Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River
Autoren: Das Duell der Traveler
Vom Netzwerk:
vertraute Stimme.
    »Wo sind meine Kinder? Ich will zu meinen Kindern.«
    Alice schlich leise an die Tür und sah, dass der Anführer Janet Wilkins zu sich hereingeholt hatte. Die Wilkins’ stammten aus England; sie waren erst vor wenigen Monaten nach New Harmony gekommen. Mrs. Wilkins war eine mollige, nervöse Frau, die sich vor allem fürchtete – Klapperschlangen, Bergstürzen, Blitzen.
    Der Anführer hielt Mrs. Wilkins fest am Arm gepackt. Er führte sie durch den Raum und drückte sie auf den Stuhl mit der hohen Lehne. »Bitte sehr, Janet. Machen Sie es sich bequem. Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«
    »Nein danke, das ist nicht nötig.« Mrs. Wilkins hatte Brians Leiche entdeckt und ihren Blick abgewendet. »Ich … Ich will zu meinen Kindern.«
    »Keine Sorge, Janet. Sie sind in Sicherheit. Ich werde Sie gleich zu ihnen bringen, aber vorher müssen Sie noch etwas für mich tun.« Der Anführer griff in seine Tasche, zog einen Zettel heraus und reichte ihn Mrs. Wilkins. »Hier. Lesen Sie das.«
    Irgendjemand hatte mitten im Zimmer eine Videokamera auf einem Stativ aufgebaut. Der Anführer zog die Kamera bis auf zwei Meter an Mrs. Wilkins heran und vergewisserte sich, dass sie im Bildsucher zu sehen war. »Okay«, sagte er, »lesen Sie vor.«
    Mit zitternden Händen begann Mrs. Wilkins zu lesen. »›Während der letzten Wochen haben einige Mitglieder von New Harmony Botschaften von Gott erhalten. Wir können die Wahrhaftigkeit dieser Botschaften nicht anzweifeln. Wir wissen, dass sie echt sind …‹«
    Sie hielt inne und schüttelte den Kopf. Nein. Das kann ich nicht. Der Anführer, der immer noch hinter der Kamera stand, zog eine Pistole aus seinem Schulterhalfter.
    »›Aber es sind auch Ungläubige unter uns‹«, fuhr Mrs. Wilkins fort. »›Leute, die sich den Lehren des Bösen angeschlossen haben. Wir müssen uns aus diesem Grund einem Reinigungsprozess unterziehen, um alle ins himmlische Kö— nigreich zu gelangen.‹«
    Der Anführer ließ die Waffe sinken und schaltete die Kamera aus. »Vielen Dank, Janet. Das war für den Anfang nicht schlecht, aber bei Weitem nicht genug. Sie wissen, warum wir hier sind und wen wir suchen. Ich will Informationen über den Traveler.«
    Mrs. Wilkins fing zu weinen an, und ihr Gesicht verzog sich zu einer traurigen, verschreckten Maske. »Ich weiß nichts. Ich schwöre es …«
    »Jeder weiß irgendwas.«
    »Der junge Mann ist nicht mehr hier. Er ist weg. Aber mein Mann hat erzählt, dass Martin Greenwald vor ein paar Wochen einen Brief von einem Traveler bekommen hat.«
    »Und wo ist dieser Brief?«
    »Wahrscheinlich bei Martin zuhause. Er hat da ein kleines Büro.«
    Der Anführer sprach in sein Mikrofon. »Gehen Sie zum Haus der Greenwalds in Sektor fünf. Suchen Sie im Büro nach einem Brief vom Traveler. Dieser Befehl hat oberste Priorität.« Er schaltete den Sender aus und ging auf Mrs. Wilkins zu. »Haben Sie mir noch etwas zu sagen?«
    »Ich unterstütze weder die Traveler noch die Harlequins. Ich stehe auf niemandes Seite. Ich will nur zu meinen Kindern.«
    »Natürlich. Das verstehe ich.« Die Stimme des Anführers klang jetzt sanft und beruhigend. »Warum gehen Sie dann nicht zu ihnen?«
    Er hob seine Waffe und schoss. Mit einem dumpfen Schlag fiel Mrs. Wilkins’ Körper rückwärts zu Boden. Der Anführer sah auf die tote Frau herab, als sei sie ein Stück Abfall, den jemand auf dem Fußboden vergessen hat, dann steckte er die Pistole ins Halfter zurück und verließ das Zimmer.
    Alice fühlte sich, als sei die Zeit stehen geblieben und dann ruckartig wieder angesprungen. Scheinbar brauchte sie sehr lange, die Abstellkammertür zu öffnen und den Proberaum zu durchqueren. Als sie im Flur ankam, begann die Zeit plötzlich zu rasen, sodass sie nur wenig wahrnehmen konnte: die Betonwände, die lockende Ausgangstür, den Mann mit der Nickelbrille am anderen Ende des Ganges, der seine Waffe hob und ihr etwas zurief.
    Alice drehte sich um, stieß die Tür auf und rannte hinaus in die Nacht. Es schneite noch immer, und es war bitterkalt, aber die Dunkelheit umfing sie wie ein Zaubermantel. Als sie die Wacholdersträucher hinter sich gelassen hatte und vor ihrem Zuhause ankam, fühlte sie ihr Gesicht und die nackten Hände kribbeln. Drinnen brannte noch Licht; das musste ein gutes Zeichen sein. Unter dem Torbogen berührte sie im Vorbeigehen den blühenden Baum der Erkenntnis, den Antonio ins Tor geschnitzt hatte.
    Die Haustür war nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher