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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)
Autoren: Werner Bartens
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vor allem Nachahmerprodukte, oder es handelt sich um extrem teure Spezialmittel für einen eng begrenzten Patientenkreis. Bei neuen Medikamenten zur Behandlung großer Patientengruppen gab es in den vergangenen zehn Jahren auffallend viele Enttäuschungen. Bei Antidepressiva, Blutdrucksenkern, Psychopharmaka und Cholesterinsenkern sind neue Medikamente in den meisten Fällen zwar dreifach oder gar zehnfach so teuer wie ihre Vorgänger. Dafür wirken sie aber nicht besser, sondern gehen oft nur mit mehr Nebenwirkungen oder gefährlichen Komplikationen einher.
    Die Pharmaindustrie in Deutschland hat das längst erkannt. Einst galt sie als »Apotheke der Welt«. Heute gibt sie den Großteil für Marketing aus und nicht für Forschung. Sie ist vollauf damit beschäftigt, Nachahmerprodukte als Neuigkeiten zu verkaufen oder Misserfolge schönzureden. Viele angebliche Innovationen sind Me-too-Präparate – Nachahmer, die nicht besser, sondern nur teurer sind als ihre Vorgänger. Auf den Markt kommen sie dennoch. Erst nachträglich kann ein Medikamenten-TÜV den Nutzen in Frage stellen.
    Alle Gesundheitsminister der letzten 15 Jahre, von Horst Seehofer über Ulla Schmidt bis hin zu Daniel Bahr, knickten mit ihrer Forderung nach einer »Positivliste« ein, wenn Pharma-Lobbyisten drohten, dass Tausende Arbeitsplätze verlorengingen, wenn die internationalen Arzneimittelhersteller ihre Produktionsstätten ins Ausland verlagern. Deshalb gibt es hierzulande 60000 Präparate – und nicht, weil sie für die Gesundheit der Menschen wichtig wären. Dazu reichen weniger als drei Prozent davon aus. Dabei steht in keinem Gesetz und keiner Verfassung, dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung den Profitinteressen einer Branche untergeordnet werden soll.
    Das Land leistet sich einen weiteren, ebenso absurden wie teuren Luxus. Man muss einen sperrigen Begriff wie die »Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt« ansprechen, wenn es um die teure Medizin in Deutschland geht. Dieses Prinzip gilt im Krankenhaus und besagt Ungeheuerliches: Alle Untersuchungen und Behandlungen im Krankenhaus werden bezahlt, solange ihr Schaden nicht erwiesen ist – ein Nutzen muss nicht belegt sein! Diese Regel führt zu der seltsamen Situation, dass fragwürdige Interventionen in der Praxis nicht mehr erstattet werden – in der Klinik hingegen schon.
    Den Preis kennen nicht die Patienten, nur die Ökonomen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Kliniken nur existieren können, weil sie in großem Stil fragwürdige Untersuchungen und Therapien anwenden. Längst ist das Krankenhaus zum Warenhaus geworden, mit ständig wechselndem Sortiment. So wird die bis zu 8000 Euro teure Brachytherapie – eine besondere Form der Bestrahlung bei Prostatakrebs – im Krankenhaus erstattet, in der Arztpraxis nicht. Es gibt bisher keine überzeugenden Belege für den Nutzen. Gleiches gilt für die Vakuumtherapie bei Neurodermitis. Würden die Kassen nur bezahlen, was Patienten erwiesenermaßen nutzt, wären enorme Einsparungen die Folge – und die Kranken besser versorgt.
    Wenn die Kassenbeiträge steigen, nehmen es die Versicherten mit viel Resignation und wenig Empörung hin. Gesundheitspolitiker schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Die Diskussion um Kopfpauschale, Bürgerversicherung und Zusatzbeiträge ist so ermüdend wie undurchsichtig. Der Bürger wendet sich ab und zahlt. Ihren Krankenversicherungen bleiben die meisten Menschen länger treu als dem Partner. Dabei gehen die Preissteigerungen der Gesundheitspolitik in mehrfacher Hinsicht auf Kosten der Versicherten.
    In der rein ökonomischen Logik der Medizinwirtschaft ist es stimmig, weiter auf Wachstum und Neuerungen zu setzen. Jeder, der das Gesundheitswesen kennt, weiß, wie viel Geld im System steckt. Doch die Medizin ließe sich besser und trotzdem billiger machen in Deutschland. Das würde allerdings vielen Marktprinzipien der Medizinindustrie zuwiderlaufen, weswegen die nächste Gesundheitsreform absehbar ist – und wieder nur zu ein paar Umverteilungen in der Wachstumsbranche Medizin führen wird. Die Patienten, um die es eigentlich gehen sollte, haben nichts davon.

Beispiel Krebs – hoher Preis für fragwürdigen Nutzen
    Die Patientin mit Brustkrebs bekam von ihrem Arzt Mut zugesprochen. »Wir haben da noch was für Sie«, sagte der Mediziner. »Das ist das Beste, was derzeit auf dem Markt ist.« Ein anderer Arzt, der die Betreuung übernahm, wunderte sich hingegen, dass der Patientin
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