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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete
Autoren: Agnes Kottmann
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an der entscheidenden Stelle. Die beiden wussten nicht, was es damit auf sich hatte. Ich suchte das Gras mit meinen Augen ab, als könnte sich dort eine Spur von Robin finden, etwas, das er beim letzten Mal verloren oder vergessen hatte. Einen orangenen Knopf seiner Jacke zum Beispiel. Aber nichts deutete darauf hin, was hier passiert war. Wir hatten keine äußeren Spuren hinterlassen.
    »Was wollen wir hier?«, fragte Janni und griff nach Daniels Hand. Er lächelte ihr zu. Es war deutlich, dass sich in den letzten Tagen einiges zwischen den beiden geklärt hatte.
    Wir setzten uns ins Gras und ich fing an zu erzählen. Anfangs etwas konfus und nicht der Reihe nach. Ich fing mit der Berkel an und sprang dann zurück zu dem Zeitpunkt, als Robin mit seinen Eltern hierhin gezogen war. Ich erzählte, wie ich Robin erlebt hatte und wie er Mike und mir immer mehr auf die Nerven gegangen war, sodass es schließlich zu dieser furchtbaren Situation hier am Fluss gekommen war. Und ich berichtete von allem, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte, bis hin zu Wolfgangs Selbstanzeige letzte Nacht. Die beiden waren sprachlos, als ich geendet hatte. Ihre Hände waren immer noch ineinander verschränkt.
    »Krass, dass der Typ sich selbst der Polizei gestellt hat. Dafür geht er doch vielleicht ein paar Jahre in den Knast!?«, meinte Daniel und schob mit der freien Hand seine Brille zurecht.
    »Hoffentlich«, sagte Janni und schüttelte sich.
    »Na ja, vielleicht hat er keine andere Möglichkeit mehr gesehen, jetzt wo es mich als direkte Zeugin gab. Und für so ein Schuldeingeständnis gibt es doch mildernde Umstände oder wie das heißt.«
    »Auch das war dann wieder ganz schön clever von Wolfgang – total tricky, der Typ«, sagte Daniel und neben seiner Abscheu schwang auch ein bisschen Bewunderung mit.
    »Ich weiß immer noch nicht, warum mich dieser Typ so fasziniert hat und ich ihn so sympathisch fand. Ich meine, wie verblendet kann man denn sein. Robin ist mir so auf die Nerven gegangen, dass ich mich zu etwas hinreißen lassen hab, was ich nie für möglich gehalten hätte. Es hat dazu geführt, dass ich das Gefühl hatte, mich selbst nicht mehr zu kennen. Dabei war Robin unschuldig und einfach nur ein armes Schwein. Gleichzeitig vertraue ich demjenigen, der für alles verantwortlich ist und die ganze Zeit ein mieses Spiel mit uns allen gespielt hat«, dachte ich laut.
    »Er hat halt nie sein wahres Gesicht gezeigt und uns alle getäuscht. Und vor allem hat er uns aktiv manipuliert. Also mach dir keinen Vorwurf. Jeder andere ist genauso auf ihn hereingefallen«, versuchte Daniel, mich zu beruhigen.
    »Aber was kann man ihm jetzt eigentlich genau vorwerfen?«, fragte Janni. »Dass er mit Robin komische Spielchen getrieben hat!? Und dass er versucht hat, ihn davon abzuhalten, vom Balkon zu fallen??«
    »Tja, wenn er es bei der Polizei richtig hindreht und die genauso gut täuschen kann wie uns, steht er am Ende vielleicht unschuldig da«, mutmaßte Daniel. »Das wäre dann ein echter Skandal!«
    Als hätten Janni und Daniel es geahnt, kam Wolfgang wieder auf freien Fuß – aus Mangel an Beweisen. Es lag keine Straftat vor und gab deshalb auch kein Geständnis. Wolfgang wurde als Zeuge behandelt, nicht als angeklagter Tatverdächtiger. Seine Aussagen wurden stundenlang protokolliert, aber an dem Endergebnis änderte das nichts.
    Auch Lisa und ich wurden getrennt noch einmal vernommen, aber auch unsere Aussagen reichten leider nicht, um Wolfgang wirklich anzuklagen. Wolfgang hatte zwar seine Manipulationsspielchen mit uns gespielt – aus Recherchegründen, wie er zu Protokoll gab –, aber er hatte nicht mal fahrlässig oder grob fahrlässig gehandelt, von Vorsatz und niederen Beweggründen, wie es hieß, ganz zu schweigen. Er konnte zwar seine Unschuld an Robins Tod nicht vollständig beweisen, aber die Polizei konnte ihm genauso wenig seine Schuld nachweisen. So kam Wolfgang wieder zurück, fand aber seine Sachen vor der Wohnungstür gestapelt. Lisa hatte ihn rausgeschmissen.
    Wir waren alle einige Zeit wie betäubt und diskutierten immer wieder die Geschehnisse. Man war fassungslos über so viel Dreistigkeit, Arroganz und Kaltblütigkeit. Aber am stärksten schmerzte uns unsere Ohnmacht noch über den Schlusspunkt der Ermittlungen hinaus. Es gab keine Möglichkeit, Wolfgang Richter zur Rechenschaft zu ziehen. Und es würde für immer ungeklärt bleiben, wie die Wahrheit in diesem Fall aussah.
    Mom fragte mich in
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