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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes
Autoren: P Cleave
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kleinen Gruppen zusammen, um vor dem Gottesdienst noch eine letzte Zigarette zu rauchen. Schroder unterhält sich mit einer attraktiven Frau, die etwa Mitte dreißig sein dürfte. Als er mich bemerkt, kommt er herüber, worauf ein junger Bursche seinen Platz einnimmt und breit grinsend das Wort an die Frau richtet.
    »Schön, dass du’s geschafft hast«, sagt Schroder. »Komm mit.« Ich folge ihm in den vorderen Bereich der Kirche, wo er mich Vater Jacob vorstellt, der Vater Julians Nachfolge angetreten hat, nachdem diesem letztes Jahr der Schädel eingeschlagen und die Zunge herausgeschnitten worden war.
    »Herzlich willkommen in Christchurch«, sage ich zu ihm.
    »Ich habe viel von Ihnen gehört«, sagt Jacob und gibt mir die Hand. Er ist Anfang, Mitte sechzig, sein schwarzes Haar ist mittlerweile fast vollständig ergraut, und sein hageres Gesicht ruht auf einem Körper, mit dem er sich hinter einem Laternenpfahl verstecken könnte. Seine Fingernägel sind von Nikotin verfärbt, und um seine Nase herum ist die Haut gerötet, als wäre er allergisch gegen die Kälte.
    »Ich hoffe, auch Gutes«, sage ich.

    »Auch«, sagt er, und an dieser Stelle müsste er mir eigentlich ein warmes, väterliches Lächeln schenken, doch keine Spur davon. »Wegen der einen oder anderen Sache könnte ein Besuch im Beichtstuhl nicht schaden.«
    Wir müssen laut sprechen, um uns bei dem prasselnden Regen verständlich zu machen. Die Kirche füllt sich weiter mit Trauergästen, die meisten tragen Uniform, die anderen, wie ich, schwarz. Die Leute unterhalten sich mit gedämpfter Stimme, und die Gesprächsfetzen, die ich aufschnappe, drehen sich nicht um Landry, sondern um das Wetter, um andere Freunde oder um das Spiel am letzten Wochenende. Die erste Reihe ist für die Familie und Landrys drei Exfrauen reserviert, offensichtlich kommen sie gut miteinander aus, die strapaziöse Ehe mit ihm ist etwas, was sie verbindet. Ich gehe mit Schroder in den hinteren Teil der Kirche und nehme schließlich neben der Frau Platz, mit der er sich vorhin unterhalten hat; sie liest jetzt das Liedblatt mit Landrys Porträt auf der Vorderseite. Neben dem Sarg steht ein postergroßes Foto von ihm, auf dem sein riesiges Gesicht lächelnd aus einem Moment in der Vergangenheit zu uns herüberschaut, den ein oder zwei der Menschen hier vielleicht mit ihm geteilt haben.
    Punkt halb vier betritt Vater Jacob das Podium, und die Gäste verstummen. Die Kirche könnte ein paar Heizungen vertragen. Und einen frischen Anstrich. Die Leute reiben die Hände aneinander, um sich zu wärmen. Es ist schwer, das Leben eines anderen Menschen zusammenzufassen, wenn man ihn gar nicht kannte, doch Jacob
gibt wirklich sein Bestes, indem er reihenweise Klischees über Liebe, Verlust, das Leben und Gottes allumfassenden Plan bemüht. Dann erheben wir uns alle und stimmen einen Choral an. Danach gibt Jacob das Podium für andere Redner frei; vor uns steht Landrys Schwester auf, aber sie bringt lediglich drei Wörter heraus, bevor ihr jemand den Arm um die Schulter legt und sie fortführt, während sie in Tränen ausbricht. Andere Gäste treten vor und machen es besser, wieder anderen ergeht es ebenso wie Landrys Schwester, und er selbst liegt die ganze Zeit da, ohne etwas davon mitzubekommen. Der Sarg ist geschlossen, denn es war kein schöner Tod wie etwa ein Herzinfarkt  – er wurde von mehreren Kugeln durchsiebt. In einem Hollywoodfilm hätte man ihn wieder zusammengeflickt, ihm einen Schutzpanzer verpasst, dazu Waffen und eine Energiequelle, damit er weiter die bösen Jungs vermöbeln und das Verbrechen bekämpfen kann. Wenn Christchurch ihn wieder zusammengebaut hätte, hätte man dafür recyceltes Plastik genommen, ihm den Mindestlohn bezahlt und ein feuchtes zusammengerolltes Handtuch als Waffe gegeben.
    Ein anderer Kollege, Detective Watts, betritt das Podium. Er lächelt in die Gemeinde, dann sagt er fast zehn Sekunden lang gar nichts. Ich merke, dass er gegen sein Lampenfieber ankämpft und gegen die Tränen, doch dann ergreift er das Wort und erzählt von den Streichen, die er und Landry einander gespielt haben. Davon wusste ich nichts, und es ist nur schwer vorstellbar. Watts erzählt, wie er während eines Oberservierungsauftrags Landrys
Fernglas am Okular mit Schuhcreme eingerieben und Landry eine Stunde lang mit schwarzen Augenringen im Wagen gehockt habe. Genauso wie man es aus dem Fernsehen kennt. Dann, fährt er fort, seien sie als Verstärkung zu einem
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