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Heidi und die Monster

Titel: Heidi und die Monster
Autoren: Peter H. Johanna;Geißen Spyri
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Fünkchen aufblitzen, das sich ins Heu hineinfraß. Behutsam blasend fachte er das Flämmchen an. Das knisternde Heu in der Hand, lief er zu Peter. Obschon das Feuer ihm die Finger versengte, hielt er die Flamme dem Jungen entgegen, der tauchte das Stofffetzchen hinein. Wie das lohte und zischte, als der Spiritus Feuer fing!
    »Wirf!«, schrie der Großvater.
    Peter schleuderte den brennenden Lappen über den Wall. Er zielte gut, das Feuer landete auf dem Harz, das sogleich zu brennen begann. Das Harz war in die Kuhle hinabgetropft, nun zischte es brennend aus der Tiefe empor - so war das trefflichste Lauffeuer geboren! Die Flamme sprang vom Stroh zum Reisig, vom Reisig ins Holz, und schneller als Peter geglaubt hatte, stand der äußere Graben in Flammen. Es war herrlich anzusehen, wie sich das Feuer von Scheit zu Scheit seinen Weg bahnte. Dort flackerte es, da schoss es hell empor und war nicht aufzuhalten, bis ein gewaltiger Flammenring das Anwesen des Öhi umgab.
    Auch wenn die Unaussprechlichen dem Menschsein zu weit entrückt waren, um Angst zu verspüren, einte sie doch ihre Panik vor Feuer. Als die vordersten Niänenüütli von der Lohe überrascht und angesengt wurden, griff unter ihnen der Irrsinn um sich. Sie kreischten und jaulten, mancher starrte hilflos auf einen Arm, seine Beine, die zu flackern begannen. Das Fleisch der Niänenüütli war so ausgedörrt, dass es lichterloh brannte. Jene, die an den Nachdrängenden vorbeikonnten, rannten die Alm hinab, ein unheimlicher Anblick, wie überall auf der Wiese flammende Niänenüütli
davonstürzten, zusammenbrachen und allmählich verglühten. Wer das Schauspiel von ferne betrachtete, konnte meinen, die Osterzeit sei gekommen, zu der die Leute allerorts Freudenfeuer entzündeten.
    »Das lässt sich sehen«, lachte Tinette und ließ das Schwert einen Augenblick ruhen. Die Flammen schlugen so hoch hinauf, dass mancher Ast der alten Tannen angesengt wurde.
    Sprachlos bestaunte der Geißenpeter die Pracht, die er entfacht hatte. Bei diesem Licht sah man besser, so konnte er seine Stöße und Hiebe noch zielsicherer unter den Glaarä austeilen.
    So schrecklich die Vordersten das Feuer zu spüren bekamen, so wenig hinderte das die Nachrückenden, gegen den Wall anzurennen. Sie stiegen über ihre qualmenden Mitbrüder und suchten die Barrikade zu erklimmen. Mancher fing Feuer, doch beileibe nicht alle. Der Glaarä, der sich hingekniet hatte, war mittlerweile verbrannt, seine Überreste dienten den anderen als Treppe. So musste Peter immerfort zuschlagen, um die Angreifer nicht ins Innere der Festung zu lassen.
     
    Im Stall kamen Heidi die unheimlichen Laute, einfallenden Lichter und Gerüche äußerst merkwürdig vor. Seitdem es hier war, hatte Heidi mit Bärli und Schwänli spielen wollen, und die Geißen waren auch traulich näher gekommen. Doch die klugen Tiere spürten, dass Heidi nicht mehr die Gleiche war, mit der sie über die Hochalm gesprungen waren. Sie witterten das schwarze Blut, flüchteten vor Heidi und zogen sich in den hintersten Winkel zurück.
    »Was habt ihr denn, Bärli, Schwänli, kennt ihr mich nicht?«
So sehr Heidi mit frischem Heu und dem Leckstein lockte, so oft es versuchte, eine Ziege beim Halsband zu packen, stets rissen sie sich los und meckerten ängstlich. Traurig sank Heidi ins Stroh. »Was ist mit euch?«, flüsterte es. »Was ist nur mit mir?«
    Im nächsten Moment horchte es auf, denn nebenan in der Stube redete jemand. Die Hütte war so gebaut, dass nur eine Bretterwand die Behausung von Mensch und Tier trennte. Das hatte den Grund, dass die Körperwärme der Tiere im Winter half, die Hütte zu heizen. Lauschend erkannte Heidi die Stimme des Kandidaten.
    Wenn das geweihte Silber sein Werk tun soll, muss es mein Herz vollständig durchbohren , sagte er. Darauf hörte Heidi einen hellen Klang, das war der Silberpflock, den Marus in die Ecke geworfen hatte. Nicht auf das Silber, nicht auf das Weihwasser kommt es an, sprach er weiter, sondern auf die Reinheit des Menschen, der den Pfahl führt . Seine Stimme war so nah, dass Heidi glaubte, er sei bei ihm im Stall.
    Nun vernahm es Schritte im Hof, ein wildes Laufen, jetzt drang Rauchgeruch an seine Nase. Ein Schreien und Stöhnen erklang. Durch die Ritzen der Stallwand sah es den gleißenden Schein, der Großvater musste ein mächtiges Feuer entfacht haben. Als Heidi das Auge fest ans Holz presste, schaute es lodernde Niänenüütli, sie brachen zusammen oder stürzten davon.
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