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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)
Autoren: Werner Bartens
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Nutzen beweisen, wenn Ärzte wie Patienten mit der Untersuchungsmethode zufrieden sind?
    »Der wirtschaftliche Druck in der Medizin ist viel zu groß«, sagt Windeler. »Dabei ist für die Mehrzahl der Produkte, die neu in den Markt kommen, gar nicht belegt, dass der Nutzen größer ist als der Schaden.« Immer neue Angebote in der Medizin steigerten nicht unbedingt die Qualität. »Dass weniger oft mehr ist, wollen aber viele Patienten nicht wahrhaben. Sie fürchten, dass man ihnen etwas wegnimmt und sie weniger Wahlmöglichkeiten haben – unabhängig davon, ob ein Nutzen erwiesen ist oder nicht.«
    Um den Nutzen zu erfassen, gibt es die Evidenzbasierte Medizin (EbM), vorangebracht von Cochrane-Zentren, die nach dem britischen Arzt und Epidemiologen Archie Cochrane benannt sind. Weltweit haben es sich Cochrane-Zentren zur Aufgabe gemacht, in großen Untersuchungen und Meta-Analysen zu zeigen, was methodisch hochwertige Studien ausmacht und wie daraus Empfehlungen für die medizinische Praxis zu gewinnen sind. Das Deutsche Cochrane-Zentrum in Freiburg, das 1997 eröffnet wurde, leitet Gerd Antes. »Wir können es uns nicht leisten, eine Medizin zu betreiben, von der Patienten keine Vorteile haben«, sagt er. »Leider werden gründliche Wirksamkeitsnachweise immer wieder bewusst ausgelassen oder unterlaufen, um Eigeninteressen zu schützen, die durch objektive Studienergebnisse bedroht wären.«
    Ein anderes Beispiel betrifft die Vermarktung eines »Neurostimulators« gegen Tinnitus. Peter Tass, Direktor am renommierten Forschungszentrum Jülich, hat das Gerät mitentwickelt, die Firma ANM vertreibt es. Der quälende Ton im Ohr lasse sich bekämpfen, wenn ihm eine andere Form der Beschallung entgegengesetzt werde, so die Ankündigung. Klingt logisch, ist aber bisher nicht wissenschaftlich erwiesen und belegt. Obwohl die Initiatoren behaupten, seit eineinhalb Jahren eine entsprechende Studie beendet zu haben, ist diese bis zum Sommer 2012 und der Drucklegung dieses Buches noch nicht erschienen, sondern nur eine Untersuchung, in der entscheidende Belege für den Nutzen nicht erbracht werden konnten. Doch obwohl kein Nutzenbeweis vorliegt, bieten Dutzende Arztpraxen das Verfahren an.
    Womöglich zeigt sich ja, dass die Töne gegen das Brummen tatsächlich helfen. Peter Tass wurde vorsorglich mit einem mit 100000 Euro dotierten Innovationspreis ausgezeichnet. Nach dem Motto: erst der Preis, später vielleicht der Beweis. Die Deutsche Tinnitusliga erklärt auf ihrer Homepage: »Die Daten reichen nicht aus, um eine gültige Aussage zur Wirksamkeit und zur Sicherheit dieser Behandlungsmethode zu treffen. Daher rät die Deutsche Tinnitusliga von dieser Therapie zum jetzigen Zeitpunkt ab.«
    Patienten, die in Selbsthilfegruppen organisiert sind, werden ebenfalls ungeduldig und fragen sich, warum die angekündigte Studie so lange auf sich warten lässt. »Leider gibt es immer wieder Beispiele dafür, dass Patienten wie Ärzte auf massive Weise desinformiert oder im Unklaren gelassen werden«, sagt Gerd Antes. »Zwar hat die Nutzenbewertung in den vergangenen Jahren beeindruckend zugelegt, aber es gibt noch viele Schlupflöcher und mehr offene Fragen als Antworten.«
    Wolf-Dieter Ludwig wüsste einen einfachen Weg, wie die Medizin besser und dem Wahnsinn Einhalt geboten werden kann. »Wir brauchen mehr gute Wissenschaft, aber daran mangelt es leider in etlichen Bereichen.«

Teurer heißt nicht besser – Herumdoktern an Symptomen
    Bei jeder Gesundheitsreform stellt sich wieder die Frage: Das soll eine »Gesundheitsreform« sein? Diese Bezeichnung ist ein Witz, und zwar ein schlechter. Die Reformen, die von den Gesundheitsministern – auch dieser Begriff ist beschönigend – in den vergangenen Jahren vorgestellt wurden, sind halbgare Finanzierungsmodelle, um weiterhin die Lobbygruppen in der Medizin bedienen zu können. Das jeweilige Ansinnen, die chronischen Defizite im Gesundheitswesen zu beheben, hat sich allenfalls als kurzfristig lindernd erwiesen.
    Daran wird sich auch nichts ändern. Denn solange die Medizin weiterhin nach Kriterien von Markt und Wachstum bemessen wird, steigen die Ausgaben unaufhörlich weiter. Das liegt in der Logik eines Wirtschaftssystems, das auf ständig neue Angebote und eine Stimulation der Nachfrage angewiesen ist. Und wer würde sich für diese merkantile Medizin besser eignen als die FDP-Gesundheitsminister wie Philipp Rösler und Daniel Bahr, die beide als Wirtschaftspolitiker
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