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Hashimoto und Basedow

Hashimoto und Basedow

Titel: Hashimoto und Basedow
Autoren: Berndt Rieger
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der Ärzte des 19. Jahrhunderts, die mit dem Basedow umgingen, war, die Schilddrüse einfach herauszuoperieren. Damit war dieses Organ weg und mit ihm auch die Möglichkeit, eine Schilddrüsenüberfunktion zu unterhalten. Ein durchschlagender Erfolg, zumindest für einige Wochen. Ohne Schilddrüse sind damals dann aber doch sehr viele Patienten einfach gestorben. Warum? Das wusste man zunächst nicht, in einer Zeit, in der man noch keine Laborbefunde hatte, um die Funktion der Schilddrüse darzustellen. Man schob die Schuld dem schwerwiegenden Krankheitsbild an sich zu, dass die Menschen an der Therapie gestorben sind, wollte man lange nicht glauben. Die vielen, die damals die Operation überlebt haben, taten das aufgrund der prinzipiellen Schwierigkeit für jeden Chirurgen, eine Schilddrüse im Ganzen, bis auf den letzten Rest zu entfernen. Denn sie ist fest mit ihrer Kapsel verwachsen und diese Kapsel ist am Hals nicht so leicht mit Messern und Schabern herauszulösen, denn sie steht wiederum mit Gefäßen und Nerven und der Luftröhre in Verbindung, die sehr empfindlich auf mechanische Reizungen reagieren. Davon abgesehen weiß man nie so genau, wo die Nebenschilddrüse liegt und wie viele dieser kleinen Läppchen es gibt. Viele weisen vier auf, manche drei. Gehen zu viele davon bei der Operation verloren, kann eine nachhaltige Störung des Kalziumstoffwechsels die Folge sein, im Extremfall mit Todesfolge.
    Eine Schilddrüse bloß zum Großteil zu entfernen und die Reste zu belassen (hier ist der Begriff der »Strumaresektion« gebräuchlich), ist hingegen so leicht, dass sich das jeder Anfänger zutraut. Sie vollständig, bis auf den letzten Rest herauszulösen – man nennt so etwas eine »Strumektomie« –, ist eine Aufgabe für einen Meister. So kam es, dass im 19. und frühen 20. Jahrhundert nur jene Patienten mit Basedow starben, die auch ein Meister operiert hatte. Jene aber, die unter den Händen eines Stümpers gelegen hatten, wurden mitunter sogar gesund, da die kleinen Anteile der Schilddrüse, die sie noch hatten, ausreichende Mengen an Schilddrüsenhormon produzierten.
Sparsamste Jodzufuhr
    Schwierig: eine Schilddrüse komplett zu entfernen
    Der chirurgische Eingriff lässt sich beim Morbus Basedow schon immer, wie auch bei jeder anderen Form der Schilddrüsenüberfunktion, durch eine einfache, sanfte und nicht invasive Maßnahme ersetzen: Jod fast gänzlich meiden. Denn genauso wie ein Auto ohne Benzin nicht fahren kann, ruht dann auch die gerade noch hektische Schilddrüse, sobald der Grundstoff, den sie verarbeitet, nicht mehr in ausreichenden Mengen nachgeliefert wird. Eigentlich ist die Arbeit der Schilddrüse ja sehr einfach. Sie muss lediglich das anorganische, mineralische Jod, das sie mit der Nahrung zugeführt bekommt, an eine Aminosäure koppeln, das Tyrosin. Tyrosin ist eine Aminosäure, die der Mensch braucht und deshalb mit der Nahrung aufnimmt, ein Bestandteil eiweißreicher Nahrung. Die Schilddrüse nimmt sich dieses Tyrosin aus dem Blut und hängt vier Jodatome dran. Das Ergebnis nennt man T4 oder L-Thyroxin. Dieses kann noch in das dreimal wirksamere T3 umgewandelt werden, indem man ein Jodatom abspaltet. Durch die Kopplung von Jod an die Aminosäure wird Jod für den Körper verwertbar, die Körperzellen nehmen es an, können darauf reagieren. Die Bildung der Schilddrüsenhormone ist also grundlegend und einfach und besteht kurz gesagt darin, nicht verständliches Jod in verständliches Jod umzuwandeln.
    Die Schilddrüse also einfach in Bezug auf Jod so lange hungern zu lassen, bis die Überfunktion weg ist, ist eine unglaublich einfache und effektive Maßnahme. Zumindest gedanklich ist sie das, denn in der Umsetzung hapert es daran, dass es nicht ganz leicht ist, Jodbelastungen im Alltag zu vermeiden. Schuld daran ist der Gesetzgeber, der sich eine Gruppe von Staatsbürgern herausgesucht hat, die an einer Jodmangelversorgung leiden, und diese und leider auch alle anderen Menschen mit Jod zwangsbeglückt, indem mehr und mehr Nahrungsmittel künstlich jodiert werden. Eine super Sache für diese Jodbedürftigen, brandgefährlich jedoch für Basedow-Kranke. Denn dadurch hat der Gesetzgeber das Leben in Deutschland und Österreich für Menschen mit Basedow zu einem Hindernisparcours gemacht. Wer hier nicht aufpasst, taumelt von einer Krise in die andere. Milchprodukte sind bei uns sehr jodhaltig geworden, da Rinder jodhaltiges Futter erhalten. Fertiggerichte sind per staatlicher
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