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Haus der Sünde

Haus der Sünde

Titel: Haus der Sünde
Autoren: P Costa
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Stelle auf, unterbrach nun eine andere Stimme in ihrem Inneren, auch wenn sie wusste, dass die Lust die Wahrheit gesagt hatte.

    »Kann ich Ihnen irgendetwas anbieten?«, fragte sie leise. Sie warf einen Blick auf die Weinflasche, doch vermutlich wäre Alkohol zurzeit nicht die richtige Wahl gewesen. »Einen Kaffee? Oder ein Glas Wasser? Eine Tasse Tee?«
    Erneut öffnete er seine kristallblauen Augen und warf ihr eines der schönsten Lächeln zu, das Claudia jemals in ihrem Leben gesehen hatte. Sie hatte das Gefühl, dahinschmelzen zu müssen.
    »Tee wäre wunderbar«, sagte er voller Inbrunst. »Ich würde sehr gern etwas trinken … Bitte.«
    »Kommt gleich«, sagte Claudia und stand mit zitternden Knien auf. »Soll ich die Musik ausstellen?«, fragte sie, als er schon wieder einzuschlafen schien.
    »O nein«, murmelte er, öffnete die Augen erneut und schaute sie an. »Es ist wunderbar. Eines meiner -« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Ich mag diese Arie sehr gern … Könnte ich wohl ›Eines schönen Tages‹ noch einmal hören? Selbstverständlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    Claudia, die von seinem Lächeln noch immer ganz mitgenommen war, hätte die Arie sogar für ihn gesungen, hätte sie die Stimme dazu gehabt. Aber so blieb ihr nichts anderes übrig, als noch einmal Un Bel Di spielen zu lassen. Wie unter Schock ließ sie ihn im Wohnzimmer zurück und ging in die Küche.
    Das dürfte das Dümmste sein, was du jemals getan hast, dachte sie, während der Wasserkessel kochte und sie das Geschirr für den Tee zusammensuchte. Du hast einen fremden Mann nachts in dein Haus gelassen, und selbst wenn er kein Mörder oder Vergewaltiger ist, so hast du ihn allein in einem Zimmer gelassen, das voll von Antiquitäten und wertvollen Gegenständen steht. Vielleicht war er nun bereits mit der Moorcroft-Pansy-Vase oder Geralds Lieblingstabakdose aus Schildpatt verschwunden. Oder er bevorzugte Modernes und
rannte gerade mit dem CD-Spieler von Bang & Olufsen davon.
    Sei nicht lächerlich, rügte sie sich sogleich. Noch immer konnte sie deutlich Madame Butterflys verzweifelte Arie hören.
    Während Claudia die Porzellantassen, Milch, Zucker und eine Auswahl an Keksen auf ihr bestes Silbertablett stellte, hatte sie das Gefühl, nicht so recht zu wissen, ob sie wach war oder träumte.
    Sie bereitete den Tee zu, als warte die Frau des Vikars nebenan im Wohnzimmer auf sie, während ihr Gast in Wahrheit ein Mann war, dessen Namen sie nicht kannte und den sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte, ehe sie ihn an diesem Nachmittag nackt im Fluss beobachtet hatte, als er dort seinen sensationellen Penis bis zum Höhepunkt rieb. Eine bizarrere Situation konnte sie sich kaum ausmalen.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, war ihr Gast noch immer und sehr real anwesend, obgleich er schon wieder eingeschlafen zu sein schien. Er hatte ein sehr modernes, wenn auch mitgenommen wirkendes Paar Schuhe ausgezogen, das zu seiner sonstigen Verkleidung nicht zu passen schien, und lag nun zusammengekrümmt wie ein Fötus im Mutterleib auf dem Sofa und schlummerte wie ein kleiner Cherubim.
    Es muss eine seltsame Beziehung zwischen Verletzlichkeit und erotischer Ausstrahlung geben, dachte Claudia. Sie sehnte sich so sehr danach, ihn zu berühren, dass das Tablett in ihren Händen zitterte und die Tassen und Löffel heftig aneinander schlugen. Die Musik spielte immer noch im Hintergrund, doch das Klappern des Geschirrs weckte den Schläfer trotzdem.
    »Oje«, sagte er leise, richtete sich auf und schlüpfte mit seinen Füßen, die in schwarzen Socken steckten, wieder in seine Schuhe. »Entschuldigen Sie. Ich war eingeschlafen. Bitte verzeihen Sie mir.«
    »Das ist schon in Ordnung«, erwiderte Claudia und stellte
das Tablett ab. Sie war sich der Tatsache auf einmal sehr bewusst, dass ihr Kimono immer wieder ihre nackte Haut zeigte, wenn sie sich bewegte. Zudem war die Seide derart fein, dass man ihre zusammengezogenen Brustwarzen deutlich sehen konnte. »Sie … Sie sind offensichtlich sehr erschöpft.«
    Claudia wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Sie flüchtete sich in das Ritual des englischen Teetrinkens und fragte sich, was wohl nun geschehe. Sollte sie ihn direkt ansprechen, um zu erfahren, ob er obdachlos war? Und wenn er kein Landstreicher sein sollte, wie sollte sie dann herausfinden, was er am selben Nachmittag im Fluss getan hatte, ohne zu verraten, dass sie ihn dort beim Baden beobachtet hatte? Der verwirrte
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