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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes
Autoren: P Cleave
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davon. Er folgt ihm in die Küche; der Weg ist nicht weit, denn sie ist praktisch Teil des Wohnzimmers. Und der Sauerstoffschlauch ist offensichtlich lang genug, um damit mehrere Leute gleichzeitig zu erhängen.
    »Ich habe sowieso gerade Wasser heiß gemacht«, sagt Albert und greift im Geschirrschrank nach einer Tasse. »Wie trinken Sie ihn?«
    »Stark«, sagt Caleb. »Schwarz und ohne Zucker.«
    »Das krieg ich hin.«
    Das Haus ist klein. Von seinem Standpunkt aus, zwischen Küche und Wohnzimmer, kann er den Flur hinuntersehen. Es hat einen schlichten Grundriss. Schlafzimmer,
Toilette, Bad, das war’s. Albert führt hier offensichtlich ein einsames Leben, wahrscheinlich ist das normal in seinem Alter. Die Leute hier hüpfen nicht gerade tanzend über die Straße. Hey, niemand hat bemerkt, wie er das Haus betreten hat, und bestimmt kriegt auch keiner mit, wie er es wieder verlässt. Die Bewohner dieser Anlage können höchstens zehn Meter weit und fünfzig Jahre in die Vergangenheit sehen.
    »Wie, sagten Sie, war noch mal Ihr Name?«, fragt Albert.
    »Caleb Cole«, antwortet er.
    »Und wir kennen uns«, sagt Albert.
    »Ist das Ihre Familie?«, fragt Cole, während er eines der Fotos im Zimmer betrachtet. Auf den meisten ist eine Frau zu sehen; sie altert im selben Tempo wie Albert und verschwindet dann. Einige der Bilder zeigen Kinder und Enkelkinder. Das Wohnzimmer ist mit lauter Kram aus seinem Leben vollgestopft. Auf einem kleinen Tisch neben dem Sofa liegt ein schnurloses Telefon, es ist groß und schwer und wahrscheinlich eines der ersten Modelle dieser Art, die je gebaut wurden. Der Fernseher ist stumm geschaltet, doch das Sauerstoffgerät brummt wie ein Kühlschrank. Caleb fragt sich, wie Albert bei eingeschaltetem Gerät nachts schlafen kann.
    »Yep.«
    »Sehen Sie sie oft?«
    »Ha! Sie machen wohl Witze. Hier«, sagt Albert und schiebt Caleb auf der Arbeitsfläche den Kaffee rüber. Er ist heiß. Caleb nimmt die Tasse, die beiden Männer setzen
sich ins Wohnzimmer, und der jüngere stellt den Kaffee neben das Bier auf den Tisch.
    »Caleb Cole«, sagt Albert und nippt an dem Kaffee, von dem er schon getrunken hat, als Caleb kam.
    »Genau«, sagt Caleb, nimmt seine Tasse und pustet hinein. Die Leute im Fernsehen grölen alle in eine bestimmte Richtung, brüllen irgendjemandem zu, er solle springen. Vielleicht geht es in diesen Realityshows um Menschen, die auf Hausdächern stehen. Im Zimmer ist es heiß. Direkt unter der Decke hängt ein Ventilator, der die stickige Luft herumwirbelt. Caleb ist sich nicht so sicher, ob er gern in einem solchen Haus gelebt hätte, wäre seine Zukunft so verlaufen, wie er sich das ausgemalt hatte.
    »Der Name sagt mir nichts.«
    »Denken Sie an früher«, hilft Caleb nach. »Vor siebzehn Jahren.«
    Alberts Züge sacken herab, und es scheint, als würde sein Gesicht in sich zusammenfallen. »Vor siebzehn Jahren? Du liebe Güte, mein Sohn, ich bin froh, wenn ich mich erinnern kann, was vor siebzehn Stunden war.«
    »Damals gab es ein Gerichtsverfahren, an dem Sie beteiligt waren.«
    »Ein Verfahren? Sie haben den falschen Mann erwischt, mein Sohn. Ich bin kein Anwalt. Ich war Lehrer. Und zwar ein verdammt guter. Darum bekomme ich immer noch Post von einigen meiner Schüler. Ich habe die Briefe noch, vielleicht zwei Dutzend, von Kindern, die inzwischen erwachsen sind und Karriere gemacht haben.
Verdammt, daher kenne ich Sie, richtig? Sie waren einer meiner Schüler. Welcher Jahrgang, mein Sohn? Wie alt sind Sie?«
    »Fünfzig«, sagt Cole. »Ich bin letztes Jahr fünfzig geworden.«
    »Fünfzig! Dann sind Sie auf keinen Fall ein Enkelkind von mir, und unterrichtet haben kann ich Sie auch nicht«, sagt er. »Sie haben den falschen Lehrer erwischt. Was, sagten Sie, sind Sie? Anwalt? Was für ein Anwalt?«
    »Nein. Ich war auch Lehrer.«
    »Sie sind Lehrer? Unterrichten Sie Jura?«
    »Ich war Lehrer an der Highschool. Früher mal. Vor fünfzehn Jahren habe ich den Dienst quittiert.«
    »Ah, so wie ich. Ich habe das über vierzig Jahre lang gemacht. Sie müssen zehn gewesen sein, als ich anfing, wenn ich mich nicht verrechnet habe. Das heißt  – ah, verdammt, Sie könnten doch einer meiner Schüler gewesen sein. Kenne ich Sie daher?«
    Caleb schüttelt den Kopf. »Nein.« Er pustet weiter in seinen Kaffee. »Sie waren an einem Gerichtsverfahren beteiligt«, sagt er, »vor siebzehn Jahren. Sie sind in einem Prozess aufgetreten. Als Leumundszeuge.«
    »Als Zeuge? Ah, jetzt
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