augen schimmerten wie schwarze Diamanten, als sie aufblickte und Sharif anflehte. "Wer bin ich? Bitte, wer bin ich?"
    Es hatte nicht so passieren sollen. Er hatte das nicht gewollt. Der Sultan und seine Familie hätten das übernehmen sollen. Aber jetzt hatte er, wenn auch völlig unbeabsichtigt, diese Situation geschaffen. Jetzt konnte er ihr nicht mehr die Wahrheit verweigern. Nicht nach so vielen Jahren unerträglichen Leids.
    "Du …" Er konnte kaum sprechen, so sehr schnürte es ihm die Kehle zu. Er hüstelte, schluckte und versuchte es noch einmal. "Dein voller Name lautet Shakira Warda Jawad al Nadim."
    "Warum sind Sie hergekommen? Wer sucht mich? Meine ganze Familie ist tot."
    "Nein. Nur deine engste Familie lebt nicht mehr, aber es gibt andere. Du hast eine große Familie mit vielen Cousins, Cousinen, Tanten, Onkeln."
    Ein Schrei löste sich aus ihrer Kehle. Sie sprang auf und warf sich an Sharifs Brust, klammerte sich an seinen Kaftan, als wolle sie die Wahrheit aus ihm herauspressen.
    "Cousins und Cousinen? Tanten, Onkel? Meine richtige Familie? Sie wissen, wer ich bin?" rief sie.
    Jemand öffnete die Tür und schaute neugierig ins Zimmer, aber Sharif scheuchte den Störenfried mit einer unwilligen Kopfbewegung wieder weg. Sachte legte er die Hände auf die zarten Schultern, als Shakira so von Gefühlen überwältigt wurde, dass ihr ganzer Körper geschüttelt wurde.
    "Sie warten darauf, dich zu Hause begrüßen zu können."
    Erinnerungen überwältigten sie, und die Erinnerung daran, dass sie einmal glücklich gewesen war, erfüllte sie gleichzeitig mit solcher Freude und solchem Schmerz, dass sie lange Zeit nur noch schluchzen konnte.
    Als der Sturm vorüber war, wischte sie sich mit dem T-Shirt das Gesicht ab und blickte Sharif sehnsüchtig an. "Bist du mein Cousin?" fragte sie. "Sind wir verwandt?"
    Verwandt. Es klang so, als spräche ein Verhungernder das Wort 'Brot' aus. Sharif verspürte ein ganz ungewohntes Bedürfnis, als Beschützer aufzutreten. Er wünschte, er könne sein, wonach sie sich sehnte.
    "Nein, wir sind nicht verwandt. Dein Cousin, der jetzt das Oberhaupt der Familie ist, hat mich geschickt, dich zu suchen. Er hat erst jetzt erfahren, dass du lebst. Bis jetzt hat er geglaubt, du wärst zusammen mit deinen Eltern bei einem Autounfall umgekommen."
    "Er dachte, ich sei tot?" wiederholte sie. "Wer ist mein Cousin? Wie heißt er? Warum ist er nicht selbst gekommen, um mich zu holen?"
    Sharif zögerte. "Ich glaube, die Antwort auf diese
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