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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen
Autoren: Michael Connelly
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passte etwa so gut in das Büro des DA wie eine Katze in einen Hundezwinger.
    »Ich weiß«, sagte Haller. »Jetzt denkst du, wie soll das denn zusammengehen?«
    Lächelnd ging Haller auf McPhersons Seite des Tischs und zog sich einen Stuhl heraus. In diesem Moment fiel Bosch ein, woher er McPhersons Namen kannte.
    »Ihr beide …«, setzte er an, »ihr wart mal verheiratet, stimmt’s?«
    »Richtig«, antwortete Haller. »Acht wundervolle Jahre.«
    »Und jetzt? Klagt sie Jessup an, und du verteidigst ihn? Besteht da kein Interessenkonflikt?«
    Hallers Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen.
    »Ein Interessenkonflikt bestünde nur, wenn wir gegeneinander anträten, Harry. Aber das tun wir nicht. Wir verfolgen ihn strafrechtlich. Gemeinsam. Ich bin der Hauptankläger. Maggie ist mein Vize. Und dich hätten wir gern als Ermittler dabei.«
    Bosch war baff.
    »Aber … du bist doch kein Staatsanwalt. Wie soll das …«
    »Ich wurde als unabhängiger Ankläger eingesetzt, Harry. Alles vollkommen legal. Wenn es das nicht wäre, säße ich nicht hier. Wir wollen Jessup erneut hinter Gitter bringen und möchten, dass du uns dabei hilfst.«
    Haller setzte sich langsam.
    »Soviel ich mitbekommen habe, ist die Sache ziemlich hoffnungslos. Außer du erzählst mir gleich, dass Jessup den DNA -Test getürkt hat.«
    »Nein, das ist leider nicht der Fall«, sagte McPherson. »Wir haben die entsprechenden Tests und Vergleiche selbst vorgenommen. An den Ergebnissen ist nichts auszusetzen. Die DNA auf dem Kleid des Opfers stammt nicht von ihm.«
    »Was aber nicht heißt, dass wir auf verlorenem Posten stehen«, fügte Haller rasch hinzu.
    Bosch schaute von McPherson zu Haller und dann wieder zurück zu McPherson. Er gewann mehr und mehr den Eindruck, dass er irgendetwas Wichtiges nicht mitbekommen hatte.
    »Und von wem stammt die DNA dann?«, fragte er.
    McPherson warf Haller einen kurzen Seitenblick zu, bevor sie antwortete.
    »Von ihrem Stiefvater. Er ist inzwischen tot, aber wir glauben, dass es eine Erklärung dafür gibt, weshalb sein Sperma auf dem Kleid seiner Stieftochter gefunden wurde.«
    Haller beugte sich über den Tisch und sagte mit Nachdruck:
    »Eine Erklärung, die uns ermöglicht, Jessup wegen der Ermordung des Mädchens ein zweites Mal hinter Gitter zu bringen.«
    Bosch dachte kurz nach, und das Bild seiner eigenen Tochter schoss ihm durch den Kopf. Für ihn stand außer Zweifel, dass es auf der Welt bestimmte Formen des Bösen gab, denen unbedingt Einhalt geboten werden musste, egal, wie viel Mühe und Aufwand es erforderte. Und Kindermörder standen auf dieser Liste ganz oben.
    »Okay«, sagte er. »Ich bin dabei.«

3
    Dienstag, 16. Februar, 13:00 Uhr
    D er Saal, in dem die Staatsanwaltschaft ihre Pressekonferenzen abhielt, war nicht mehr modernisiert worden, seit dort die Medien über den jeweils neuesten Stand der Ermittlungen im Charles-Manson-Fall in Kenntnis gesetzt worden waren. Die verblichenen holzvertäfelten Wände und die schlappen Flaggen in der Ecke, die bei Tausenden Pressekonferenzen als Hintergrund gedient hatten, verliehen allem, was dort geschah, einen schäbigen Anstrich, der jedoch über die wahre Macht der Behörde hinwegtäuschte. Obwohl die Staatsanwaltschaft in keinem einzigen Verfahren der Underdog war, schien es, als hätte die Behörde nicht einmal das Geld, um ihre Räumlichkeiten neu streichen zu lassen.
    Für die Bekanntgabe der Entscheidung im Fall Jessup passte das Ambiente jedoch hervorragend. Möglicherweise war die Anklage tatsächlich zum ersten Mal der Underdog in diesen heiligen Hallen der Gerechtigkeit. Die Entscheidung, Jason Jessup ein zweites Mal den Prozess zu machen, war mit enormen Risiken verbunden und von der hohen Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns überschattet. Als ich jetzt im hinteren Teil des Saals neben Gabriel Williams und vor einer Phalanx von Videokameras, Scheinwerfern und Reportern stand, wurde mir vollends bewusst, was für einen verhängnisvollen Fehler ich begangen hatte. Meine Entscheidung, den Fall zu übernehmen, um dadurch im Ansehen meiner Tochter, meiner Ex-Frau und meiner selbst zu steigen, würde verheerende Folgen nach sich ziehen. Ich würde grandios scheitern.
    Es war einer dieser Momente, die man selten direkt miterlebt. Die Medien hatten sich eingefunden, um über das Ende der Angelegenheit zu berichten. Angeblich würde die Staatsanwaltschaft bekanntgeben, dass sie kein neues Verfahren gegen Jason Jessup eröffnen würde. Wahrscheinlich
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