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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes
Autoren: P Cleave
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fällt’s mir wieder ein. Ich habe seit Jahren nicht mehr daran gedacht. Wann war das? Vor zwanzig Jahren?«
    »Siebzehn.«
    »Siebzehn? Na, wenn Sie’s sagen. Eine schreckliche Sache, dieser Prozess«, sagt er. »Das war mein erster und letzter Auftritt vor Gericht. Ich möchte so etwas nie wieder
tun. Aber was blieb mir anderes übrig? Ich musste dort erscheinen. Und dieses arme Mädchen«, sagt er, »sie war entführt worden, und … und … was er mit ihr getan hat in der Woche, als er sie in seiner Gewalt hatte. Sie hat Glück gehabt, dass sie überlebt hat. Dieser Junge, der war schon was ganz Spezielles. Verdammt unheimlich. Aber er konnte nichts dafür, wissen Sie? Das habe ich auch gesagt. Er war früher einer meiner Schüler.«
    »Ich weiß.«
    Albert beugt sich vor und reguliert die Zufuhr an seinem Sauerstoffgerät, indem er einen der Knöpfe von drei auf dreieinhalb dreht. »Ich meine, es war offensichtlich, dass er geistig verwirrt war. Seine Mutter hatte ganze Arbeit geleistet. Hat ihn fürs Leben verdorben. Dafür gesorgt, dass er durchgedreht ist. Das arme Schwein hatte nie eine Chance. Als ich ihn in meiner Klasse hatte, hat seine Mutter ihm die Seele aus dem Leib geprügelt, und er fiel ins Koma. Später hat er versucht, wieder am Unterricht teilzunehmen, doch es ging einfach nicht.«
    Caleb nickt. Inzwischen ist der Kaffee so weit abgekühlt, dass er einen Schluck davon nehmen kann. Wenn er hier fertig ist, muss er die Tasse entweder sauber machen oder mitnehmen. »Sie sind also in den Zeugenstand getreten und haben der Jury und dem Richter erzählt, dass er für seine Taten nicht verantwortlich ist.«
    Der alte Mann wirft Caleb einen verärgerten Blick zu. »So war es nicht. Sicher, ich bin in den Zeugenstand getreten und musste den Anwesenden erzählen, was für ein Kind er in der Schule war. Musste erklären, wie sehr er
sich verändert hat, nachdem er verprügelt worden war, und natürlich habe ich gesagt, dass es nicht seine Schuld war. Er war ebenfalls ein Opfer. Ich bin nicht in den Zeugenstand getreten und habe gesagt, dass das, was er getan hat, in Ordnung war. Wenn ich mich recht erinnere, wurde er trotzdem weggesperrt. In eine Anstalt, oder? Die Jury hat ihn freigesprochen, weil er nicht schuldfähig war. Ich weiß nicht, wie lange er weggesperrt werden sollte. Zehn Jahre, zwanzig vielleicht.«
    »Zwei.«
    »Zwei? Sind Sie sicher, mein Sohn?«
    »Absolut.«
    Caleb trinkt weiter und späht dabei über den Rand der Tasse. Als er sie zu einem Viertel geleert hat, mustert er sie einen Moment. »Gut, der Kaffee, Al. Haben Sie was dagegen, wenn ich Sie Al nenne?« Doch bevor Al antworten kann, stellt er die Tasse zurück auf den Tisch und steht auf. »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, Al. Wenn ich Sie jetzt töten würde, glauben Sie, dass eine Jury wie die, vor der Sie gesprochen haben, zu demselben Urteil käme? Glauben Sie, dass sie mich für schuldunfähig halten und mich zwei Jahre wegsperren würde?«
    »Woher genau kennen wir uns, haben Sie gesagt?«, fragt Al und verzieht besorgt sein müdes altes Gesicht.
    »Woher genau, habe ich gar nicht gesagt«, erklärt Caleb, »und in Wirklichkeit sind wir uns bis zum heutigen Abend nie begegnet.« Mit diesen Worten greift er hinter seinem Rücken nach dem Griff des Messers, das dort in seinem Gürtel steckt; die Klinge liegt mit der flachen Seite
auf der Wirbelsäule, sodass er sich nicht verletzen kann. Er zieht es heraus. »Doch jetzt sind wir uns begegnet, wie wär’s also, wenn ich Ihnen erkläre, warum ich hier bin? Mal sehen, ob ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen kann und Sie sich erinnern, warum es nur zwei Jahre waren und nicht zehn.« Und dann setzt er zu seiner Erklärung an.

Kapitel 4
    Vor dem Popular Consensus halten mehrere Großraumtaxis. Sie füllen sich mit Cops und fahren langsam davon. In den regennassen Rinnsteinen und Straßen spiegeln sich die Lichter der Bars und der Laternen. Weder Mond noch Sterne sind zu sehen, nur eine endlose Wolkendecke. Es hat zwar aufgehört zu regnen, aber als Autos an uns vorbeifahren, spritzt Wasser von der Fahrbahn auf und es scheint, als würde es bald wieder zu schütten anfangen. Offensichtlich ist keiner der Beamten noch in der Lage, geradeaus zu gehen. Ich weiß nicht, was passiert ist, und wenn sie nicht gerade zu einer örtlichen Brauerei gerufen wurden, die vor dem Überlaufen bewahrt werden soll, dürfte sich eigentlich keine dieser Personen um die Sache kümmern.
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