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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten
Autoren: Johanna Spyri
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noch einen. Nach dem Abendessen sitzt die Tante Klarissa ans Klavier und dann singen wir das Lied, das die Nora so gern hatte, und noch zwei oder drei andere hat mich nun die Tante Klarissa noch gelehrt. Dann sitzt der Fani meistens in der anderen Stube und zeichnet noch für sich, aber wenn er mit uns singt, tönt es viel schöner, und nur wenn er mitsingt, kommt Frau Stanhope auch und hört zu. Zuletzt machen wir noch unsere Aufgaben. Aber ein Tag ist so geschwind vorbei, wie ich nicht beschreiben kann, und jeden Abend reut es uns so stark, den Fani und mich, daß wir nun ins Bett gehen müssen und nicht noch lang, lang immer fortfahren können. Ich bin auch fast nie mehr müde, o wie ist es auch so schön, hier zu leben und immer der Fani und ich zusammen, und wie haben wir es so gut! Wenn wir zum Essen hereinkommen, dann sagt gewiß die Tante Klarissa jedesmal: ›Gott sei Dank, daß wir wieder mit Kindern zu Tische sitzen können!‹ Und als sie gestern so sagte, da antwortete die Frau Stanhope: ›Gewiß wäre dir am wohlsten, wenn wir das ganze Haus voller Kinder hätten.‹ Und die Tante Klarissa sagte: ›Ich hätte deren nie zu viel.‹ Da sagte Frau Stanhope: ›Ich weiß etwas: im nächsten Jahre müssen wir die Freunde aus der Schweiz zu uns einladen; da sollen alle vier Doktorskinder kommen, und das kleine Rikli kannst du dann in deine besondere Obhut nehmen.‹ Da hat der Fani vor Freude ganz laut aufgejauchzt und ich konnte keinen Ton von mir geben, aber vor Freude konnte ich gar nicht mehr schlucken, und auch die Tante Klarissa freute sich so stark über die Worte, daß sie in die Hände geklatscht hat, und dann hat sie gesagt: ›Elsli soll es schnell schreiben; das müssen wir gleich ganz festmachen, daß es uns nicht entgeht.‹ Und dann sagte sie immer wieder voller Freude: ›Das ist ein herrlicher Gedanke, Frau Stanhope, das ist ein herrlicher Gedanke.‹ Und der Fani und ich sind gestern Abend im ganzen Garten herumgelaufen und haben alles, alles aufgesucht, was wir Euch dann zeigen müssen: die schönen, steinernen Figuren und alle Bänkchen in den Gebüschen, und die großen, hohen Lindenbäume, wo man unter den langen, langen Zweigen verborgen sitzen und auf den Rhein schauen kann. Und ich bin auch so froh wegen der Käfer, der Fred kann sie dann alle selbst fangen. Der Fani wird Dir bald einen großen Brief schreiben und dann auch einen dem Oskar. Er will nur zuerst die Lindenbäume und das Plätzchen darunter fertig zeichnen, zu einem Geschenk für Dich.
    »Wir lassen alle in Euerem Hause viel tausendmal grüßen und dann auch den Vater und die Mutter und die kleinen Buben. Der Fani läßt Dich noch besonders grüßen.
    Deine treue Freundin
Elsli.«
    Als der Brief zu Ende gelesen war, brach ein Jubel aus, der gar kein Ende nehmen wollte. Welche Nachrichten enthielt er auch für die vier Geschwister. Welche Aussichten auf Dinge und Ereignisse, die zu den herrlichsten Zukunftsplänen Stoff boten. Auch Mutter und Tante waren ganz erfüllt von dem, was sie eben vernommen hatten, und voller Dank und Freude darüber, daß ihnen die große Sorge um den Fani für immer abgenommen war, und daß der liebe Gott den zwei Kindern, die ihnen so sehr am Herzen lagen, einen so über alles Erwarten herrlichen Lebensweg aufgetan hatte.
    Welches von den vier Kindern des Hauses aber das allerglücklichste ist in der Aussicht auf die bevorstehende Rheinreise, das kann man gar nicht sagen, und so sehr sind sie alle vier davon erfüllt, daß sie fast von nichts anderem mehr reden können. Ein jedes von ihnen ist auch in einer außerordentlichen Weise von den Plänen und Gedanken in Anspruch genommen, welche die Aussicht auf das große Ereignis hervorbringt. Oskar sieht mit Wonne die Scharen der Schweizer im Auslande vor sich, die er dann, von Fani unterstützt, in den neuen Verein hereinziehen wird. Mit nicht geringerer Begeisterung sieht er der zweiten Fahne entgegen, die das Stiftungsfest zu einem außerordentlich glänzenden erheben wird. Er sucht nun rastlos in allen Werken der Literatur nach einem Spruche, der den Zweck und die Größe des Festes in würdigster Weise dartun würde. Sollte ihm da oder dort eins der Kinder, die diese Ereignisse durchlesen, etwa einen Spruch einsenden wollen, so daß er unter vielen den schönsten auswählen könnte, so wäre er sehr erfreut darüber. – Emmi ist in einem ununterbrochenen Freudenfieber. Nun ist ja der Fani wirklich auf dem Wege, nach dem sie so lange für
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