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Hebamme von Sylt

Hebamme von Sylt

Titel: Hebamme von Sylt
Autoren: G Pauly
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Stück Hanf zusammengebundenhatte. Die eine in einem Kleid aus feinstem Stoff, mit einem bauschigen Rock und kunstvoll besticktem Mieder, die andere in einem weiten grauen Baumwollkleid, das mit einer Schürze in Form gehalten wurde, damit es nicht zu lang war und unter die Füße geriet, die in derben Holzschuhen steckten. Elisas Schnürstiefeletten wirbelten den Staub auf, die Holzschuhe zertraten ihn Schritt für Schritt.
    Arndt wartete, bis die beiden nicht mehr zu sehen waren. Dann starrte er noch eine Weile auf den Punkt, an dem sie verschwunden waren, als könnte er das Bild festhalten. Schließlich löste er sich vom Fenster und ging zu seinem Schreibtisch zurück.
     
    Für die Bitte, die ich hier niederschreibe, hätte ich niemals den Mut gehabt, wenn ich Dir dabei in die Augen sehen müsste. Aber vielleicht … denkst Du einmal darüber nach, ob der Fürst wirklich der richtige Ehemann für Elisa ist? Sie liebt einen anderen, das ahne ich schon lange, und das weiß ich seit gestern Abend. Ich glaube, dass auch Du es weißt. Und eigentlich … passt der Sohn eines Fischers doch sehr gut zu ihr. Du könntest mit meinem alten Onkel reden, Graf von Muth. Er sucht einen Adoptivsohn, nachdem er seinen letzten direkten Nachkommen überlebt hat und in Sorge ist, dass sein Vermögen an den unwürdigen Neffen seines Cousins fällt, den einzigen noch lebenden Verwandten. Wenn er Ebbo Boyken adoptiert, wäre die Contenance gewahrt. Auch für Geesche Jensen wünsche ich mir Rehabilitation. Kannst Du dafür sorgen? Als Ausgleich dafür, dass Du Hauke Bendix zu ihr ins Gefängnis geschickt hast? Sie wird von Marinus geliebt, auch das ist ein Grund, ihr zu helfen. Für Hanna bitte ich Dich um nichts, ich weiß, das wäre zu viel verlangt. Es ist nur konsequent, wenn Du bei Deiner Kälte bleibst. Sie ist wie meine Mutter, sie würde Dir niemals für ein bisschen Wärme danken. Aber vergiss nicht, sie ist auch wie Du: viel stärker, als es den Anschein hat, und besonders stark gerade in ihrer Schwäche …
     
    Hanna war verzweifelt. Noch immer stellte sich das Freundschaftliche, Innige, Sorglose nicht wieder ein. Nach wie vor war die Comtesse auf Distanz bedacht, berührte sie nicht mehr, nahm keine Rücksicht mehr auf ihre Behinderung, mied allzu persönliche Gespräche und nannte sie nicht mehr ihre Freundin. Was konnte sie noch tun, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen?
    »Ebbo hat mir gesagt, dass Ihr Vater Sie gesehen hat. Ebbo ist verzweifelt.«
    Elisa nickte so gleichmütig, wie ihre Mutter es meisterhaft beherrschte. »Du kannst ihm sagen, dass alles in Ordnung ist. Mein Vater hat kein Wort verlauten lassen, weder gestern Abend noch heute Morgen. Also hat er uns wohl nicht erkannt.«
    »Darüber wird Ebbo sehr froh sein. Er hatte Angst um Sie.«
    Schweigend setzten sie ihren Weg fort, Hanna musste all ihre Kraft aufwenden, um mit Elisa Schritt zu halten. Schließlich sagte die Comtesse: »Du hast uns gestern Gott sei Dank rechtzeitig gewarnt.«
    War das ein Angebot, die Freundschaft zu erneuern? Hanna geriet ganz außer Atem vor Hoffnung und Freude. »Ja, ich habe mich nicht vom Fleck gerührt. Wie ich es versprochen hatte.«
    »Wer mag das gewesen sein, der in das Haus der Hebamme gestiegen ist?«
    »Haben Sie nicht gehört, Comtesse, dass Dr. Nissen ermordet worden ist? Der Mann, den ich gesehen habe, war sein Mörder!«
    Nun blieb Elisa stehen und starrte Hanna an. Ihr Mund blieb offen, sie schien unfähig, auf diese ungeheure Mitteilung ein Wort zu erwidern.
    Hanna atmete erleichtert auf. Sie hatte der Comtesse etwas zu berichten, was derart skandalös war, dass man im Hause von Zederlitz kein Wort darüber verloren hatte! Tatsächlich hingElisa an ihren Lippen, als Hanna ihr erzählte, wie sie Dr. Nissen gefunden hatte. Dass sie nach Hause gelaufen war, um mit Ebbo zu sprechen. Dass sie zwar dem Inselvogt von ihren Beobachtungen erzählen musste, es aber sehr geschickt angestellt hatte, damit niemand der Wahrheit auf die Spur gekommen war. »Der Inselvogt hat mir geglaubt, dass ich Dr. Nissen so spät noch seinen Abendtee kochen wollte.«
    Elisa ging langsam weiter, sehr langsam. Ob sie nun wieder daran dachte, dass Hannas Schritte mühsamer waren? Oder war sie einfach zu erschüttert, um den Weg so fortzusetzen wie vorher? Als die Comtesse auch nach ein paar Minuten keine Anstalten machte, weiter auszuschreiten, wuchs in Hanna erneut eine kleine Hoffnung. Vielleicht wurde bald wieder alles gut.
    »Ebbo wird
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