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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)
Autoren: Werner Bartens
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sozialisiert wurden? Doch selbst wenn der gegenwärtige Minister mit seiner Partei untergehen sollte, werden es Politiker anderer Parteien wohl kaum schaffen, der Medizinindustrie Paroli zu bieten.
    Die Medizin ist zwar einer der größten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland, aber sie ist eben keine Wirtschaftsbranche wie jede andere. Stetiges Wachstum bedeutet in anderen Branchen Prosperität. Mehr Glück, mehr Liebe, aber auch mehr Umsatz und mehr Geld kann fast jeder gebrauchen. Ungezügeltes Wachstum in der Medizin ist hingegen ein Zeichen für Krebs. Da mit der Untersuchung und Behandlung Gesunder wie Kranker viel Geld zu verdienen ist, haben Kaufleute die Medizin zu einer Industrie gemacht und die Krankenbehandlung ökonomisiert. Weder Patienten noch Ärzten ist das gut bekommen.
    Der Zusammenhang liegt auf der Hand: Für Kranke so wichtige Werte wie Zeit, Geborgenheit und – so altmodisch es klingt – Barmherzigkeit bleiben in der Medizinwirtschaft schnell auf der Strecke. Auch die ärztliche Kunst, abzuwarten und vorerst nichts zu tun [8]   , lässt sich nicht betriebswirtschaftlich optimieren. Stattdessen werden neue Krankheiten erfunden, Grenzwerte gesenkt, oder es wird die Indikation zur Behandlung ausgedehnt. Gesunde werden zu kontrollbedürftigen Patienten erklärt. Es geht den Menschen aber nicht besser, wenn die Medizin zum Markt und immer teurer wird. Im Gegenteil: Nicht nur 80 bis 90 Prozent der Röntgenuntersuchungen bei Rückenschmerzen gelten als überflüssig, sondern auch ein ähnlich großer Anteil der Kniespiegelungen. Die Belastung durch die Arthroskopien ist groß, die Infektionsgefahr auch, der Nutzen nur in der Minderheit der Anwendungen belegt.
    Und seit Jahren wehren sich Kliniken dagegen, dass nur jene Krankenhäuser die frühesten Frühgeborenen behandeln dürfen, die dies auch mindestens 75-mal im Jahr tun und damit den Kindern zu nachweislich besseren Überlebenschancen und weniger Behinderungen verhelfen. Da die Kliniken aber bis zu 130000 Euro für die Behandlung eines besonders kleinen Frühgeborenen bekommen, wollen sie nicht darauf verzichten – ökonomisch plausibel, medizinisch und vor allem menschlich ein Irrsinn.
    Verkaufen lässt sich eine Gesundheitsreform, die keine ist, nur mit dem Mantra vom medizinischen Fortschritt. Und das geht so: Die Menschen werden immer älter, die Medizin wird immer besser – und beides kostet Geld. Will Deutschland weiter an den Segnungen der modernen Medizin teilhaben, wird die Medizin nun mal von Jahr zu Jahr teurer. Diese Logik klingt einleuchtend, ist aber falsch. [9]   Erstens verbrauchen die Menschen 80 bis 90 Prozent ihrer Gesundheitsausgaben im letzten Jahr vor ihrem Tod. Sterben sie im Alter von 90 Jahren, ist das – so zynisch es klingt – medizinisch sogar billiger, als wenn sie mit 50 Jahren sterben, denn bei jüngeren Menschen werden aufwendigere und invasivere Versuche unternommen, sie am Leben zu erhalten. Die jedes Jahr um drei Monate steigende Lebenserwartung erklärt also keineswegs die Kostenexplosion.
    Zweitens ist der Fortschritt in der Medizin eine seltsame Angelegenheit. Neue Therapien und Arzneimittel sind oft nur teurer, weniger geprüft und daher weniger sicher, aber nicht besser als bewährte Möglichkeiten der Behandlung. Solche Zweifel passen allerdings nicht in ein Konzept, in dem die Heilkunde zu einer Medizinindustrie umgestaltet, sogar eine Universitätsklinik wie im Fall Gießen/Marburg privatisiert und damit das gesundheitliche Wohl einer ganzen Region zum Spielball von Aktionärsinteressen wird.
    Wie sieht denn der Fortschritt aus, den Gesundheitspolitiker gern als Begründung für ihren desolaten Haushalt und die angeblich unaufhaltsam steigenden Kosten angeben? An verschiedenen Kliniken wurden Protonenzentren errichtet oder befinden sich als Prestigeprojekte mit Hilfe üppiger Subventionen im Bau. Dort sollen mit einer neuartigen Bestrahlungsmethode Krebspatienten behandelt werden. Diese Zentren kosten dreistellige Millionenbeträge, ein Nutzennachweis oder gar die Überlegenheit gegenüber konventionellen Verfahren zur Krebsbehandlung ist in den meisten Fällen aber noch gar nicht belegt.
    Neue Arzneimittel? Die Art der Innovation im pharmazeutischen Bereich hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. In den 1970er und 1980er Jahren wurden wichtige Medikamente entwickelt, zur Senkung des Blutdrucks, des Cholesterins und zur Krebsbehandlung. Neuerungen der letzten Dekade betreffen
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