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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River
Autoren: Das Duell der Traveler
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und den anderen Welten liegen, doch ein junger Harlequin namens Maya hatte Gabriel befreien und die Apparatur zerstören können.
    Wann immer Michael über seinen neuen Status nachdachte, musste er zugeben, dass Mayas Überfall auf das Forschungszentrum den entscheidenden Anstoß zu seiner persönlichen Entwicklung gegeben hatte. Er hatte Loyalität bewiesen – nicht seinem Bruder, sondern der Bruderschaft gegenüber. Sobald man die Trümmer beseitigt und den Sicherheitsbereich erweitert hatte, war Michael ins Zentrum zurückgekehrt. Er war zwar ein Gefangener, aber schließlich würde irgendwann jeder Einzelne auf der ganzen Welt in einem riesigen Gefängnis leben. Der einzige wirkliche Unterschied bestand in der Bewusstseinsstufe, auf der man lebte. Die Machtverhältnisse auf der Welt würden sich neu ordnen, und Michael hatte vor, auf der Gewinnerseite zu stehen.
     
    Es hatte nur wenige Sitzungen im Scannerraum gedauert, bis Michael der Verführungskraft des Systems erlegen war. Aus irgendeinem Grund fühlte man sich in diesem Sessel wie Gott, der vom Himmel herabsieht. Gerade in diesem Moment blieb die junge Frau mit der Lederjacke an einer Ladentheke für Make-up stehen, um sich mit der Verkäuferin zu unterhalten. Michael setzte sich das Headset auf und berührte einen Schalter. Augenblicklich war er mit dem neuen Computerzentrum der Bruderschaft in Berlin verbunden.
    »Hier ist Michael. Ich möchte mit Lars sprechen.«
    »Einen Moment, bitte«, sagte eine Frau mit deutschem Akzent. Wenige Sekunden später war Lars in der Leitung. Er gab sich stets hilfsbereit und stellte niemals lästige Fragen.
    »Okay, ich bin gerade im Printemps in Paris«, sagte Michael. »Das Ziel steht an der Make-up-Theke. Wie komme ich an ihre persönlichen Daten?«
    »Lassen Sie mich nachsehen«, antwortete Lars.
    Im unteren rechten Rand des Monitors blinkte ein kleiner roter Punkt auf. Das bedeutete, dass Lars sich dasselbe Bild ansah. Oft bewegten sich gleichzeitig mehrere Techniker im selben Überwachungssystem, oder man klinkte sich bei einem gelangweilten Wachmann ein, der irgendwo in einem Kontrollraum herumsaß. Die Wachmänner – angeblich an vorderster Front, wenn es um die Abwehr von Terroristen und Kriminellen ging – verbrachten viel Zeit damit, Frauen durch Einkaufszentren und bis auf Parkplätze zu verfolgen. Schaltete man den Audiokanal dazu, konnte man sie reden und lachen hören, wenn eine Frau im engen Minirock sich anschickte, in ihren Sportwagen einzusteigen.
    »Wir könnten ihr Gesicht auf den Algorhythmus reduzieren und mit den Fotos der französischen Datenbank für Passbilder abgleichen«, erklärte Lars. »Es wäre jedoch viel leichter, einfach ihre Kreditkartennummer abzufischen. Schauen Sie auf Ihren persönlichen Monitor und klicken Sie die entsprechende Telekommunikationsoption an. Geben Sie so viele Informationen wie möglich ein: Standort des Telefons, Datum, Uhrzeit, womit natürlich die aktuelle Uhrzeit gemeint ist. Das Carnivore-Programm wird die Nummer in dem Moment abfangen, in dem sie übermittelt wird.«
    Die Verkäuferin zog die Kreditkarte der jungen Frau durch den Scanner, und im selben Moment blinkte eine Nummer auf dem Bildschirm auf. »Da ist sie ja schon«, sagte Lars wie ein Zauberer, der seinem Lehrling gerade einen neuen Trick beigebracht hat. »Jetzt ein Doppelklick …«
    »Ich weiß Bescheid.« Michael bewegte den Cursor auf einen Link, und fast augenblicklich erschienen zusätzliche Informationen. Die Frau hieß Clarisse Marie du Portail. Dreiundzwanzig Jahre alt. Keine Geldprobleme. Ihre Telefonnummer. Ihre Privatadresse. Das Computerprogramm übersetzte eine französische Liste von Dingen, die sie während der letzten drei Monate per Kreditkarte bezahlt hatte.
    »Schauen Sie mal«, sagte Lars. In einem Kasten am oberen rechten Bildrand erschien das körnige Bild einer Straßenüberwachungskamera. »Sehen Sie das Haus? Da wohnt sie. Dritter Stock.«
    »Danke, Lars. Mit dem Rest komme ich schon zurecht.«
    »Wenn Sie auf der Kreditkartenrechnung nach unten scrollen, können Sie sehen, dass sie den Besuch in einer Frauenklinik bezahlt hat. Wollen Sie wissen, ob sie sich die Pille geholt hat oder eine Abtreibung hatte?«
    »Danke, aber das ist nicht nötig«, sagte Michael.
    Das kleine rote Licht verschwand vom Bildschirm, und Michael war wieder mit Clarisse allein. Die junge Frau schlenderte weiter durch den Laden, eine kleine Plastiktüte mit Make-up in der Hand, und dann
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