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Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen

Titel: Harry Bosch 16 - Spur der toten Mädchen
Autoren: Michael Connelly
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älteste Phrase aus dem Leitfaden für Streithähne wählte. Ich war darauf vorbereitet.
    »Kommen Sie mir bloß nicht dumm, Haller.«
    »Dann halten Sie sich aus meinem Fall raus. Das ist keine Wahlkampfveranstaltung, und es geht hier nicht um Geld. Hier geht es um Mord, Chef. Wenn ich Ihnen einen Schuldspruch holen soll, dann pfuschen Sie mir nicht weiter ins Handwerk.«
    Ich tat ihm den Gefallen, ihn Chef zu nennen. Williams presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und starrte mich finster an.
    »Nur damit wir uns da klar sind«, knurrte er schließlich.
    Ich nickte.
    »Das sind wir, glaube ich.«
    »Bevor Sie mit den Medien über diesen Fall sprechen, lassen Sie sich das erst von meinem Büro genehmigen. Kapiert?«
    »Alles klar.«
    Damit drehte er sich um und ging den Flur hinunter. Seine Entourage folgte ihm. Ich blieb zurück und schaute ihnen nach. Fakt war, dass es im amerikanischen Rechtssystem nichts gab, was ich entschiedener ablehnte als die Todesstrafe. Das lag nicht etwa daran, dass ich einmal einen Mandanten gehabt hätte, der hingerichtet worden wäre, oder auch nur einen Fall, in dem es ein Todesurteil abzuwenden gegolten hätte. Dahinter steckte schlicht und einfach die Überzeugung, dass eine zivilisierte Gesellschaft ihre eigenen Leute nicht umbrachte.
    Allerdings hinderte mich das nicht daran, die Todesstrafe in meinem Fall als Druckmittel einzusetzen. Als ich jetzt ganz allein auf dem Flur stand, fand ich, dass mich das möglicherweise zu einem besseren Ankläger machte, als ich mir zugetraut hätte.

4
    Dienstag, 16. Februar, 14:43 Uhr
    N ormalerweise war das der schönste Moment eines Falls. Die Fahrt nach Downtown, wenn ein Tatverdächtiger in Handschellen auf dem Rücksitz saß. Etwas Besseres gab es nicht. Natürlich gab es noch die spätere Belohnung, wenn der Betreffende am Ende des Verfahrens verurteilt wurde. Im Gerichtssaal zu sitzen, wenn das Urteil verkündet wurde – zu sehen, wie die Realität die Augen des Verurteilten schockte und allen Glanz aus ihnen wischte. Aber die Fahrt in die Stadt war immer besser, unmittelbarer und persönlicher. Es war jedes Mal der Moment, den Bosch in vollen Zügen genoss. Wenn die Jagd vorbei war und der Fall vom rasanten Tempo der Ermittlungen in den gemessenen Schritt des Gerichtsverfahrens wechselte.
    Doch dieses Mal war es anders. Es waren zwei lange Tage gewesen, und Bosch hatte nichts an ihnen genossen. Er und sein Partner, David Chu, waren am Tag zuvor nach Corta Madera gefahren und hatten in einem Motel am Freeway 101 übernachtet. Am Morgen waren sie nach San Quentin weitergefahren und hatten der Gefängnisverwaltung einen Gerichtsbeschluss vorgelegt, der ihnen die Aufsicht über Jason Jessup übertrug, und schließlich hatten sie den Gefangenen ausgeliefert bekommen, um ihn nach Los Angeles zu bringen. Auf dem Hinweg sieben Stunden mit einem Partner, der zu viel redete. Und auf der Rückfahrt sieben Stunden mit einem Verdächtigen, der zu wenig redete.
    Inzwischen waren sie am Ende des San Fernando Valley angelangt und noch eine Stunde vom City Jail in downtown L.A. entfernt. Bosch hatte von den vielen Stunden am Steuer Rückenschmerzen. Seine rechte Wade brannte vom ständigen Druck auf das Gaspedal. Der Dienstwagen hatte keinen Tempomat.
    Chu hatte angeboten, ihn abzulösen, aber Bosch hatte nein gesagt. Chu hielt sich sogar auf dem Freeway peinlich genau an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Bosch waren die Rückenschmerzen lieber als eine zusätzliche Stunde auf dem Freeway und die Unruhe, die sie verursachte.
    Aber auch unabhängig von alldem fuhr er in angespanntem Schweigen und dachte über einen Fall nach, der rückwärts abzulaufen schien. Obwohl er ihn erst vor wenigen Tagen zugeteilt bekommen hatte und deshalb noch nicht dazu gekommen war, sich mit allen Einzelheiten vertraut zu machen, hatte er den Verdächtigen bereits auf der Rückbank sitzen. Für Bosch war das so, als käme als Erstes die Festnahme, während die Ermittlungen erst richtig losgingen, wenn sie Jessup im Gefängnis eingeliefert hätten.
    Er sah auf die Uhr. Die Pressekonferenz müsste inzwischen zu Ende sein. Er war um vier mit Haller und McPherson verabredet, um sich weiter mit dem Fall zu befassen. Wenn er Jessup allerdings vorher noch im Gefängnis einliefern wollte, würde er sich verspäten. Außerdem musste er im LAPD -Archiv noch zwei Schachteln abholen, die dort für ihn bereitstanden.
    »Ist irgendwas, Harry?«
    Bosch schaute zu Chu
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