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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen
Autoren: Michael Connelly
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würde sich der DA zwar nicht entschuldigen, aber zumindest erklären, dass es keine Beweise für eine Neuaufnahme gebe. Dass die Anklage nichts vorbringen könne gegen den Mann, der so lange inhaftiert gewesen war.
    Der Fall würde für abgeschlossen erklärt, und Jessup wäre in den Augen des Gesetzes und der Öffentlichkeit ein freier und unschuldiger Mann.
    Die Medien werden selten auf ganzer Linie hinters Licht geführt, und wenn es doch einmal der Fall ist, nehmen sie es in der Regel nicht gut auf. Aber diesmal stand völlig außer Frage, dass Williams alle hereingelegt hatte. Wir hatten in der vergangenen Woche in aller Heimlichkeit das Team der Anklagevertretung zusammengestellt und das Beweismaterial gesichtet, das noch verfügbar war. Nicht ein Wort war nach draußen durchgedrungen, was in der Geschichte des CCB ein einmaliger Vorgang sein dürfte. Während ich noch die ersten Anzeichen von Argwohn über die Mienen der Reporter huschen sah, die mich erkannten, als wir in den Saal kamen, trat Williams bereits an das mit Mikrophonen und digitalen Aufnahmegeräten bewehrte Rednerpult und verpasste ihnen den K.-o.-Schlag.
    »An einem Sonntagmorgen vor vierundzwanzig Jahren wurde in Hancock Park die zwölfjährige Melissa Landy aus dem Garten des Hauses ihrer Eltern entführt und brutal ermordet. Die Ermittlungen führten rasch auf die Spur eines Verdächtigen namens Jason Jessup. Er wurde festgenommen, in einem Strafverfahren schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wurde vor zwei Wochen vom Obersten Gerichtshof des Staates Kalifornien revidiert und an meine Behörde zurückverwiesen. Ich bin heute hier, um bekanntzugeben, dass die Bezirksstaatsanwaltschaft des Los Angeles County eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Jason Jessup wegen der Ermordung Melissa Landys anstrengen wird. Es wird weiterhin wegen Entführung und Mordes Anklage gegen ihn erhoben. Die Staatsanwaltschaft beabsichtigt, die rechtlichen Mittel gegen Mr. Jessup in vollem Umfang auszuschöpfen.«
    Um die Bedeutung seiner Ankündigung zu unterstreichen, legte Williams an dieser Stelle eine kurze Pause ein.
    »Wie Sie wissen, hat der Supreme Court befunden, es sei im Zuge des ersten Verfahrens zu Unregelmäßigkeiten gekommen – wobei ich nicht darauf hinzuweisen vergessen möchte, dass dieses Verfahren über zwanzig Jahre vor der Amtszeit der gegenwärtigen Behörde stattgefunden hat. Um nun politische Verwerfungen und jeglichen Anschein von Ungebührlichkeit seitens der aktuell zuständigen Bezirksstaatsanwaltschaft zu vermeiden, habe ich einen unabhängigen Sonderankläger mit dem Fall betraut. Viele von Ihnen haben von dem Mann, der hier an meiner Seite steht, bereits gehört. Michael Haller ist schon seit zwanzig Jahren als Strafverteidiger in Los Angeles tätig. Er ist ein kompetentes und renommiertes Mitglied der Anwaltskammer. Er hat die Ernennung angenommen und trägt ab dem heutigen Tag die Verantwortung für den Fall. Bisher war es in dieser Behörde Usus, ein Gerichtsverfahren nicht in den Medien breitzutreten. Dennoch sind Mr. Haller und ich bereit, Ihnen ein paar Fragen zu beantworten, solange sie sich nicht auf spezifische Details und Beweise des Falls beziehen.«
    Sofort erhob sich ein Chor von Stimmen, die uns mit Fragen bombardierten. Williams hob die Hände, um im Saal für Ruhe zu sorgen.
    »Immer schön der Reihe nach, meine Damen und Herren. Fangen wir doch mit Ihnen an.«
    Williams deutete auf eine Frau in der ersten Reihe. Ich konnte mich zwar nicht an ihren Namen erinnern, wusste aber, dass sie von der
Times
war. Williams wusste, worauf es ankam.
    »Kate Salters von der
Times
«, stellte sie sich hilfreicherweise vor. »Können Sie uns sagen, weshalb Sie sich entschieden haben, den Fall Jason Jessup neu aufzurollen, obwohl er durch einen DNA -Test von aller Schuld freigesprochen wurde?«
    Bevor wir den Saal betreten hatten, hatte mir Williams zu verstehen gegeben, dass sowohl die Ankündigung als auch die Beantwortung aller Fragen er übernehmen würde, solange sie nicht ausdrücklich an mich gerichtet waren. Er hatte mir gegenüber keinen Zweifel daran gelassen, dass das sein großer Auftritt wäre. Umgekehrt beschloss ich, von Anfang an keinen Zweifel daran zu lassen, dass das mein Fall war.
    »Das werde ich Ihnen gern beantworten«, erklärte ich und beugte mich zum Rednerpult und den Mikrophonen vor. »Der vom Genetic Justice Project durchgeführte DNA -Test hat
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