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Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11
Autoren: Charlaine Harris
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der
anderen Gräber verglichen hatten, rief der größere schwarze Polizist
schließlich einen Detective an den Ort des Geschehens.
    Wir waren
die gesamte Abfolge der Ereignisse noch einmal durchgegangen, was ziemlich
lange gedauert hatte. Tolliver und ich lehnten an unserem Wagen und wurden
immer verfrorener und erschöpfter, während uns im Schneckentempo immer wieder
dieselben Fragen gestellt wurden. Alle waren wütend auf uns. Alle hielten uns
für Betrüger. Clyde Nunley wurde zunehmend lauter und
aggressiver, je mehr erstaunte Reaktionen er von Seiten der Polizei erntete.
Ja, er leitete ein Seminar, in dem Studenten »Erfahrungen« mit Menschen
machten, die behaupteten, mit den Toten kommunizieren zu können: mit
Geisterjägern, Medien, Hellsehern, Tarotkartenlesern und anderen, die
paranormal waren. Ja, es gab tatsächlich Eltern, die ihre Kinder aufs College
schickten, um so etwas zu lernen, und ja, sie zahlten sogar recht hohe
Studiengebühren dafür. Ja, die Unterlagen über den alten Friedhof waren sicher
verwahrt gewesen, und Harper Connelly hatte keine
Möglichkeit gehabt, sie einzusehen. Ja, die Kiste, die die Unterlagen enthalten
hatte, war versiegelt gewesen, als die Bibliothekare sie entdeckten. Nein,
weder Tolliver noch ich hatten jemals an diesem College studiert. (Als wir das
hörten, mussten wir grinsen.)
    Erwartungsgemäß
wurden wir »gebeten«, mit aufs Revier zu kommen. Und da saßen wir nun und
beantworteten immer wieder dieselben Fragen, bis man uns in einem Verhörraum
uns selbst überließ. Der Mülleimer war voller Snackverpackungen und fleckiger
Styroporkaffeebecher, und die Wände brauchten dringend einen neuen Anstrich.
    In der
Vergangenheit musste jemand den Stuhl, auf dem ich saß, quer durchs Zimmer
geworfen haben. Das merkte ich daran, dass einer der Metallfüße leicht verbogen
war. Zumindest war der Raum einigermaßen gut geheizt. Ich hatte auf dem
Friedhof zuletzt wirklich bis auf die Knochen gefroren.
    »Meinst du,
es sieht blöd aus, wenn ich lese?«, fragte Tolliver. Tolliver ist
achtundzwanzig, hat einen Schnurrbart und Aknenarben im Gesicht. Er lässt sein
schwarzes Haar gern lang wachsen, um es dann wieder drastisch abzuschneiden. Im
Moment war es lang genug, dass er es zu einem kurzen Pferdeschwanz binden
konnte. Genau wie ich ist er ein begeisterter Jogger. Wir verbringen viel Zeit
im Auto, und da schafft das Laufen einen guten Ausgleich. Aber mindestens
genauso gern liest er.
    »Ja, ich
glaube, das würde gefühllos wirken«, sagte ich. Er sah mich böse an. »Du hast
mich gefragt«, meinte ich. Wir schwiegen ein, zwei Minuten gelangweilt.
    »Ob wir die
Morgensterns wohl noch mal sehen müssen?«, fragte ich.
    »Aber
sicher, und das weißt du auch«, sagte er. »Ich wette, man hat sie bereits
verständigt und sie fahren gerade von Nashville her.«
    Sein Handy
klingelte.
    Er sah auf
das Display, wirkte vollkommen ratlos, wer dran sein könnte, und nahm den Anruf
an. »Hey«, sagte er. »Ja, das stimmt. Ja, wir sind hier in Memphis. Ich wollte
dich heute Abend sowieso anrufen. Wir sehen uns bestimmt. Ja, ja. Alles klar,
tschüs.«
    Er sah nicht
besonders glücklich aus, als er das Handy zuklappte. Natürlich war ich
neugierig, wer der Anrufer war, aber ich schwieg. Wenn mich etwas noch mehr
deprimierte, als ich es ohnehin schon war, dann die Vorstellung, Joel und Diane
Morgenstern noch einmal gegenübertreten zu müssen.
    Als ich
begriffen hatte, wem die Gebeine gehörten, war meine Bestürzung stärker gewesen
als mein Triumph. Ich hatte die Morgensterns vor anderthalb Jahren enttäuscht,
obwohl ich alles versucht hatte, um ihre Tochter zu finden. Jetzt hatte ich es
endlich geschafft, aber der Erfolg hatte einen bitteren Beigeschmack.
    »Wie ist sie
gestorben?«, fragte Tolliver leise. Auf einem Polizeirevier weiß man
schließlich nie, wer zuhört. Ich fürchte, wir sind eher von der misstrauischen
Sorte.
    »Sie wurde
erstickt«, sagte ich. Wieder Schweigen. »Mit einem blauen Kissen.« Wir hatten
unzählige Fotos von Tabitha gesehen, als sie noch lebte: in den Nachrichten, an
den Wänden ihres Zimmers, in den Händen ihrer Eltern, als Vergrößerung auf den
Flugblättern, die sie uns mitgegeben hatten. Sie war ein recht
durchschnittliches elfjähriges Mädchen gewesen, aber natürlich nicht für ihre
Eltern. Tabitha hatte struppiges rotbraunes Haar gehabt, das sie noch nicht zu
bändigen gelernt hatte, große braune Augen, eine Zahnspange und war rein
körperlich
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