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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete
Autoren: Agnes Kottmann
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Keller gekommen, um den Schlüssel zu sichern. Aber ich war schneller gewesen. Beim Handy allerdings nicht. Jetzt war ich mir vollkommen sicher, dass Wolfgang Robins Handy in die Berkel fallen gelassen hatte.
    »Und als Mike mir vor lauter schlechtem Gewissen brühwarm erzählte, was er Robin alles angetan und angedroht hat – hab ich ihn natürlich in dem Glauben gelassen, dass Robin sich selbst umgebracht hat.«
    »Und hast Mike damit in den Selbstmord getrieben«, fasste ich geschockt zusammen.
    »Das war einzig und allein seine Entscheidung. Der SMS-Abschiedstext auf dem Handy und Robins Brief haben ihn darin nur bestätigt. – Daran siehst du, wie viel man beeinflussen kann. Wenn man nur will, spielt einem das Leben auch noch günstig in die Hände. Andere leiden unter der unglücklichen Verkettung von Zufällen. Ich kenn nur Glücksketten.« Er atmete tief durch, strich sich durchs Haar und warf einen Rundblick durch die Umgebung, als gehörte das alles ihm, als sei er der Besitzer der gesamten Siedlung und all ihrer Bewohner .
    »Aber auch das ist keine Straftat, Anstiftung zum Selbstmord«, erklärte er.
    »Wieso hatte Mike Robins Brief bei sich?« Ich musste an der Sache dranbleiben, durfte mich durch seine gemeinen Seitenhiebe nicht irritieren lassen.
    Wolfgang lachte auf und warf mir einen Blick zu, als würde er mir jetzt sein Meisterstück präsentieren. »Ich war so betroffen von Robins Tod, dass ich wissen wollte, wie er sich gefühlt hat, als er den Abschiedstext abschrieb. Also hab ich Mike gebeten, mir Robins Brief laut vorzulesen und mir zu erzählen, wie er sich dabei fühlt.«
    »War das dein Plan, dass Mike Selbstmord begeht, damit er dich nicht verraten konnte, dass du bei Robin auf dem Balkon warst?«
    »Wieso verraten? Was denn? Ich hatte doch mit Robins Tod nicht wirklich was zu tun, das war doch Mike. Ich hatte nur Angst, dass man mir nicht glaubt. Mehr nicht.«
    Wolfgang machte seelenruhig weiter: »Schuldgefühle machen, ist übrigens auch erlaubt. Ist sogar eine übliche Erziehungsmethode und eine ziemlich normale zwischenmenschliche Umgangsweise.«
    »Aber wieso hatte Mike Robins Brief bei sich!?«, wiederholte ich meine Frage.
    »Weil ich ihm Robins Brief zugesteckt habe – sozusagen in letzter Sekunde.« Er haute sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Stimmt ja, das hab ich vorhin vergessen. Bevor ich Mike zum Abschied zugewunken habe, hab ich ihm Robins Brief zugesteckt. Und zu ihm gesagt: ›Das macht’s besser!‹«
    Mir blieben nicht nur die Worte, sondern auch der Atem im Hals stecken.
    »Mike hat dir also im Blue Sea gesagt, dass er sich umbringen will?«
    »Nein, er wollte plötzlich doch der Polizei und seinen Eltern die Wahrheit sagen. Ihm war alles egal. Er wollte sich stellen. Aber ich fühlte mich noch nicht sicher genug und hab ihn wieder auf Selbstmord umgepolt. Ihm klargemacht, dass er die Hauptschuld trägt – und dass das Robins letzte Worte waren.«
    Er sah, dass ich nicht mehr weiterwusste. Und er genoss es. Lächelnd sagte er: »Ach, dass Mike dich übrigens etwas härter angefasst hat, war auch meine Idee.«
    Was? Wegen Wolfgangs Manipulationen war Mike immer wieder so agressiv geworden?
    Ich keuchte, durfte mich nicht aus der Fassung bringen lassen, ich musste mich konzentrieren. Noch hatte ich nichts in der Hand, was ihn ins Gefängnis bringen könnte. »Wieso hat Robin mitgemacht bei deinen Spielen?«, startete ich einen neuen Versuch. Ich fragte das auch mich selbst, wie man sich so viel gefallen lassen konnte.
    »Weil er nur Lisa und mich hatte. Ihr habt ihn ja immer wieder abgewiesen.«
    Okay, der Pfeil hatte getroffen. »Aber er hätte zu seiner Mutter gehen können!?«, wandte ich ein.
    »Dann hätte sie …?« Er stoppte: »Lassen wir das. Robin wollte das seiner Mutter nicht anvertrauen.«
    Ich hielt dagegen: »Lisa hätte dich verlassen – was sie ja letztendlich auch getan hat.«
    »Aber das konnte Robin ja nicht wissen. Außerdem hätte sie ihm nicht geglaubt. Man konnte ja nichts sehen.«
    Bei Wolfgangs Worten konnte ich Robins Hilflosigkeit spüren und mir war zum Heulen. Das hier war meine letzte Chance, ein bisschen wiedergutzumachen, ein bisschen wieder geradezurücken von all dem, was kaputt gegangen war.
    »Wieso hatte Robin seinen eigenen Abschiedsbrief nicht dabei?«, dachte ich laut nach. Auch ein Frage, die immer noch nicht geklärt war.
    »Du sagst ja doch wieder was.« Wolfgang schien fast erleichtert, dass unser Gespräch
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