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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten
Autoren: Johanna Spyri
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den Brüdern zu ihren verschiedenen Zwecken übergeben und immer zu schnell verschwunden war, sah sie ohnedies einem Zornesausbruch von seiten der Brüder entgegen.
    »Jetzt hör, Elsli, was ich dir erkläre«, sagte Oskar eindringlich; »es ist für dich selbst sehr wichtig. Siehst du, jetzt kommst du ins Ausland und da bist du dann zuerst fremd. Aber es hat dann schon auch noch Schweizer an dem Ort, und da könnt ihr dann einen Verein gründen, einen Vaterlandsverein; da kommt ihr dann jede Woche einmal zusammen und sprecht so von allem im Vaterland –«.
    »Ja, aber ich weiß dann gewiß nichts zu sagen«, warf das Elsli etwas ängstlich dazwischen.
    »Das ist gleich, die anderen reden dann schon«, fuhr Oskar eifrig fort; »aber jetzt hör die Hauptsache. Im nächsten Sommer, wenn du dann heimkommen darfst, da mußt du mit allen den Mitgliedern, die dann auch kommen, einen Ort verabreden, wo ihr dann zusammenkommen wollt, da wird dann das Stiftungsfest gefeiert. Dann kommt man scharenweis von allen Seiten, und ich komme mit einer prachtvollen Fahne, und es gibt ein ungeheures Fest mit einem Umzug. Schreib mir dann, sobald der Verein gegründet ist.«
    »Ja, ich will schon«, sagte das Elsli ein wenig zaghaft, denn es sah noch nicht recht klar vor sich, wer den Verein gründen würde. Es konnte aber keine weiteren Fragen tun, denn eben kam der Fred dahergestürmt mit einem langen Papierbogen in der Hand; hinter ihm her keuchte das Rikli. Oskar ging seiner Wege.
    »Elsli, komm, lies«, rief jetzt der Fred; »sieh, alle diese schönen Raupen und die seltenen Käfer und diese Schneckenart, die wirst du alle dort unten finden, am Rhein und in der Umgegend. Du mußt nur auf den Spaziergängen immer in die Hecken hineinkriechen und überall ein wenig den Boden aufscharren, dann kommen die Kerle schon heraus, und dann schickst du mir alle Exemplare, die du fangen kannst, nicht wahr? Ich schicke dir dann auch etwas Schönes zurück. Du kannst nur alles durcheinander in die Tasche stecken, bis du vom Spaziergang daheim bist, und dann so die Hand obendrauf halten, daß sie nicht unterdessen herauskrabbeln, siehst du, so, wie ich es immer mache«, und Fred breitete die Hand beispielsweise weit aus über seine Tasche, so als wollte es überall darunter hervorkrabbeln.
    Das Rikli schauderte über und über.
    Elsli wollte so gern dem Fred den Gefallen tun, aber der Auftrag war ihm nicht viel klarer, als der von Oskar, und es sagte demütig: »Ich wollte es gewiß gern tun, Fred; aber wie muß ich es denn machen, daß ich die Käfer und die Raupen kenne, die so heißen?«
    Das war ein völlig klarer Einwurf. Fred erkannte die Wahrheit dieses Hindernisses; aber er war nicht der Mensch, so bald vor Hindernissen zurückzuweichen. Er schaute seinen Bogen an. Wenn er zu jedem Namen das Tier hinzeichnen, dann malen würde? Richtig!
    »Morgen früh, eh’ du abreisest, komm’ ich noch einmal«, rief er und stürzte fort.
    Das Rikli, das so teuer seine Lehre bezahlt hatte, schrie wirklich nie mehr unsinnig auf, wenn der Fred sich mit einem Tierchen nahte; aber es bewachte sorgfältig alle Bewegungen des Bruders, daß nicht einmal unversehens aus dessen Faust oder Tasche ein grünäugiger Frosch ihm entgegenspringe. Aber ohne den Fred konnte das Rikli doch nicht sein, es lief ihm überall nach. Nun er sich entfernt hatte, trat es schnell zum Elsli heran und sagte eindringlich: »Aber nicht lebendig, die vielen schrecklichen Käfer und Schnecken; nur ausgestopft mußt du sie schicken, weißt du, Elsli.«
    In diesem Augenblick kam der Feklitus herangeschritten im Sonntagsstaat. Zu gleicher Zeit erscholl die Stimme der Mutter aus der Stube heraus, wo der Hanseli ohne Unterlaß in seinem Geschrei verharrte: »Es nimmt mich nur wunder, Elsli, ob du heut’ auch noch einmal ins Haus hereinzubringen bist!«
    Das Rikli lief davon. Der Feklitus aber hatte schon das Elsli beim Arm gepackt und hielt es fest: »Ich muß einen Besuch machen auf dem Eichenrain bei der fremden Frau und sagen, daß ich dein Vetter bin und daß wir dann einmal dich besuchen wollen dort unten am Rhein«, knurrte er, »aber ich geh’ nicht allein, das geniert mich, du mußt mit.«
    »Laß mich los, du hörst es ja, ich muß ins Haus hinein, ich kann nicht mit dir«, sagte das Elsli und suchte sich loszumachen.
    »Du mußt«, rief der Feklitus, faßte noch fester an und zog das Elsli mit Gewalt davon, denn etwas so Ungewöhnliches unternahm der Feklitus nicht
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